Arrangiertes Naturschauspiel
Zieht den Blick nicht nur auf sich, sondern auch in sich: Garagenbibliothek in der Normandie.
In der nördlichsten Normandie, kurz vor den Klippen des Ärmelkanals, hat der Pariser Architekt Antonin Ziegler einen zweigeschossigen Hausanbau errichtet, der auf der unteren Etage etwas Nützliches versteckt und auf der oberen freizügigen Einblick in sein Innenleben gewährt.
„Eingeschlossen und isoliert von der Außenwelt“, so der Architekt, fühlten sich die Hausherren von den dicken Steinauern ihres alten Landhauses, und wünschten sich vor allem „einen Ort zum Lesen, Schreiben und Träumen.“ Abhilfe schuf Antonin Ziegler aus Paris, indem er den ursprünglichen Garagenanbau abriss und ihn durch ein insgesamt 60 Quadratmeter großes Gebäude ersetzte, das er in einem völlig anderen Stil als das bestehende Haupthaus baute. Schon von weitem fällt dieser Neubau, gelegen zwischen gediegenen Scheunen und robusten Landhäusern mit Satteldach, durch seine scharfkantige Bauklotz-Kastenform auf.
Mauern aus Holz
Auch für die Wände des Anbaus wählte Ziegler ein für die Region sehr untypisches Material: Statt Steinen benutzte er Holzplatten. Allerdings wirken sie mit ihrem dunklen Anstrich von außen eher wie Stahl. Im Inneren des Gebäudes ließ der Franzose das Holz dagegen ganz sichtbar unbehandelt. Hell, schlicht und funktional gestaltete Antonin Ziegler auch das Interior des Hauses mit einer wandfüllenden Bibliothek und viel freiem Raum, den er mit großzügigen Fensteröffnungen in verschiedenen Größen, Formen und auf unterschiedlichen Ebenen umrahmte. Die Fenster schenken den Bewohnern in der nicht gerade sonnenverwöhnten Normandie optimale Lichtausbeute und Panoramaausblick auf die umliegende Landschaft mit ihrem nordischem Charme. Wegen der quadratischen Fensterfront gibt es den Panoramablick aber auch auf die Innenwelt: Vor allem bei abendlicher Beleuchtung wird dem Passanten das Innenleben des Neubaus wie eine Puppenhaus-Aufführung präsentiert, wobei die Innenverkleidung aus Holz dem Ganzen noch zusätzlich Bühnencharakter verleiht.
Maximale Nähe
Mit dieser fast symbiotischen Beziehung zwischen Natur und Zivilisation beschert der Pariser seinen Auftraggebern „eine maximale Nähe zur Außenwelt“, wie er sie selbst beschreibt – die sie hinter den Steinmauern ihres Landhauses mit seinen kleinen quadratischen Fenstern so sehr vermissten. Ach ja, und neben dem neuen Heim für den Schöngeist bietet Zieglers Entwurf zudem auch eine Unterkunft für das Objekt, das in dem ursprünglichen Anbau vor den oft ungemütlich-rauen Witterungen geschützt wurde: Ebenerdig, versteckt unter der Bibliothek im Puppenhaus-Stil, baute Antonin Ziegler eine Garage für das Familienauto.
FOTOGRAFIE Ziegler Antonin Architecte
Ziegler Antonin Architecte