Die neue Opulenz
Extravagante Textilien und Teppiche

Was im April während des Salone del Mobile in Mailand überall zu sehen war: Es wird opulent. Nicht nur bei den neuen Möbeln, deren Formgebung runder und voluminöser als bisher ist. Üppig und zuweilen luxuriös geht es auch bei den aktuellen Textil- und Teppichkollektionen zu. Diese sind besonders gut geeignet, um ohne viel Aufwand einen Raum zu verändern oder Akzente zu setzen.
Wenn selbst ein Bauhaus-affines Möbellabel wie e15 bei seinen Polsterkollektionen auf die ausdrucksstarken Textilien des italienischen Herstellers Dedar setzt, dann ist etwas in Bewegung. An diesem Zusammentreffen von zwei ästhetisch sehr unterschiedlichen Konzepten sieht man aber auch: Gegensätze ziehen sich an. Die historischen Motive und kräftigen Farben von Dedar gleichen die Strenge der Möbelentwürfe von e15 aus und schaffen zudem einen Hauch von Poesie.
Das deutsche Label e15 bietet seine Polsterkollektionen nun mit Textilien von Dedar an. Foto / Copyright: Hersteller
Historische Referenzen
Ähnlich akzentuierend wirkt die aktuelle Kollektion von Sahco, einem 1831 in Franken gegründeten Textilhersteller, der seit 2018 zum Kvadrat-Imperium gehört. Verantwortlich für die Entwürfe: Bengt Thornefors, der zuvor in der Fashion-Industrie gearbeitet hat und Mitbegründer des Bettwäsche- und Homewear-Labels Magniberg ist. Der neue Kreativdirektor von Sahco will mit seiner ersten Kollektion, die Vorhang- und Bezugsstoffe umfasst, Geschichten erzählen und versetzt sie zuweilen mit historischen Referenzen an die Vergangenheit des Unternehmens. „Wir streben nach Perfektion durch Ausgewogenheit und fügen ein paar Pop-Elemente hinzu“, erklärt der schwedische Designer. „Mit Schwarz- und Weißtönen als Ausgangspunkt verwenden wir eine Vielzahl von Farben, die im Kontext betrachtet werden.“ Während beispielsweise der Vorhangstoff Asami dekorativ in Falten gelegt ist und Ketaki durch ein altmodisches Lochmuster auffällt, ist der Bezugsstoff Saji eine Neuinterpretation eines raffinierten Jacquardmusters aus dem Unternehmensarchiv.
Saji von Sahco. Foto / Copyright: Hersteller
Kunstvolle Teppiche
Dass Opulenz im Textilbereich nicht unbedingt historische Wurzeln haben muss, zeigt cc-tapis. Das italienische Unternehmen hat seit seiner Gründung vor rund zehn Jahren den Markt mit auffälligen abgepassten Teppichen aufgemischt und arbeitet mit dem Who's who der Gestaltungsbranche zusammen – in diesem Jahr mit Designer*innen wie Patricia Urquiola, Formafantasma und Bethan Laura Wood. Urquiola zeigte während der Milan Design Week ihre handgefertigte Kollektion Pipeline: Wandbehänge und Teppiche, deren Ausgangspunkt digitale Zeichnungen der Gestalterin waren. Ineinander verschlungene, röhrenartige Gebilde in verschiedenen Farben bringen Bewegung und Volumen in den Raum.
Patricia Urquiola, Pipeline, cc-tapis. Foto / Copyright: Michele Foti
Perriand forever
Neben Entwürfen zeitgenössischer Gestalter*innen wartet cc-tapis in diesem Jahr aber auch mit Teppichen einer französischen Designpionierin auf. Es waren sechs Farbstudien, die Charlotte Perriand 1972 für das Pierre-Blanche-Gebäude im Wintersportgebiet Les Arcs in den französischen Alpen anfertigte. Als gewebte Paneele gedacht, fielen sie jedoch Einsparungsmaßnahmen zum Opfer. Die Französin hatte für die Apartmenthäuser des Projekts das Interiordesign samt Möbeln entworfen. Die bisher unveröffentlichten Farbstudien von Perriand wurden von cc-tapis aus dem Archiv geholt und in handgeknüpfte Teppiche unter dem Namen Les Arcs Collection umgesetzt – mit einem Streifenmuster, das an beiden Seiten von Farbblöcken gerahmt wird.
Charlotte Perriand, Monolith, Classicon. Foto / Copyright: Hersteller
Das Mailänder Teppichlabel präsentierte im Januar während der Paris Design Week erstmals sechs verschiedene Dessins, die von tibetischen Handwerker*innen aus 100 Prozent Himalaya-Wolle in Nepal handgeknüpft werden – mit 125.000 Knoten pro Quadratmeter. Die jeweilige Kombination von insgesamt zwölf Farben basiert auf den Studien der Designerin. Ebenfalls auf Charlotte Perriand setzt ClassiCon, wie gerade in Mailand zu sehen war. Monolith ist ein handgeknüpfter Teppich aus Schurwolle mit einem grafischen Muster, für den Zeichnungen und Gouachen der Gestalterin aus den Zwanzigerjahren Pate standen.
David Chipperfield, Tegel, Kasthall. Foto / Copyright: Hersteller
Stille Stücke
Grafische Muster sind ein wichtiges Thema, egal ob es sich um Teppiche oder Textilien handelt. Oft tauchen sie im Zusammenhang mit einer gedämpften Farbpalette auf. Denn auch wenn in diesem Jahr in der Raumausstattung durchaus ein Hang zur Opulenz festzustellen ist: Statement Pieces in knalligen Farben, mit auffälligen Mustern und Texturen fordern Aufmerksamkeit und brauchen Platz, um zu wirken. Deshalb sind stille Stücke in zurückhaltenden Tönen und mit unaufgeregten Mustern nicht wegzudenken aus dem Interiordesign. Dass sie alles andere als langweilig sind, zeigt ein Entwurf von David Chipperfield für den schwedischen Teppichhersteller Kasthall. Tegel ist ein handgetufteter Bouclé-Teppich mit taktiler Oberfläche aus Wolle und Leinen, den es in drei Designvarianten in jeweils sieben verschiedenen Farbstellungen gibt. Die Strenge der scharfen Geometrien wird aufgefangen durch die subtilen Kombinationen von Naturtönen.
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