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Bitte ganz gemütlich

Die Neuheiten der Orgatec 2024

Auf der Orgatec, der internationalen Leitmesse für moderne Arbeitswelten, zeigten Möbelhersteller Konzepte, die Wohnlichkeit, Flexibilität und Nachhaltigkeit hervorheben. Ein zentraler Trend setzt sich fort: Die Einrichtung lässt sich kaum noch von Wohn- und anderen Lebensbereichen unterscheiden. Zumindest visuell. Büros wandeln sich zu interaktiven Begegnungszonen, die effektiv, nachhaltig und harmonisch gestaltet sein sollen.

von May-Britt Frank-Grosse & Annette Schimanski, 04.11.2024

Wie kann das Büro wieder attraktiver für Mitarbeiter*innen werden? Eine Frage, die sich viele Unternehmen derzeit stellen und die bereits die Möbelhersteller auf der Orgatec 2022 umgetrieben hatte. 2024 hat sich dieses Thema verfestigt und ist zu einem zentralen Punkt geworden. Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Lösungsansätzen und Ideen. Großzügig gepolsterte Sitzecken, Pflanzen, auffällige Farbpaletten und Textilien sollen Café- oder Wohnzimmerflair in die Büros bringen. Sogar Daybeds, Lounge- und Outdoormöbel gehören zum Angebot der Unternehmen. Doch während visuell die Grenze zwischen privaten und professionellen Orten verschwimmt, muss die Einrichtung Themen wie Flexibilität, hybrides und digitales Arbeiten mehr denn je bedienen können.

Mobile Modularität
Mit einer zunehmend hybriden Arbeitsweise können Büroflächen jeden Tag anders aussehen: Mal sind sie gut besucht wegen eines großen, gemeinsamen Meetings, mal möchten nur einzelne Personen fokussiert arbeiten und mal geht es darum, sich in kleinen Teams auszutauschen. Auf diese sich stets verändernden Anforderungen reagiert das schwäbische Label UnternehmenForm mit einem Möbelkonzept, das ein leicht auf- und abbaubares Regalsystem sowie flexible Sofamodule und Sitzmöbel umfasst. So entstehen Raum-in-Raum-Konstruktionen, die entkoppelt von der eigentlichen Architektur und je nach gewünschter Situation verkleinert oder vergrößert werden können. String Furniture hat das neue Modulsystem Center Center vom Stockholmer Designstudio Form Us With Love aus perforiertem Feinblech vorgestellt. Kombinationsmöglichkeiten in Größe und Farbe bringen Flexibilität mit sich und wehren sich gegen das Klischee eintöniger Büroschränke.

Die Sofakollektion Spectrum System von Altherr Désile Park für Prostoria bietet mit einer hohen Rückenlehne und akustischer Unterstützung einen Platz zum konzentrierten Arbeiten, kann aber auch für kleine Teammeetings erweitert oder mit Beistelltischen ergänzt werden. Mit den Sitzmöbeln Bobby X und Bobban X geht der schwedische Hersteller Blå Station noch einen Schritt weiter: Die Sessel und Hocker sind mit Rollen versehen. So können Räume spontan neu definiert und für unterschiedliche Arten des Arbeitens und Zusammenseins genutzt werden. Ein ähnliches Konzept entwickelte das Duo Jehs+Laub für Brunner: Die Sitzgelegenheiten pads laden auf Gleitern oder Rollen zum dynamischen Verweilen in unterschiedlichen Bereichen ein.

Teamspirit oder Rückzug
Bürokonzepte, die in den jüngsten Post-Pandemie-Jahren entstanden sind, haben vor allem eine Gemeinsamkeit: Zonierungen im Büro definieren Bereiche, in denen entweder konzentriertes oder kollaboratives Arbeiten, aber auch Entspannung, eine Mittagspause oder ein privates Gespräch möglich sind. Der schwedische Hersteller Kinnarps entwickelte den höhenverstellbaren Tisch Etage, der Platz für viele Mitarbeiter*innen bietet, die sich austauschen wollen. Mittig können Anschlüsse, Steckdosen, Pflanzen, Leuchten oder schallabsorbierende Paneele angebracht werden. Wenn es nach einer Besprechung an die Umsetzung der Aufgaben geht, wird der rollbare „Single-Seater“ Insit von Wilkhahn relevant. Zwei abschirmende, akustisch wirksame Halbschalen umfassen einen Sitzplatz, der als Rückzugsort dienen soll. Tischplatte, Armauflage und eine tragbare Ladestation erleichtern die Arbeit.

Konzepte der Ruhe
Die Ansprüche der Angestellten an ihr Office sind gestiegen. Sie erwarten nun eine Umgebung, in der sich Effektivität und mentale Gesundheit die Waage halten. Trotz hoher Anwesenheit und regem Austausch wünschen sich viele eine ruhige Atmosphäre, in der Konzentration möglich ist. Lärm und Geräusche müssen reduziert werden. Der Schweizer Textilspezialist Création Baumann hat in einem mehrjährigen Prozess recycelte Absorberplatten entwickelt, die in den Paneelen Acoustic Wall Cover und Acoustic Room Divider eingesetzt werden und die Geräuschkulisse im Büro mindern sollen. Die Wiederverwertung von Resttextilien ist zudem ein nachhaltiger Ansatz. Gemeinsam mit dem Designer Werner Aisslinger entwickelte auch der Hersteller JAB ANSTOETZ Wand- und Deckenpaneele, die nicht nur die Akustik in Räumen verbessern, sondern auch mit geometrischen Mustern und kräftigen Farben das Interieur bereichern können.

Bei Kinnarps verfolgt man einen ganzheitlichen Ansatz, der über einzelne Produkte hinausgeht. In Zusammenarbeit mit Unternehmen werden neue Bürokonzepte entwickelt, die auf die Mitarbeiter*innen und ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Diese Ideen spiegelten sich im Messestand des Herstellers wider, der durch textile Vorhänge zoniert wurde. Dadurch entstanden kleine und größere Bereiche, die zum Verweilen, Pausieren und sogar Arbeiten einluden. Die soziale Komponente des Austauschs und der Begegnung stand dort klar im Fokus – so wie bei den Konzepten, die Kinnarps für Büroräume entwickelt.

Nachhaltigkeit im Blick
Neu und nachhaltig – wie lässt sich das vereinbaren? Da wir auch in Zukunft nicht auf die Entwicklung neuer Produkte verzichten können, muss der Fußabdruck bei ihrer Herstellung gering gehalten werden. Thonet setzt bei dem stapelbaren Stahlrohrstuhl S 243 mit Sitz und Rücken aus Formholz daher auf die Vereinfachung von Form, Konstruktion und Materialeinsatz. Auch beim Konferenztischsystem A 1750, einem Entwurf des Designers Uwe Sommerlade, wurde dieses Prinzip angewendet. Dank der Gestaltung eines flexibel einsetzbaren Tischgestells auf Holzplatten in unterschiedlichen Größen und Formaten, ist eine einfache und individuelle Nutzung möglich. Mit einem smarten, schlichten Drehstuhl überraschte Wilkhahn. Der auf das Wesentliche reduzierte Wi-Chair, der als Prototyp in Köln vorgestellt wurde, erinnert an das Design vergangener Jahrzehnte und fördert ohne Mechanik das synchronisierte 3D-Bewegungssitzen. Object Carpet hatte erst im vergangenen Jahr mit einem Teppichsystem aus Monomaterial Aufsehen erregt. Mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten die neuen Produkte aus Duomaterial. Durch die Verwendung von lediglich zwei Komponenten ist ihre Trennung am Ende des Lebenszyklus einfach und die Produktion neuer Bodenbeläge ohne Materialverlust möglich.

Neue Materialien und Konzepte
Neben der Entwicklung langlebiger, kreislauffähiger Produkte sind auch die Optimierung bestehender Kollektionen, eine umweltschonende Logistik und die Aufarbeitung gebrauchter Möbel wichtige Ziele für die Einrichtungsbranche. Der Hersteller Klöber stellte in Köln mit dem CoMeet Recyclate seinen Bürostuhl-Klassiker in einer Variante aus 100 Prozent Post-Consumer-Material vor. Auch die italienische Möbelmarke Arper, die einen Showroom in der Design Post betreibt, hat sich zum Ziel gesetzt, ihr bestehendes Produktportfolio durch weitere Materialreduktion und -substitution zu optimieren. Ein prominentes Beispiel ist der Stuhlklassiker Catifa 53, der auf dem Salone del Mobile 2024 mit einer Sitzschale aus Papier debütierte. Der Premiumhersteller Walter Knoll ist ebenfalls dabei, sein Produktportfolio zu überarbeiten. Bei der Polsterung seiner ersten Büro- und Konferenzstühle wurde auf Polyurethanschaum verzichtet und stattdessen ein 3D-Mesh-Gewebe eingesetzt. Klettverschlüsse und einfach lösbare Schrauben erleichtern das Abnehmen der Bezüge. Gereinigt, repariert und ausgetauscht werden kann zukünftig vor Ort. Für Möbel, die noch nicht unter dem Gesichtspunkt einer einfachen Reparatur hergestellt wurden, bietet Vepa den Service Fair Furnished an. Ähnlich wie bei Girsberger Remanufacturing möchte das niederländische Unternehmen die Aufarbeitung von gebrauchten Möbeln im großen Stil durchführen.

Digitales Arbeiten
Angesichts der enormen Umwälzungen, die der Arbeitswelt durch die fortschreitende Digitalisierung bevorstehen, war das Thema digitales Arbeiten auf den Messeständen überraschend wenig präsent. Aber können und sollten Möbelhersteller auch auf diese Entwicklungen Antworten suchen? Am Messestand von Interstuhl lautete die Antwort darauf eindeutig: Ja. Das Unternehmen, das auch Möbelneuheiten präsentierte, sorgte vor allem mit neuen digitalen Services für Aufsehen. Bei der Präsentation der „virtuellen Zukunftsräume“ zeigte sich aber: Interstuhl setzt vor allem auf VR. In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren geworden sind, möchte der Hersteller aber nicht nur ein immersives Produkterlebnis anbieten. Architekt*innen und Nutzer*innen sollen die Möglichkeit erhalten, zukünftige Arbeitswelten auf neue Art und Weise zu gestalten und zu erleben.

Auch Wilkhahn setzt sich intensiv mit der Digitalisierung im Büro auseinander. In Zeiten des hybriden Arbeitens gibt es beispielsweise noch so einige Bugs, die für Frust in der Zusammenarbeit sorgen. Mit dem Confair Buddy hat der Hersteller daher einen rollbaren Avatar entwickelt, der die Teilnahme an Büro-Meetings für externe Mitarbeitende besser möglich machen soll. Aber: keine erfolgreiche Digitalisierung ohne gute Schnittstellenlösungen. Deshalb stellte der australische Hersteller Zetr in Kooperation mit e15 einen minimalistischen Kabelauslass vor. Und auch die vielfältigen Produktlösungen von EVOline bieten ein reibungsloses Andocken – im Homeoffice oder wahlweise auch gerne mal wieder im wohnlich eingerichteten Büro.

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