Projekte

Aalto forever

Fyra gestaltet den Besucherbereich der Finlandia-Halle von Alvar Aalto in Helsinki neu

Nach einer umfassenden Restaurierung wurde die denkmalgeschützte Konzert- und Kongresshalle Finlandia von Alvar Aalto aus den Siebzigerjahren im Januar wiedereröffnet. Das in Helsinki ansässige Designstudio Fyra gestaltete Café, Bistro und Shop – samt Vintage-Möbeln des finnischen Designübervaters. Wir sind hingefahren.

von Claudia Simone Hoff, 28.04.2025

Das 2010 gegründete Designoffice Fyra ist ziemlich gut im Geschäft und hat sich mit der Umnutzung von (architektur-)historisch bedeutenden Gebäuden einen Namen gemacht. Und davon gibt es in Helsinki mehr als genug. So war Fyra nicht nur für die kürzlich vollendete Restaurierung von Alvar Aaltos Haus der Kultur verantwortlich, sondern überschaute auch die Umnutzung eines riesigen Backsteingebäudes der Technischen Universität von Helsinki aus den Zwanzigerjahren, in dem sich neben anderen Unternehmen nun auch das neue Fyra-Office befindet.

Entwerfen im Bestand
Das ausschließlich von Frauen geführte Designstudio war in der finnischen Metropole auch in ein anderes Großprojekt involviert: die Restaurierung und Neugestaltung der Konzert- und Kongresshalle Finlandia durch das finnische Architekturbüro Arkkitehdit NRT. Diese architektonische Landmarke an der Töölö-Bucht von Helsinki wurde 1971 nach Plänen von Alvar Aalto errichtet. Das mit dem Denkmalschutz und der Alvar Aalto Foundation abgestimmte Sanierungsprojekt umfasste die Modernisierung der technischen Systeme ebenso wie die Zugänglichkeit der Räume und die Schaffung energieeffizienter Lösungen. Fyra hat für die Finlandia-Halle ein neues Hospitality-Konzept mit Café, Shop und Bistro entwickelt. Dabei wurden die bereits vorhandenen, von Aalto entworfenen Möbel wiederverwendet und in die neuen Räume integriert – ergänzt durch Einbaumöbel, die Fyra entwickelt hat. Das Designstudio verfügt durch die Umsetzung zahlreicher Hotel- und Restaurantprojekte in den letzten Jahren – darunter das Hotel Torni und das Restaurant Bouchon Carême in Helsinki – über eine hohe konzeptuelle und gestalterische Kompetenz im Hospitality-Bereich.

 

Gestalterisches Gesamtkunstwerk
Die Konzert- und Kongresshalle liegt leicht erhöht und bietet einen schönen Blick auf die Töölö-Bucht. Der rhythmisch geformte Baukörper ist mit weißen Carrara-Marmor-Platten verkleidet, die wegen der rauen klimatischen Verhältnisse schon mehrmals ausgetauscht werden mussten. Man betritt die Finlandia-Halle über ein offen gestaltetes Foyer mit Garderoben, Sitzgelegenheiten und Funktionsräumen wie WCs. Dabei wird die riesige Fläche funktional unterteilt mit maßgefertigten Möbeln und mit Fliesen verkleideten Trennwänden in organischen Formen, wie sie typisch sind für Alvar Aalto. Jedes gestalterische Detail – wie Leuchten, Handläufe oder Fliesen – ist durchdacht, sodass sich ein schönes Gesamtensemble ergibt, wobei die kontrastierenden Farben Weiß und Schwarz vorherrschen.

Hell & offen: Café und Shop
Der von Fyra neu gestaltete Shop befindet sich im hinteren Bereich des Gebäudes und ist dem Café vorgelagert. Die Designerinnen spielen geschickt mit kubischen (Einbau-)Elementen in verschiedenen Größen und Höhen, wandeln zwischen offenen und geschlossen Präsentationskuben und klassischen Regalen. So entsteht auf relativ kleinem Raum eine visuelle Spannung. Gleichzeitig wird der Verkaufsbereich geschickt vom Café abgetrennt. Ein mit weißem Carrara-Marmor verkleideter Verkaufstresen ist als Reminiszenz an Aaltos Architektur gedacht. Der 380 Quadratmeter große Raum basiert auf einem ungewöhnlichen Grundriss, der sich zur Töölö-Bucht hin zuspitzt und an zwei Seiten von einer Terrasse umgeben ist, die im Sommer bespielt wird. Das Café ist in zwei Bereiche unterteilt: Während sich links ein Bereich mit behaglichen Sesseln befindet, ist der weitaus größere Teil des lichtdurchfluteten Raums mit Vintage-Stühlen und -Tischen von Alvar Aalto ausgestattet. Die weißen und schwarzen Decken- und Pendelleuchten – darunter die sogenannte „Handgranate“ – stammen ebenfalls vom finnischen Designer. Dazu gesellen sich zeitgenössische Sofas mit hochgezogenen Rückenlehnen in Grau, die auch als akustisch wirksame Raumteiler fungieren. Ein großer Tresen im Zentrum des Cafés dient gleichzeitig als Präsentationstisch für Kuchen und andere Speisen sowie zur Ausgabe von Getränken. Er nimmt die Gestaltung des Verkaufstresens im Shop auf, denn er ist ebenfalls mit Platten aus weißem Carrara-Marmor verkleidet – übrigens ein Material, das auch an anderen Gebäuden von Alvar Aalto in Helsinki immer wieder auftaucht.

Schummrige Stimmung: Bistro Finlandia
Im Unterschied zum Café wirkt das Ambiente im Bistro Finlandia sehr geschlossen.. Grund dafür ist eine Farbpalette in dunklen Tönen, die kombiniert wird mit warmen Hölzern für die restaurierten Möbel und die neu entworfenen Einbauelemente wie den organisch geformten Tresen. Er steht im Mittelpunkt des 216 Quadratmeter großen Raums, der 64 Sitzplätze umfasst, und von den ikonischen Hängeleuchten Golden Bell von Alvar Aalto in schimmerndem Messing beleuchtet wird. Runde Tische mit weißen Marmorplatten bringen Eleganz in den Raum, ebenso wie die kabellosen Tischleuchten der Serie Como von Space Copenhagen (&tradition) in der Messingversion. Eine geschwungene, maßgefertigte Polstersitzbank in einem warmen Beige-Ton gliedert den Raum, während der Einsatz von taktilen Textilien die Akustik verbessert und für eine einladende, Kokon-artige Atmosphäre sorgt. Wem das noch nicht genug ist an Alvar-Aalto-Flair, der kann in der Finlandia-Halle nun auch übernachten. Zwei ehemalige Wohnungen für Angestellte wurden in Ferienapartments umgewandelt.

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Links

Entwurf

Fyra, Helsinki

www.fyra.fi

Projekt

Finlandia Bistro, Café & Shop

finlandiatalo.fi

Studiobesuch bei Fyra in Helsinki

www.baunetz-id.de

Restaurierung Finlandia Hall

Arkkitehdit NRT, Helsinki

www.n-r-t.fi

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