Hochburg der Gestaltung
Space Copenhagen modernisiert das Schweizer Restaurant und Hotel Schloss Schauenstein
Hinter der steinernen Fassade von Schloss Schauenstein öffnet sich ein ganz neues Raumgefühl. Das Sternerestaurant und das Hotel im historischen Gebäude wurden kürzlich von Space Copenhagen umgestaltet. Die feinsinnige Modernisierung bringt Geschichte und Gegenwart in Einklang.
In Fürstenau, der kleinsten Stadt der Schweiz, führt der Spitzenkoch Andreas Caminada bereits seit 2003 sein Hotel und Restaurant Schloss Schauenstein. Nun wurde das Interieur des geschichtsträchtigen Baus von Space Copenhagen neu gestaltet – in einer Designsprache, die Caminadas Haltung zur Kulinarik räumlich übersetzt: Reduktion, Präzision und Ruhe. „Wir wollten die perfekte Harmonie zwischen Tradition und Modernität schaffen“, sagt Andreas Caminada. „Gäste sollen sich in jedem Winkel zu Hause fühlen und das Schloss mit allen Sinnen erleben.“ Signe Bindslev Henriksen und Peter Bundgaard Rützou, Gründer*innen von Space Copenhagen, sprechen von „Poetic Modernism“ – einer Ästhetik, die Gegensätze ausbalanciert und Stille als Qualität begreift. Im Schloss Schauenstein zeigt sich das anhand von erdigen Tönen, weichem Licht und Materialien, die Geschichten erzählen.
Feinsinn statt Spektakel
Alte Steinwände und Holzbalken treffen auf warme Stoffe, Eiche und handwerkliche Details. Im Entree empfängt eine ruhige Komposition aus historischen und zeitgenössischen Stücken die Gäste. Möbel wie ein Steintisch von Maverick Lee oder eine Messingleuchte von Michaël Verheyden treten in einen leisen Dialog mit der rauen Substanz des Gebäudes. Alles wirkt bewusst zurückgenommen, doch jedes Detail ist durchdacht. Im Speisesaal, dem Herzstück des Hauses, herrscht gedämpftes Licht. Maßgefertigte Tische und Stühle aus Holz bilden die Bühne für Caminadas Küche. „Jeder Raum ist ein Beispiel für zurückhaltende Eleganz“, sagt Signe Bindslev Henriksen. „Wir haben bewusst alles Überflüssige weggelassen, um Architektur und Erfahrung atmen zu lassen.“
Räume der Ruhe
Auch die Gästezimmer wurden neu konzipiert. Jedes hat seinen eigenen Charakter, verbunden durch natürliche Materialien und alpine Farbtöne. Stein, Wolle, Leinen und Eiche schaffen Wärme, sanfte Grau-, Grün- und Sandtöne spiegeln die Umgebung wider. Möbelklassiker von Cassina und De La Espada stehen neben restaurierten Fundstücken aus dem Schloss. Große Fenster öffnen den Blick ins Tal. Das Licht verändert sich mit der Tageszeit und zeichnet weiche Schatten auf die Wände. In den Bädern sorgen steinerne Oberflächen und tiefe Wannen für Ruhe und Entspannung. „Es gibt eine seltene Stille in diesen Räumen“, sagt Peter Bundgaard Rützou. „Sie bieten unterschiedliche Formen der Erholung, aber alle teilen ein Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit mit der Landschaft.“
Zwischen Gestern und Heute
In der Chimney Room Bar verdichten sich Wärme und Geselligkeit: Rostfarbene Wände, Sofas von &Tradition und Steintische von Frama schaffen eine Stimmung, die an gemütliche Nachmittage am Kaminfeuer erinnert. Alte Möbel wurden aufgearbeitet und neu bezogen. Es sind Spuren der Geschichte, die bewusst sichtbar bleiben. Dieses Gleichgewicht von Alt und Neu zieht sich durch das gesamte Projekt. Nichts wirkt museal, nichts überinszeniert. Signe Bindslev Henriksen und Peter Bundgaard Rützou ist es gelungen, den Bestand als lebendigen Ort zu begreifen, einen Raum, der sich verändert, aber seine Identität bewahrt. „Schloss Schauenstein ist für uns ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart sich gegenseitig nähren“, sagt Andreas Caminada. Dort verbinden sich Architektur, Design und Gastronomie zu einer leisen, aber eindringlichen Erfahrung, die so fein austariert ist wie ein Gang aus seiner Sterneküche.
FOTOGRAFIE Joachim Wichmann
Joachim Wichmann
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