Black Box im Schneefeld
Berghütte mit Hauspiste von ADR im tschechischen Riesengebirge
Im Rücken liegt die polnische Grenze, durch die Vordertür geht es direkt auf den Hang. Das Prager Architekturbüro ADR hat im tschechischen Riesengebirge eine tiefschwarz verkleidete Hütte mit unmittelbarem Kontakt zur Natur und spektakulärem Panorama gestaltet. 19 Gäste finden im hell gebeizten Interieur aus gebleichtem Fichtenholz Platz und können gemeinsam am Kamin oder in der hauseigenen Sauna mit Blick auf die Schneekoppe entspannen.
Die kleine Gemeinde Malá Úpa (deutsch: Kleinaupa) befindet sich auf der tschechischen Seite des Riesengebirges. Nur 156 Einwohner*innen sind dort gemeldet, doch die Zahl der Gäste dürfte das ganze Jahr über um ein Vielfaches höher liegen. Im Sommer laden Wälder und Gipfel zum Wandern und Radfahren ein, im Winter locken Loipen und Schneeschuhwanderwege. Auf den saftigen Wiesen an den Hängen rund um den Dorfkern im Tal liegen locker verstreut kleinere Siedlungen und einzelne Chalets, die als Ferien- und Wochenendhäuser genutzt werden. Einer der jüngsten Neuzugänge im höchstgelegenen Dorf Ostböhmens ist das Chalet Milada, das vom Prager Architekturstudio ADR geplant und realisiert wurde. Für ADR ist es bereits das dritte Projekt in der Region. 2018 transformierten die Architekt*innen eine kleine Talstation, 2023 bauten sie den Betreiber*innen des lokalen Skiresorts eine signalrote Residenz.
Helle Räume im schwarzen Kokon
Volumen und Materialität des Chalets Milada nehmen Bezug auf den lokalen Stil, während Form und Silhouette archetypische Berghütten zitieren. Der rechteckige Sockel ist horizontal in das abfallende Gelände geschoben und trägt einen Kubus mit dem Untergeschoss sowie ein großes Satteldach mit den beiden oberen Etagen. Dass es im Inneren nicht so traditionell rustikal zugeht wie bei den teils jahrhundertealten Nachbarn, lässt schon die Fassade erahnen. Sie wurde mit Holzbrettern verkleidet und anschließend mit schwarzer Naturfarbe gestrichen. Passend dazu ist das Dach mit schwarzem Wellblech gedeckt und die Fenster sind mit schwarzen Aluminiumprofilen eingefasst. So steht das Chalet als geometrisch und farblich reduzierter Monolith vor der im Winter weißen und im Sommer grünen Kulisse. Es vermittelt Nähe zur Tradition, aber auch ein modernes Verständnis von Bergromantik. Und es bildet mit seinem Äußeren einen bewussten Kontrast zum hellen, freundlichen und einladenden Innenraum.
Ferien für 19
Bei der Ausstattung der insgesamt fünf Schlafräume, der vier Badezimmer und der Sauna dominieren gebleichtes Fichtenholz, reinweiße Wände und Fliesen sowie Elemente aus unbehandeltem Sichtbeton. Im Erdgeschoss sind die Gemeinschaftsbereiche untergebracht. Weil das Haus, das als Kurzzeitmietobjekt konzipiert ist, bis zu 19 Gäste beherbergen kann, gibt es entsprechend viele Sitzgelegenheiten zwischen Esstisch, Bar und Kamin. Letzterer ist das zentrale Element des offenen Raums. Der Kamin steht auf einem Betonpodest mit rückwärtiger Stütze und zoniert die Funktionsbereiche ringförmig. Neben dem Eingang befinden sich ein separater Skiraum mit elektrischem Schuhtrockner und eine Sauna mit Blick auf die Schneekoppe, den höchsten Berg des Riesengebirges. Eine Treppe im Wohnbereich führt in die erste und zweite Etage. Dort oben befinden sich die Privaträume. Zum Berg hin haben die Architekt*innen zwei Doppelzimmer geplant, nach vorne drei Maisonette-Einheiten. Eine Treppe führt vom Hauptraum in schmale Dachkammern, die mit ihren einfachen Futons und einer Netztrennwand ideale Kinderzimmer sind.
Sauna mit Anschluss an die Piste
Der eigentliche Clou des Chalets ist die Nähe zur Natur. Und die ist vor allem im Winter deutlich spürbar. Gleich hinter der Haustür beginnt die Skipiste – und aus den Panoramafenstern des Wohnbereichs können Gäste dank des freien Blicks Familie und Freund*innen bei ihren Abfahrten beobachten. In der Dämmerung verschmilzt das Haus mit der Dunkelheit. Die warm leuchtenden Fenster werden dann zu einladenden Orientierungspunkten und kommunizieren das Chalet als Zufluchtsort vor der Natur. Im Haus wartet der holzig-rauchige Duft von Kamin und Sauna, der einen Abend in Geborgenheit und Geselligkeit verspricht. Am Morgen verzaubert der atemberaubende Panoramablick über die Berge. Es sind diese romantischen Hüttenattribute, die die Eigentümer*innen bei der Namensgebung beeinflusst haben. Milada ist der Name der Mutter und Großmutter der Besitzer*innen, die sowohl die Natur als auch die gemeinsame Zeit mit ihrer Familie liebte. Dass das Chalet nach ihr benannt ist, ist eine Hommage der nachfolgenden Generationen.
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