Stories

Auf Platte mit Cosentino

Wie in Spanien ein neuer Stein entsteht, der viel verspricht.

von Stephan Burkoff, 31.07.2013


Ein spanisches Familienunternehmen schafft in wenigen Minuten, wofür die Natur Jahrtausende braucht: Es lässt Steine entstehen. Das unter archaischen Bedingungen geschaffene Material hat außergewöhnliche Eigenschaften und soll die Welt der Fassadenverkleidungen revolutionieren. Willkommen in der Steinfabrik von Cosentino.



Vom Steinbruch im andalusischen Hinterland zur Hightech-Produktionshalle der spanischen Cosentino-Werke ist es geografisch gesehen nicht weit. Geologisch schon eher. Mineralien, Druck, Hitze, Zeit. Das sind die Zutaten, aus denen Steine entstehen. Allerdings nur sehr, sehr langsam.

Nichts ist nur Fassade

Cosentino zeigt, dass diese Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden können. Unter dem Produktnamen Dekton entstehen hier künstliche Steine, sogenannte engineered stones, die viel mehr können als Marmor, Granit und Travertin. Anders als jeder Naturstein, den Eduarda und Eduardo Cosentino als Gründer in den 1940er Jahren abzubauen begannen, und auch anders als das Material Silestone, mit dem ihr Unternehmen in den 1980er Jahren das Gebiet der Stein-Synthese eroberte, verfügt Dekton über fast grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten. Seine Eigenschaften sind Bruch-, Stoß- und Kratzfestigkeit, eine sehr geringe Porosität – was das Eindringen von Flüssigkeiten nahezu unmöglich macht und Fleckenbildung verhindert – sowie eine theoretisch unbegrenzte Zahl an Varianten der Färbung, Bedruckung und Verarbeitung. Erhöhte Leistungswerte in den Bereichen UV-Beständigkeit und Feuerfestigkeit öffnen dem Material gegenüber seinem Vorgänger Silestone, der vornehmlich in Bädern und Küchen zum Einsatz kommt,  den Weg an die frische Luft – und damit an die Fassade. Durch die sehr kompakte Oberfläche ist Graffiti mit Wasser abwaschbar – so eines der Produktversprechen.

Flächenbrenner

Mit einem Investment in Höhe von 128 Millionen Euro vergrößerte Cosentino für Dekton sein Produktionsareal im heimischen Cantoria von rund 400.000 Quadratmeter auf mehr als eine Million. Wie ein gigantischer weißer Schuhkarton liegt die Anlage im Nirgendwo. In Anwesenheit des spanischen Kronprinzen wurde sie diesen Frühling eingeweiht und befindet sich noch im Testbetrieb. In einem komplizierten Sinterverfahren entstehen hier aus verschiedenen mineralischen Grundstoffen jeweils bis zu 320 mal 144 Zentimeter große Dekton-Platten mit einer Stärke von 1 bis 3 Zentimetern. Das Besondere daran: Wie in der Natur reagieren allein die zusammengeführten Mineralien – ohne weitere Zusatzstoffe wie etwa Polymere – und verbinden sich in einem morphologischen Prozess ähnlich einer metallischen Legierung zu etwas Neuem. Der Grundstoff, ein Pulvergemisch aus Quarz und anderen Stoffen – dessen genaue Zusammensetzung ein gut gehütetes Geheimnis ist – wird in der gewünschten Plattendicke auf ein Trägerband aufgetragen. Darauf gleiten die Pulverblöcke unter die stärkste Hydraulik-Presse der Welt.  Mit 25.000 Tonnen Druck wird die Masse zu einer dicht geschlossenen Struktur komprimiert und danach in einem hundert Meter langen Ofen gebrannt.

Jeans fürs Haus

Der Herstellungsprozess ermöglicht ein sogenanntes Full-Body-Design: Maserungen, Muster oder Reliefs werden damit nicht bloß oberflächlich aufgebracht, sondern ziehen sich naturgetreu durch das Material. Zudem steht eine riesige Druckanlage zur Verfügung, um das Produkt farblich zu veredeln. Theoretisch wäre es möglich, ein Gebäude mit einer Jeansfassade zu verkleiden – noch gibt es das nur als Muster. Die erste Kollektion von Dekton wirkt eher bodenständig. Es werden acht verschiedene Finishings angeboten: White Monocolor in matter oder polierter Optik, Black Monocolor in matt, poliert oder Schiefer-Optik sowie verschiedene Grautöne, deren Haptik an Zementoberflächen erinnern sollen. Ein weiteres Grau der Kollektion ähnelt der Textur des Sandsteins Pietra Serena. Zudem stehen eine Nachbildung von Marmor und exotischem Granit in matter und polierter Optik oder oxidierende Materialien wie Corten-Stahl zur Verfügung.

Die maximale Hitze-und Feuerbeständigkeit, das große Plattenformat, die damit einhergehende hohe Biegefestigkeit und ein verhältnismäßig niedriger Quadratmeterpreis sind nur einige der möglichen Vorteile Dektons, die für Architekten und Bauherren verlockend klingen dürften. Ab 1000 Quadratmeter kann Dekton sogar individuell gestaltet und bedruckt werden. Noch gibt es kein Referenzprojekt, an dem das Ergebnis zu sehen wäre. Laut Aussage wird daran jedoch zurzeit in Kooperation mit einem internationalen Architekten gearbeitet – Name und Ort werden noch nicht verraten.

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