Glut und Grandezza
Rockwell Group gestaltet ein neues Steakhaus in New York
Mitten in Manhattan realisierte das Design- und Architekturbüro Rockwell Group seine Interpretation eines Steakhauses. Im Erdgeschoss eines Wolkenkratzers entstand eine opulente, von der Streamline-Moderne inspirierte Bühne aus gebändigtem Feuer, exklusivem Handwerk und satten Farben.
Viele verbinden Steakhäuser mit einer vom Wilden Westen geprägten Rustikal-Ästhetik – verortet in der Welt großer Kettenrestaurants. Ganz anders wird ein auf Feuer und Grill ausgerichtetes Menü seit diesem Jahr im Flatiron District in New York zelebriert. Denn dort hat der französischstämmige Sternekoch und mehrfache Restauranteigner Daniel Boulud sein neuestes Projekt eröffnet. La Tête d’Or ist inspiriert von der feinen Handwerkskunst der klassischen französischen Küche und zugleich eine Hommage an die New Yorker Streamline-Moderne der 1920er- und 1930er-Jahre.
Das Interieur stammt von der Rockwell Group unter der Leitung von David Rockwell, einem „alten Hasen“ der Branche. Sein 1984 gegründetes Studio zählt zu den etablierten Größen der internationalen Designszene. Mit den mondän, prunkvoll und luxuriös eingerichteten fünf Räumen des Restaurants schlagen die Architekt*innen die Brücke zwischen den zwei Heimatstädten des Kochs: Lyon und New York.
Atmosphärische Zeitreise
Das Restaurant befindet sich im Erdgeschoss des 60 Etagen hohen Büroturms One Madison, der mit seiner reflektierenden Fassade eine der architektonischen Landmarken der Nachbarschaft ist. La Tête d'Or soll sowohl ein abendliches Wohnzimmer für die darüber arbeitenden Kolleg*innen als auch ein gemütlicher Treffpunkt für die Nachbarschaft sein. Dabei erinnern die über zwei Geschosshöhen laufenden Räume schon durch ihre großzügige Höhe an eine Lobby.
Auch das Layout inszeniert den Besuch mit dramaturgischen Gesten. Durch die holzgerahmte Eingangsflügeltür gelangen die Gäste in ein elegantes Vestibül, einen Empfangsraum zwischen außen und innen. Vor tiefroten Wänden hängen grafische Leuchten aus bernsteinfarbenem Glas, der Boden ist mit schwarzen und anthrazitfarbenen Steinfliesen belegt. Die dunkle und gedämpfte Atmosphäre ist eine Antithese zur urbanen Hektik New Yorks – und nimmt die Gäste mit auf eine Zeitreise.
Intim und monumental
Ein Thema des Restaurants ist die Feuerstelle – mit glutroter Raumstimmung, goldenen Leuchten und punktuell platzierten Spiegeldetails. Zugleich zelebrieren opulente Materialien, ein fein abgestimmter Farbkanon und ein Lichtkonzept, das mit Schatten spielt, die elegante Bildsprache der Streamline-Moderne. Zur Bühne wird dabei die Küche selbst, die offen hinter einem Tresen liegt und von einer goldenen Haube überspannt wird. Das Team der Rockwell Group ließ diese nach einer Collage des belgischen Künstlers Jesse Willems fertigen. Sein geometrisches Relief aus fünf verschiedenen Metallen ist von der Architektur des Rockefeller Centers inspiriert – einem der ikonischsten Wolkenkratzer des Art déco aus den frühen 1930er-Jahren. Über dem offenen Feuer des darunter positionierten Grills schwebend erscheint die Haube wie seine atmosphärische Fortsetzung. Sie bildet den Bühnenbaldachin für die Performance des Küchenpersonals.
Ausgezeichnet romantisch
Der hohe Raum wirkt durch seine Spiegeldecke nochmals imposanter, während die Wände mit dunkler Nussbaumvertäfelung und gepolsterten Textilpaneelen verkleidet sind. Die satte, dunkle Farbgebung lässt die Grenzen des Raums verschwimmen. Selbst der Weg zur straßenseitig gelegenen Bar wirkt wie eine nächtliche Gasse. Der Deckenhimmel ist tintenblau, die Raumseiten werden von lederbezogenen Holzrahmen eingefasst und der Boden besteht aus einem dunklen, kontrastreich geäderten Marmor.
In dieser sorgfältig inszenierten Stilwelt, die die Gestalter*innen mit spürbarer Liebe zum Detail geschaffen haben, entsteht eine Atmosphäre, die gleichermaßen opulent und intim wirkt. Wer noch tiefer in diesen Kosmos eintauchen möchte, findet im La Tête d'Or zwei private Speiseräume für geschlossene Gesellschaften, die mit niedrigeren Decken, viel indirektem Licht, Samt und Lederdetails an klassische Clubhouse-Lounges erinnern. Kaum verwunderlich also, dass das Restaurant vom Timeout Magazine zum Valentinstag 2025 als das romantischste in ganz New York ausgezeichnet wurde.
FOTOGRAFIE Jason Varney Jason Varney
Interview mit David Rockwell
Der New Yorker Architekt David Rockwell über das neue Potenzial eines alten Materials
BauNetz idMehr Projekte
Hochburg der Gestaltung
Space Copenhagen modernisiert das Schweizer Restaurant und Hotel Schloss Schauenstein
Klare Kante
Weinbar Ernst Cave von Salem Charabi in Berlin
Revival mit Grandezza
Café Vertigo im Amsterdamer Vondelpark von Studio Modijefsky
Architektur zum Anbeissen
MoDusArchitects verwandeln das Loacker-Flaggschiff in Heinfels in eine räumliche Erlebniswelt
Transparenter Lückenfüller
OPA gestaltet das Restaurant Plumbago in Mexiko-Stadt
Gestalten im Dreieck
Multifunktionale Section80 Bar in Mailand von Studio Wok
Kraftwerk als Kulturstätte
Live-Club Barbastelle von Arnold / Werner in München
Blickfang Manhattan
Holloway Li gestalten Private-Member-Club in New York City
Café im Palazzo
Wie AMAA mit dem Caffè Nazionale den Charme des Unvollendeten feiert
Basler Bankgeheimnis
Herzog & de Meuron erfinden das Grand Hotel Les Trois Rois neu
Urbaner Abschlag
Industriell geprägter Indoor-Golfplatz Muni in Montreal von Ivy Studio
Geschichtsträchtige Oase
Parkhotel Mondschein mit Bar und Restaurant Luna in Bozen von Biquadra
Ästhetische Präzision
Restaurant Kramer in Berlin-Neukölln von Thilo Reich
Aalto forever
Fyra gestaltet den Besucherbereich der Finlandia-Halle von Alvar Aalto in Helsinki neu
Handwerk statt Hektik
Das Designstudio loeserbettels gestaltet die Nomad Bakery in Chemnitz
Genuss unter Freunden
Restaurant Ninyas in Mexiko-Stadt von Ignacio Urquiza Arquitectos
Ein Eiscafé wie ein Dessert
Das Affogato von kaviar:collaborative in Mumbai
Feuer und Fermentation
Koreanisches Restaurant Odem in Singapur von Nice Projects
Alternative zum Büro
Kafeterija in Belgrad von KIDZ
Wohnliche Aussichtstürme
Elva Hotel in Norwegen von Mange Bekker Arkitektur
Gestaltung in Gewürztönen
Restaurant-Interior für das Hamburger Authentikka von Studio Lineatur
Meer auf dem Teller
Restaurant Hav & Mar von Atelier Zébulon Perron in New York City
Digestif in der Raumkapsel
Restaurant Kinkally mit Kellerbar von Da Bureau in London
Geschmackvolle Pausenräume
Kantinen und Cafeterien mit Aufenthaltsqualität
Zwischen Himmel und Fjord
Schwimmendes Restaurant Iris in Norwegen von Norm Architects
Rot und roh
Rum-Bar Campana del Rey in München von Buero Wagner
Harte Schale, weicher Kern
Keyu Café von Fabian Freytag am Berliner Tacheles
Gestaltung mit Rhythmus
Bursa Bar in Kiew mit japanischen Stilreferenzen von Nastia Mirzoyan
Mit Stil und Textil
COCC. hat das traditionsreiche Seegerhaus in St. Gallen restauriert
Zwischen Erbe und Erneuerung
JKMM Architects und Fyra haben Alvar Aaltos Haus der Kultur in Helsinki umgebaut