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Sichtbar unsichtbar

Datenblocker und Faradayscher Käfig in einem: das RAM House von Space Caviar.

von Katharina Horstmann, 27.04.2015

Die Antithese zum Leben in der Wolke: Die Installation RAM House, die Space Caviar zum Salone del Mobile 2015 in Mailand vorgestellt hat, ist ein Haus-Prototyp, der sich mit dem Bedürfnis nach Privatsphäre im Zeitalter intelligenter Elektronik und signalbasierter Kommunikation auseinandersetzt.

„Darf die neue App Ihren aktuellen Standort verwenden?" – Die ständige Ortung über mobile Geräte wie Smartphone oder Tablet ist nur ein Teil unserer ununterbrochenen Gegenwart in der digitalen Parallelwelt. Doch auch ohne aktive soziale Netzwerkpräsenz sind wir durchschaubarer denn je: Die meisten neuen Elektrogeräte sind mit smarten Funktionen ausgestattet, die personalisierte Einstellungen speichern und kommunizieren können. Darüber hinaus lebt der gläserne Mensch in einem gläsernen Haus. Schon bald wird unsere Ansammlung an vernetztem Hausrat genügen, dass der dazugehörige menschliche Körper als Leerstelle ausreicht, um klare Schlüsse auf unser Verhalten zu ermöglichen. Denn die Geräte tauschen sich algorithmisch untereinander aus und offenbaren unsere Metadaten nach außen. Keine Frage, vernetze Hauslogistik und Wi-Fi können die Lebensqualität verbessern, doch wie behält man den privaten Datenstrom unter Kontrolle?

Daten-Vorhang
Aus diesen Überlegungen ging das Projekt RAM House von Space Caviar hervor, das als zweigeschossiger Prototyp zum ersten Mal zum Salone del Mobile 2015 im Hof des Palazzo Clerici in Mailand präsentiert wurde. Joseph Grima, Giulia Finazzi und Simone C. Niquille vom in Genua ansässigen Kollektiv interessierte in erster Linie die Veränderung der häuslichen Zelle: Das Haus ist nicht mehr eine Hülle, die uns vor fremden Blicken schützt. Vielmehr ist es inzwischen selbst zu einer überwachenden Einheit seines Innenlebens geworden. Das RAM House ist ein Versuch, dem durchsickernden Datenfluss und gleichzeitig dem von außen eindringenden Elektrosmog Einhalt zu gebieten: Als Faradayscher Käfig und bestückt mit Platten aus radarabsorbierendem Material – kurz RAM genannt – kann der Wohnbereich nach Wunsch in beide Richtungen abgedichtet werden.

Funkstille im Eigenheim
Auf den ersten Blick sieht der hausgroße Käfig, der in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Unternehmen Prokoss Mobilrot entstanden ist, etwas bedrohlich aus. Als dystopische Vision einer Ruhezone, die vor dem alles durchdringenden Blick schützt, geht das Wohnregal im Entwurf von Space Caviar mit dem Verzicht auf die Vorzüge konventionellen Wohnens einher und präsentiert sich als rasterartiges Gerüst aus schwarz lackierten Bauregalen. Während sich die untere Etage als Modulanordnung aus Funktionsräumen zusammensetzt, die sich ähnlich wie bei einem in Archiven üblichen Regalsystem nach Bedarf manuell öffnen und schließen lassen, dient die obere Ebene als Ruheraum, der über eine Scherentreppe erreichbar ist.

Auf das Minimalste reduziert, macht der abstrakte Entwurf schnell klar, dass es sich dabei vor allem um eine konzeptionelle Illustration handelt – als Denkanstoss für alternative Lebensentwürfe. Anstatt sich der technologischen Erfassung rundum preiszugeben, zeigt sich das Abschirmsystem des RAM House als moderne Variante des klassischen Vorhangs gegen die neue Sichtbarkeit.

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