Das Nussbaumhaus
Ferien in der Box: umgebautes portugiesisches Steinhaus mit Meerblick.
Weit im Norden Portugals, an der Mündung des Flusses Lima, liegt die überschaubare Stadt Viana do Castelo. Eine der auffälligsten Sehenswürdigkeiten: die Wallfahrtskirche auf dem Berg Monte Santa Luzia, von wo aus der Blick über die Häuser zum Atlantik schweift. Auch die Scheune, die von dem Architektenduo Sofia Parente und André Delgado zum Feriendomizil umgebaut wurde, genießt diese Aussicht. Gerade einmal 50 Quadratmeter misst die Hütte aus Stein. Neben einer Sonnenterrasse und einem Weingarten macht ein lichter Innenraum den winzigen Bau zum charmanten Zufluchtsort.
Äußerlich ist bis auf die Säuberung der alten Steinfassade nicht viel passiert. Ihre unregelmäßige Struktur, die sich straßenseitig auf einer noch gröberen Mauer fortsetzt, kommt gut zum Ausdruck. Der Eingang in das kleine Haus namens Casa das Nogueiras befindet sich unter Schatten spendenden Weinreben. Dahinter, so klein die Scheune von außen wirken mag, gibt es von Enge und Düsternis keine Spur. Hier haben die Architekten des örtlichen Büros Par-do einen cleveren Weg gefunden, um ein Optimum an Großzügigkeit zu erzeugen. Zunächst wurden sämtliche Innenwände geglättet und geweißt. Im Zentrum haben Parente und Delgado dem Raum eine freistehende, multifunktionale Box und darüber – etwa über die Hälfte der Grundfläche – eine zweite Ebene hinzugefügt. Während sich im Erdgeschoss der eher öffentliche Bereich befindet, liegt oben das Schlafzimmer. Dort kann mithilfe einer Wand aus beweglichen Lamellen Offenheit stufenlos in Privatheit verwandelt werden.
Versteckte Attribute
Das mit Birkensperrholz verkleidete Volumen ist nicht nur verbindendes Element aller Bereiche. Es übernimmt auch vielerlei nützliche Funktionen: Hinter den Türen verstecken sich eine Speisekammer, ein Geschirrschrank, dazwischen ein Regal und außerdem – man ahnt es nicht – das Badezimmer des Hauses. In der pastellgrün gefliesten Nasszelle finden Waschbecken, Toilette und Dusche problemlos Platz. An der Rückseite stützt die Box zudem die Treppe nach oben. Selbst im Schlafzimmer nimmt das Sideboard die Konturen des Quaders auf. Und als kleines Highlight kann man die Konstruktion hier oben wie einen Balkon betreten und den Blick auf den unteren Wohnbereich genießen.
Der Wohnbereich ist in zwei Teile gegliedert. In der Hälfte mit doppelter Geschosshöhe werden einmal Sofa und Leseleuchte zu finden sein, während zwei Stufen tiefer, auf der niedrigeren Seite, gekocht und gegessen wird. Auch die Küchenzeile haben die Architekten passend konzipiert: Fronten aus Sperrholz, weiße Arbeitsplatte, weißer Dunstabzug. Hinter dezenten Türen an der Außenwand gegenüber befindet sich ein schlanker Einbauschrank. Überhaupt gestalten sich Materialien, Oberflächen und Farben in einer guten Balance: Wände und Decken in Weiß, Fensterlaibungen aus Holz, Balken weiß lackiert, Ober- und Unterseite der Halbgeschoss-Konstruktion aus Holz, die Lamellen wiederum weiß und die zentrale Box aus Holz. Nur der Boden der unteren Ebene ist fast schwarz. Der besteht aus geschliffenem Beton – quasi aus einem Guss.
Das noch junge Architekturbüro zeigt sich als Meister im Umgang mit kleinem Raum. Innen ist vom alten Äußerem nichts zu bemerken. Und von draußen wiederum denkt man nicht, was für ein kompakt-großzügiges Feriendomizil diese alte Scheune geworden ist. Bleibt einzig eine Frage offen: Was hat es nur mit den Nussbäumen (pt. nogueiras) auf sich, die sich im Projekttitel verbergen?
FOTOGRAFIE José Campos
José Campos