Projekte

Basler Bankgeheimnis

Herzog & de Meuron erfinden das Grand Hotel Les Trois Rois neu

Direkt am Rhein gelegen, wirkt das „Grand Hotel Les Trois Rois“ wie aus der Zeit gefallen. Nun hat das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron ein benachbartes, ehemaliges Bankgebäude aus der Jahrhundertwende umgebaut und setzt dem etwas verstaubten Ambiente des klassizistischen Ursprungsbaus ein kontemporäres Interior entgegen – abstrahierte historische Referenzen inklusive.

von Claudia Simone Hoff, 12.06.2025

Es ist das erste Haus am Platz. Nicht nur wegen seiner direkten Lage am Rhein, wo man ganz ohne störende Straße auf der öffentlichen Terrasse einen Drink nehmen oder gleich eines der Zimmer mit Balkon und Flussblick bewohnen kann. In der an imposanten Hotels nicht gerade armen Schweiz ist das Fünfsternehaus auch insofern eine Ausnahme, als dass es Grandhotels im städtischen Kontext nur selten gibt. Und in Basel ist das Les Trois Rois eines dieser Häuser, über das wohl jeder Einheimische eine Geschichte erzählen kann.

In seiner Rede zur Eröffnung des neuen Hotelbereichs jedenfalls lobte Jacques Herzog, Mitbegründer des Architekturbüros Herzog & de Meuron und gebürtiger Basler, das Hotel überschwänglich. Eine Stadt lebe davon, dass einige Menschen vorangingen mit neuen Ideen, „einen Effort machten“, sagte er noch und meinte damit Thomas Straumann, den Bauherrn, der ebenfalls anwesend war. Zwar wirken insbesondere die Zimmer des historischen Hotels mit ihren Stilmöbeln etwas in die Jahre gekommen, aber sie sollen in nächster Zeit renoviert werden. Der bereits vor rund zwei Jahren überarbeitete Lobby- und Barbereich ist gediegen und atmosphärisch dicht, was zuversichtlich für die Renovierung der Zimmer stimmt.

Geschichte(n) erzählen
Die Altstadt von Basel atmet Geschichte(n) und das Les Trois Rois steht mittendrin. Auch mit der Historie des Grandhotels ließen sich ganze Bücher füllen, deshalb hier nur die Kurzversion: 1661 als sogenannte Herrenherberge gegründet, wird es 1844 als Grandhotel vom Basler Architekten Amadeus Merian neu erbaut – und zwar unweit der Mittleren Brücke, Basels ältester Rheinbrücke. Seit 2004 ist das Hotel mit dem Sternerestaurant Cheval Blanc by Peter Knogl im Besitz der Basler Familie Straumann, die ihr Geld mit Medizintechnik gemacht hat und sich persönlich im Hotel engagiert. Damals kaufte Thomas Straumann auch das benachbarte Gebäude aus dem Jahr 1903, in dem einmal die Basler Kantonalbank untergebracht war, ehe dort ein Event-Space und später Geflüchtete aus der Ukraine einzogen.

Im Juni wurde der sogenannte Kopfbau als Annex des Hotels Les Trois Rois neueröffnet. Beide Gebäude sind durch einen langen Flur miteinander verbunden, der „wie ein Boulevard“ wirken solle, so Jacques Herzog. Dort befindet sich auch die bereits im letzten Jahr fertiggestellte Zigarrenlounge The Council, die ebenfalls von Herzog & de Meuron gestaltet wurde und das neue Konzept quasi antizipierte. Im Fokus des elegant-schummrigen Interiordesigns stehen kompakte Sessel mit roten Samtpolstern, die wie die ebenfalls mehreckigen Beistelltische nach Entwürfen des Architekturbüros von Marta Sala Éditions hergestellt werden, sowie zwei Kamine, die mit 570 in Basel handgefertigten Kacheln verkleidet sind. Prototypen sämtlicher Möbelentwürfe wurden zuvor in den eigenen Werkstätten gefertigt, so der Projektarchitekt Andreas Fries.

Dieser Bauherr ist ein Glücksfall
Herzog & de Meuron hatten bei der Sanierung weitgehend freie Hand, denn im Innenraum ist lediglich der ehemalige Ballsaal, der nun das Restaurant Banks beherbergt, denkmalgeschützt. Er sei seit Jahren mit Thomas Straumann im Gespräch gewesen, erzählte Jacques Herzog am Preview-Tag und ergänzte, dass er sehr motiviert gewesen sei, das Projekt umzusetzen. Auch deshalb, weil das Les Trois Rois nicht einfach nur ein Luxushotel, sondern eher „wie ein großes Privathaus“ sei und in der Lage, Basel als Standort zu stärken.

Dass sich das Hotel in Privatbesitz befindet, ist zweifellos von Vorteil. Alles hier wirkt persönlich – die Zwänge großer Hotelketten sowohl die Gestaltung als auch den Service betreffend scheinen in weiter Ferne. Und betrachtet man den Umbau von Herzog & de Meuron, kommt man nicht umhin festzustellen, dass es ein wahrer Glücksfall ist, einen Bauherrn wie Thomas Straumann zu haben. Wer sonst als ein kunstsinniger und qualitätsbewusster Privatmann würde so viel Geld investieren für mundgeblasene Glasleuchten, kostspielige Designstücke von The Invisible Collection und ClassiCon oder ein riesiges Auftragskunstwerk, das man getrost ein wenig kitschig, aber auch wunderbar fantasievoll nennen kann.

Gebäude mit Grandezza
Der ehemalige Ballsaal mit seinen historischen Säulen, Stuckaturen und Kristalllüstern ist in seiner Grandezza zweifellos das Highlight einer nicht gerade an gestalterischen Höhepunkten armen Hotelerweiterung. Auch weil man von dort direkt auf den Rhein schauen kann – der Anhebung des Bodenniveaus um drei Stufen sei Dank. Es ist Herzog & de Meuron gelungen, den riesigen Raum scheinbar mühelos zu strukturieren – mit einem mittig angeordneten Bartresen und Sitzecken, die durch geschwungene und samtbezogene Bänke wie private Separees wirken. Dazu passen die ebenfalls samtbezogenen, sehr eleganten Wand- und Tischleuchten, ein weiterer Entwurf aus Architektenhand, der während der Mailänder Möbelmesse im April vom italienischen Leuchtenhersteller Artemide als Serienprodukt unter dem Namen Les Trois Rois vorgestellt wurde.

Über dem metallisch in Rosé schimmernden Bartresen hängt das bereits erwähnte Leuchtobjekt des schweizerischen Künstlerduos Steiner & Lenzlinger, das speziell für diesen Ort geschaffen wurde. Die Künstler*innen erzählen, dass sie für die Gestaltung eine Carte blanche bekamen, das baldachinartige Kunstwerk aber einen Bezug zum Hotel haben sollte. Und so treffen hier Stücke aus dem Hotelfundus auf Souvenirs von Mitarbeiter*innen aus aller Welt. Das wunderbar bunte und eklektische Werk bildet einen schönen Kontrast zur ansonsten reduzierten, aber sehr sinnlichen Gestaltung und vervielfacht sich ins Unendliche durch an der Decke angebrachte Spiegel.

Weg mit der Kiste
Auch die fünf neuen Suiten, darunter die 240 Quadratmeter große Suite des Rois, spiegeln das Gestaltungskonzept wider, das den gesamten Hotelannex prägt: Sie sind allesamt mit maßgefertigten Möbeln und Leuchten ausgestattet, wobei viele der ausführenden Handwerksbetriebe aus Basel und Umgebung stammen. Bemerkenswert sind die maßgefertigten Möbel auch deshalb, weil sie den Boden nicht berühren und somit wie schwebend erscheinen. Zugleich fungieren sie als Raumteiler, weshalb die Flächen fließend und luftig wirken. Das Motiv des Bogens taucht immer wieder auf: als Rundbogen aus Carrara-Marmor an den Durchgangstüren, als kreisrunde Spiegel, als geschwungene Waschtische oder als rundliche weiße Marmorhocker (Herzog & de Meuron für ClassiCon).

Apropos Bäder: Ebenfalls bis ins Detail und äußerst liebevoll gestaltet, fallen sogleich die Wandleuchten mit textilen Schirmen über den Spiegeln auf, die vom Wiener Architekten Adolf Krischanitz stammen. Sie hätten sich gefragt, was man mit einem Hotelzimmer außerhalb des Massenbetriebs machen könne, so beschreibt der Architekt Jakob Hentschel die Ausgangssituation. Und bringt das Gestaltungskonzept kurzerhand auf den Punkt: die Kiste des Hotelzimmers auflösen. Dabei spielen Materialien eine wichtige Rolle und diese sind zuweilen überraschend, wenn nicht gar extravagant: Mit tiefrotem Samt bespannte Wände treffen auf speziell für dieses Projekt gefertigte Marmorfliesen und Eichenholzparkett, das in Linsenform gehalten ist.

Wie im Film
Jacques Herzog beschreibt die Erlebnishaftigkeit des Interiordesigns. Jedes Geschoss sei wie ein neuer Film, sagt er. Dass diese Idee funktioniert, zeigt sich insbesondere im Spa im Dachgeschoss, wo man sich fühlt wie von Basel nach Kyoto gebeamt. Wohl auch deshalb, weil Herzog und der Bauherr Japan lieben, schwelgt man dort zwischen Tatami-Matten und Schiebetüren aus Washi-Papier, während es nach Fichten-, Zedern- und Nussbaumholz duftet. Oder man hält auf der Dachterrasse bei einer Tasse grünem Tee Zwiesprache mit den sich am Horizont auftauchenden Roche-Türmen Bau 1 und Bau 2, die ebenfalls von Herzog & de Meuron stammen. Während dieser magische, an Japan erinnernde Ort vorerst nur Hotelgästen vorbehalten ist, lädt das Restaurant Banks im ehemaligen Ballsaal ab Herbst alle Basler*innen und ihre Gäste ein, das neu erfundene Grand Hotel Les Trois Rois zu entdecken. Oder wie Jacques Herzog sagt: „Basel hat den Vorteil, dass es hier nur wenige Orte gibt, wo sich alle begegnen.“

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Links

Grand Hotel Les Trois Rois

www.lestroisrois.com

Herzog & de Meuron

Architektur & Interiordesign

www.herzogdemeuron.com

Steiner & Lenzlinger

Kunstobjekt im Restaueant Banks

www.steinerlenzlinger.ch

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