Begehbare Kunstwerke
Planer*innen erzählen von ihren außergewöhnlichsten Bodenerlebnissen

Fußböden tragen einen nicht nur durch den Raum, manche von ihnen tragen auch Kunstwerke. Außerdem sind sie oft Träger von Geschichten. Um mit den kreativen Bodenentwürfen einiger unserer Lieblingsdesigner*innen aus dem Interiorbereich Schritt zu halten, haben wir sie gefragt, mit welchem Boden aus dem eigenen Portfolio sie besondere Erlebnisse verbinden. Die Fülle an Ideen und schönen Anekdoten zu ihrer Entstehung hat uns überrascht, beeindruckt und nicht selten zum Schmunzeln gebracht.
Leopold Banchini: Pub Goodbye Horses
„Gestampfte Lehmböden waren ein gängiges Merkmal ländlicher Gebäude in England. Die verdichtete Oberfläche bestand einfach aus einer Mischung von Erde und Ton, manchmal mit Stroh und einer natürlichen Ölschicht. Sie waren kostengünstig und leicht zu warten oder zu reparieren und fanden sich in Küchen, Gemeinschaftsräumen oder Scheunen. Gestampfte Böden wurden auch in den frühen Tagen von Landgasthöfen häufig verwendet und später manchmal mit Steinplatten bedeckt.
Heutzutage ist diese traditionelle Technik fast vollständig verschwunden, zumindest aus modernen öffentlichen Einrichtungen. Im neu gestalteten Londoner Pub Goodbye Horses wird diese einfache, alte Technik wieder angewendet. Auf die ursprüngliche Holzkonstruktion des Bodens gegossen, ist die lokal bezogene Tonmischung nur drei bis vier Zentimeter dick und mit natürlichem Leinöl beschichtet. Bisher hat sie der täglichen Nutzung durch die Kunden standgehalten. Die Patina der Zeit und das Durchtränken mit vielen Pints Ale lassen die Oberfläche nur noch schöner und lebendiger erscheinen!“
Material Cultures: Artists Studio
„Bei der Sanierung dieses ehemaligen viktorianischen Gemeindebaus wurden der Saal und die Küche im ersten Stock in ein Wohn- und Arbeitsstudio für einen Künstler umgewandelt. Das Projekt zeigt die Machbarkeit alternativer Materialien für Sanierungsprojekte: Ein Lehmboden wurde direkt auf die bestehende Bodenplatte aufgebracht, ohne zusätzlichen Zement. Ungebrannte Lehm- und Strohziegel wurden anstelle von mit Gipskarton verkleideten Ständerwänden verwendet. Der für den Lehmboden genutzte Lehm stammt aus Buckinghamshire, wurde mit Sand und Stroh gemischt und von Jeffrey von The Earthen Floor verlegt. Der Boden wurde nass gegossen und anschließend mit Öl und Wachs versiegelt, was ihm eine harte und wasserfeste Oberfläche verleiht. Der Lehmboden sorgt dafür, dass der Raum im Sommer kühl und im Winter warm bleibt.“
one-aftr: Gastro Circuit
„Gastro Circuit ist ein privates Küchenstudio für bis zu zwölf Gäste in Seoul, das durch eine wechselnde Besetzung von Köchen und Köchinnen vielfältig bespielt wird. Der Besuch der Gäste – das Betreten, Speisen, Kochen und Verlassen des Raums – ist als eine kuratierte Reise konzipiert, bei der der Bodenbelag eine wichtige Rolle spielt. Kurz nach dem Betreten führt ein schwach beleuchteter Korridor mit maßgefertigten Holzkacheln zu einem zentralen Wartebereich. Fenster auf Hüfthöhe geben erste Einblicke in den dahinter liegenden Raum. Der Bodenbelag besteht aus Micro-Topping. Der anschließende Wartebereich wird durch ein Objekt aus Polycarbonat beleuchtet, das den Übergang zum Speiseraum markiert. Ein weicher Vorhang trennt den Speiseraum ab, der Fußboden ist mit hellem, in Ortbeton fixiertem Kies bedeckt. Das grobporige Material erzeugt eine rustikale, erdige Atmosphäre, die im Kontrast zu industriellen Elementen wie Polycarbonat und Edelstahl steht. Die Wände des Raums neigen sich sanft nach innen und lenken den Blick auf den zentralen Esstisch. Am Ende des Mahls verlassen die Gäste den Raum durch die Küche, die durch ihre reflektierenden Edelstahlwände und einen Fliesenboden mit steinähnlicher Oberfläche hervorsticht. Sie gelangen zurück in den Korridor, womit der Rundgang vollendet wird. Die Bodenbeläge fungieren als subtile Indikatoren für die Übergänge zwischen den Zonen. Durch die Beibehaltung einer einheitlichen Farbpalette, jedoch mit unterschiedlichen Texturen und Auflösungen, wartet jede Zone mit einer klaren, aber harmonischen Veränderung der Atmosphäre auf.“
Sigurd Larsen: Gesamtschule Lengerich
„In Nordrhein-Westfalen, in Lengerich, haben wir eine Schule gebaut, bei der der Kunstraum und speziell der Boden eine zentrale Rolle spielen. Die Schule ist ein Neubau. Unser Ziel war es, eine kreative Atmosphäre zu schaffen, in der die Kinder ihre Hemmungen überwinden und sich frei künstlerisch betätigen können. Dafür haben wir einen Workshop mit zwanzig Kindern, die sich freiwillig gemeldet haben, organisiert. Inspiriert von Jackson Pollock, der auf dem Boden malte, haben wir den Kindern gezeigt, wie ein Atelier aussehen kann. Danach durften sie ihr eigenes ‚Action-Painting‘ auf dem Boden umsetzen. Das war rührend, denn anfangs waren sie schüchtern, wurden aber immer mutiger, bis sich eine lebhafte, dynamische Atmosphäre entwickelte – teilweise sogar mit Capoeira-ähnlichen Bewegungen. Den Prozess haben wir dokumentiert. Der Boden wurde anschließend mit Epoxidharz versiegelt, um die Farbschichten zu erhalten. Er bleibt ein ‚lebendiges‘ Element des Kunstraums und wird weiter durch kreative Projekte geprägt. Der Workshop war eine großartige Erfahrung. Und ich finde, der Kunstraum ist einer der spannendsten Bereiche der Schule.“
Sigurd Larsen
sigurdlarsen.comLeopold Banchini
www.leopoldbanchini.comone-aftr
one-aftr.comMaterial Cultures
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