Meer auf dem Teller
Restaurant Hav & Mar von Atelier Zébulon Perron in New York City
Ein Restaurant mit schwedisch-äthiopischer Küche hatte in der vielfältigen New Yorker Gastro-Szene noch gefehlt. Das Interieur von Atelier Zébulon Perron soll im Hav & Mar den Austausch zwischen den Kulturen fördern und bedient sich dabei ästhetischer Einflüsse aus Skandinavien und Afrika.
Farbige Meerjungfrauen in bunten Patchwork-Kleidern wachen über die Gäste, die im Hav & Mar Fisch, Austern oder Gebäck aus dem äthiopischen Getreide Teff genießen. Die Arbeiten des in Brooklyn ansässigen Künstlers Derek Adams ziehen sich als wiederkehrendes Motiv in Form von Bildern und Wandskulpturen durch das gesamte Restaurant. Laut Innenarchitekt Zébulon Perron, Gründer des gleichnamigen Studios, spiegeln sie perfekt das kulinarische und gestalterische Konzept des Lokals wider. Gleichzeitig setzen die Kunstwerke ein Zeichen, denn auch in der Führungsriege des Projekts stehen vor allem farbige Frauen im Mittelpunkt. Am Herd steht allerdings ein Mann: Marcus Samuelsson. Der in Äthiopien geborene und in Schweden aufgewachsene Star-Koch betreibt mehrere Restaurants in den USA, Kanada und Schweden. Mit dem Team von Atelier Zébulon Perron arbeitet er bereits zum zweiten Mal zusammen.
Gelungene Fusion
Schon der Name gibt die gestalterische Linie vor: „Hav“ ist das schwedische Wort für „Meer“, „Mar“ steht in der äthiopischen Sprache Amharisch für „Honig“. Fusionsküche ist also das Thema, das auch das Interiordesign beeinflusst. Zugleich möchte Marcus Samuelsson den Austausch unter den Gästen fördern, und zwar mehr als bei einem üblichen Restaurantbesuch. „Von Anfang an stand das Konzept der Geselligkeit und des Zusammenbringens von Menschen im Mittelpunkt“, erklärt Zébulon Perron. „Wir wollten den Raum so gestalten, dass er dies fördert und erleichtert. Zugleich konzentrierte sich der Planungs- und Designprozess auf reibungslose und fließende Verkehrswege, die für Marcus’ Vision förderlich sind.“
Wärmendes Holz
Die erste Mission von Atelier Zébulon Perron bestand darin, Wärme in den kühlen Industrieraum im Künstlerviertel Chelsea zu bringen. Sperrholz ist die materielle Basis des Entwurfs. Der Innenarchitekt ließ Wände damit verkleiden und Unterteilungen daraus bauen. Auch der Sichtschutz rund um die private Sitznische im Mittelpunkt des Raums ist aus hinterleuchteten Lamellen gezimmert. Aufgrund des indirekten Lichts scheint das Rondell wie ein Raumschiff im Restaurant zu schweben. Gleichzeitig sind die Gäste darin nicht komplett vom Rest des Geschehens abgeschottet, denn die transparente Konstruktion lässt sie zu einem Teil des Raums werden. Dieser leicht erhöhte Sitzbereich wurde direkt neben der Bar und der Küche platziert. So wird der sonst unbeliebteste Tisch zum begehrtesten Platz.
Durchdachte Beleuchtung
Die große, asymmetrisch geformte Bar wird von einer türkisfarbigen Leuchtenkonstruktion überspannt. Dieser Baldachin, der entfernt an ein exotisches Meerestier erinnert, schlägt eine ästhetische Brücke zwischen der Industriedecke und den hölzernen Möbeln und Einbauten im skandinavischen Stil. Zugleich wird der Abstand optisch verringert. Auch an anderer Stelle bringen vertikale Objekte wie die skulpturalen Stehleuchten Boden und Decke näher zusammen. Zébulon Perron betont: „Man kann die schönsten Räume schaffen, die man sich vorstellen kann, aber eine kreative Beleuchtung ist unerlässlich, um diesen Räumen eine besondere Atmosphäre zu verleihen.“
Tatsächlich gleicht die durchdachte Beleuchtung räumliche Widersprüche wie das Industrieambiente und den Wunsch nach Wärme aus. Das ist notwendig, um sich auf das kulturelle Abenteuer einzulassen, das Marcus Samuelsson seinen Gästen im Hav & Mar verspricht.
FOTOGRAFIE Alex Lesage Alex Lesage
| Projektname | Hav & Mar |
| Typologie | Restaurant |
| Entwurf | Atelier Zébulon Perron |
| Bauunternehmen | RXR Realty |
| Standort | 245 11th Ave, New York, NY 10001, USA |
| Fläche | 278 Quadratmeter |
| Fertigstellung | 2022 |
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