Hollywood trifft Handwerkskunst
Kelly Wearstler hat das neue Proper Hotel in Los Angeles gestaltet
Hier erzählt fast jedes Objekt und jede Oberfläche eine Geschichte: Die Interiordesignerin Kelly Wearstler hat das „Downtown L.A. Proper Hotel“ gestaltet und sich dabei stark vom lokalen Kontext inspirieren lassen. Sonderanfertigungen, Vintage-Möbel und Handarbeit verleihen diesem Übernachtungsort im Zentrum der Westküstenmetropole eine unverwechselbare Identität, die tief in der kulturellen Vielfalt und dem historischen Erbe von Los Angeles verwurzelt ist. Elemente des mexikanischen Modernismus treffen auf eine nuancenreiche Mischung aus französischem, portugiesischem, spanischem und marokkanischem Design.
Das Hotel liegt im South Park District, direkt am belebten Broadway. Downtown L.A. sticht nicht nur durch seine in der Stadt unüblichen Hochhäuser buchstäblich aus der urbanen Topografie heraus, sondern auch durch seine Gegensätze: Einst ein vernachlässigtes Zentrum, hat sich der Stadtteil zu einem der begehrtesten Distrikte entwickelt. Von seinem Ursprung als kommerzieller Motor durchlebte er nach dem Zweiten Weltkrieg einen Niedergang, bevor in den Neunzigerjahren eine Wiederbelebung begann. Heute vereint die Gegend historische und moderne Architektur, Kunst, Kultur und eine florierende Gastronomieszene. Der kreative Vibe wird jedoch auch von Herausforderungen wie Obdachlosigkeit oder Gentrifizierung begleitet.
Frische Gestaltung für eine traditionsreiche Adresse
Das 13-stöckige historische Hochhaus, in das das Proper Hotel eingezogen ist, besitzt eine prunkvolle Fassade aus Ziegel und Sandstein im Stil der kalifornischen Neorenaissance. In den Zwanzigerjahren nach Plänen des Architekturbüros Curlett & Beelman als Privatclub erbaut, diente das Gebäude ab den Sechzigerjahren der Young Women’s Christian Association (YWCA) als Heimstätte.
Sobald die Gäste das Hotel betreten, tauchen sie in die von Kelly Wearstler minutiös kuratierte Gestaltungswelt ein. Um der Verankerung in der lokalen Kultur Authentizität zu verleihen, arbeitete die Gestalterin mit zahlreichen Künstler*innen, Kunsthandwerker*innen und Designer*innen aus L.A. und Umgebung zusammen. Diese füllten das Hotel vom Empfangsbereich im Erdgeschoss über die 148 Hotelzimmer auf 13 Ebenen bis zur Dachterrasse mit Pool und Bar mit ihren eigenen Kreationen. Mit dem Bestand verträgt sich dieser Ansatz ausgesprochen gut. Wo immer möglich, wurden dekorative Elemente der historischen Architektur erhalten, aufgearbeitet und – ob farbig gefasst oder materialsichtig – in das Farb- und Gestaltungskonzept eingebunden.
Wilde Tiere in der Lobby
In der Lobby werden die Besucher*innen aus der Hektik der Stadt in naturmystische Traumwelten entführt: Der in Los Angeles lebende Künstler Abel Macias hat das imposante Tonnengewölbe der Eingangshalle rosa gefasst und mit archaischen Tier- und Naturmotiven in allen erdenklichen Farben bemalt. Die Inspiration für das Flora-und-Fauna-Firmament fand er in der mexikanischen Folklore. Ein weiterer Blickfang ist der Empfangstresen, der mit schwarz gebrannten, überdimensionalen Keramikplatten von Morgan Peck verkleidet ist. Die in Los Angeles lebende Keramikerin hat das Hotel mit verschiedenen Arbeiten bereichert, darunter auch ein Wandkunstwerk für die Bar auf der Dachterrasse.
Naturmaterialien und Erdtöne
Von der Lobby aus betreten Besucher*innen das Restaurant Caldo Verde durch ein monumentales Tür-Wand-Element aus Stahl und Bleiverglasung. Letztere stammt von der Traditionsfirma Judson Studios, die bereits seit 1897 besteht und zahlreiche historisch bedeutsame Gebäude in Los Angeles mit ihren Glassonderanfertigungen ausgestattet hat. Durch die Kombination von zwei unterschiedlichen Brauntönen und die Ausrichtung der Bleiruten auf einen zentralen Fluchtpunkt entsteht ein dreidimensionaler Effekt, der von traditionellen Bleiverglasungen in Mexiko City inspiriert ist. Farblich stimmt das Glaskunstwerk auf den Rest des Restaurants ein, das von Naturmaterialien und Erdtönen geprägt ist. Checkerboard-Kacheln in Kakao- und Sandtönen, handbemalte Fliesen und handverputzte Wände, ergänzt durch die Einrichtung mit Vintage-Möbeln, schaffen eine lässige und zugleich elegante Atmosphäre.
Jedes Zimmer ein Unikat
Auch die Zimmer und Suiten des Hotels spiegeln den hohen Anspruch an Individualität und Handwerkskunst wider. Jedes Zimmer ist ein Unikat, ausgestattet mit Antiquitäten wie Stühlen aus Frankreich und handgefertigten türkischen Teppichen. Kunst und Kunsthandwerk von lokalen Kreativen verleihen jedem Zimmer einen eigenen Charakter. Einige Wandflächen wurden mit einer speziellen Putztechnik veredelt, bei der mit einer kammartigen Schablone von Hand eine feine Rippenstruktur in den noch feuchten Putz eingearbeitet wurde. Die Farbpalette der Zimmer umfasst atmosphärische Töne wie Anthrazit, Violett, Staubblau, Ecru und Umbra. In den Badezimmern setzt sich die Detailverliebtheit fort: Handbemalte antike und maßgefertigte Fliesen, großzügige Marmorwaschtische, glänzende Metallleuchten und geometrische Spiegel sorgen für ein harmonisches Gesamtbild.
Luxus ohne Limits
Diese Kombination aus Vintage-Möbeln, Handarbeit und Lokalkolorit verleiht den Zimmern eine wohnliche, fast intime Atmosphäre. Gäste sollen sich fühlen, als besuchten sie Freund*innen. Zwei Übernachtungsoptionen im Hotel heben sich auf besondere Weise ab und erinnern an die Zeit, in der das Gebäude durch die YWCA genutzt wurde. Die ehemalige Basketballhalle ließ Wearstler in eine luxuriöse Suite mit doppelter Deckenhöhe umwandeln, wobei Details wie der hölzerne Hallenfußboden erhalten blieben. Noch extravaganter ist die 258 Quadratmeter große Pool Suite, die den in den Sechzigerjahren eingebauten Innenpool in das private Wohnzimmer integriert. Die Entscheidung, die ehemals gemeinschaftlich genutzten Sporteinrichtungen in private Suiten umzuwandeln, spiegelt die Zielgruppe des Hotels wider: Individualist*innen, die bereit sind, für ein unvergleichliches Übernachtungserlebnis tief in die Tasche zu greifen.
Poolparty über den Dächern der Stadt
Doch auch alle anderen Gäste des Hotels müssen auf einen Sprung ins kühle Nass nicht verzichten: Ein weiterer Pool auf der Dachterrasse steht allen zur Verfügung. Cara Cara heißt das 5.000 Quadratmeter große Refugium. In dieser kunstvoll und mit viel Grün gestalteten Kombination aus Bar, Lounge und Restaurant können sich Besucher*innen in kleine Nischen zurückziehen oder am Pool die Ausblicke auf Menschen und die Skyline der Stadt genießen. Die Bar ist in einem Backsteingebäude untergebracht, das ehemals die mechanischen und elektrischen Systeme des Hauses beherbergte und aufwendig umgestaltet und erweitert wurde.
Das Downtown L.A. Proper Hotel ist wahrlich nicht nur zum Übernachten da. Es ist ein Crashkurs in Sachen Südkalifornien, serviert mit einer ordentlichen Portion Design-Chic. Kelly Wearstler hat dort ganze Arbeit geleistet und jedem Zimmer so viel Charakter eingehaucht, dass man sich als Gast fast wie ein echter Angeleno fühlt. Geschichte trifft auf modernen Luxus und das Ergebnis ist ein Hotel, das so cool ist, dass es selbst zur Sehenswürdigkeit werden könnte.
FOTOGRAFIE The Ingalls The Ingalls