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Euroshop 2017: Erlebnis pro Quadratmeter

Sprechende Kühlschränke und intelligente Umkleidekabinen: Ein Streifzug über die Euroshop in Düsseldorf.

von Tim Berge, 09.03.2017

Die Euphorie ist verpufft. Während bei der letzten Euroshop vor drei Jahren viele Unternehmen den Blick voller Optimismus in die digitale Zukunft richteten, ist beim Einzelhandel nun merklich Realismus eingekehrt. Die richtige Balance aus On- und Offline ist noch nicht gefunden. Dabei gibt es sie, die Innovationen, die Antworten auf den Wandel unserer Einkaufswelt bieten. Und diese kann man nicht nur sehen, man kann sie auch fühlen, hören und riechen. Das Erlebnis als Hoffnungsschimmer des Einzelhandels.

Die weltweit größte Messe für den Handel, die Euroshop in Düsseldorf, feierte dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Neben vielerlei Trends und Neuheiten bot die Veranstaltung vom 5. bis 9. März 2017 mit rund 2.500 Ausstellern einen idealen Einblick in das Seelenleben des Einzelhandels.

Radikaler Wandel 
Die Digitalisierung schreitet weiter voran und sorgt für einen radikalen Wandel in der physischen Einkaufswelt – dem Point of Sale. Da Einkäufe zunehmend online getätigt werden, müssen Geschäfte und Shopping-Zentren neue Reize bieten, um kaufwillige Menschen überhaupt erstmal aus ihren heimischen vier Wänden zu locken. Für Nicole Srock-Stanley, CEO beim Architekturbüro Dan Pearlman, ist der Retail-Bereich längst in der Freizeitindustrie angekommen, nur, dass das noch niemand so richtig begriffen hat. „Shoppen ist wie eine Auszeit vom Alltag, eine Belohnung. Und da gelten andere Regeln: nicht mehr Umsatz pro Quadratmeter, sondern Erlebnis pro Quadratmeter.“ Aus ihrer Sicht muss ein Umdenken erfolgen: „Der Handel muss die Funktion einer Freizeitdestination übernehmen.“ Diese Einschätzung wird von vielen Experten geteilt – doch die Händler zeigen sich von der Offline-Online-Thematik irritiert und zögern noch mit dem Umbruch.

Perfekter Soundtrack 
Antworten auf die Frage, wie so ein Einkaufserlebnis auszusehen hat, liefert die Euroshop im Kleinen wie im Großen. Dabei ist der mit der Digitalisierung einhergehende Trend zum intelligenten Produkt, das flexibel ist und sich anpassen lässt, unverkennbar. Kühltruhen, die gleichzeitig Display sind, auf Alter, Geschlecht und Gewohnheiten der vorbeigehenden Kunden eingehen und ihnen Produkte zum Kauf vorschlagen, sind keine Ausnahme mehr – sie gehören bald zur Regel. Aber nicht nur die sichtbaren Objekte des Einzelhandels werden immer smarter – auch bisher unsichtbare Komponenten wie Licht und Akustik integrieren sich mittlerweile perfekt in ein ganzheitliches, multisensorisches Einkaufserlebnis. So forscht die in Berlin und Stuttgart ansässige Agentur HearDis! seit einem Jahr im Auftrag der EU und in Zusammenarbeit mit sechs anderen Partnern im Bereich individuell anpassbarer Instore-Musik. Schon jetzt lassen sich Wetter, Tageszeit und Stimmung in live hergestellten Soundtracks widerspiegeln.

Licht, überall Licht 
Auch das Thema Licht wird immer zentraler bei der atmosphärischen Inszenierung des Einkaufserlebnisses: Aus kaum einem anderen Bereich kommen so viele Aussteller auf die Euroshop und in kaum einem anderen Bereich bietet sich den Besuchern so viele Innovationen und Produktneuheiten. Von einem Schwergewicht wie Jung, das sein breites Produktportfolio und seine Kompetenz in der Ladenbaubeleuchtung offenbart, bis hin zu etwas exklusiveren Unternehmen wie Flos, Molto Luce oder Tobias Grau: Sie alle zeigen, dass es bei den heutigen Anforderungen auf ein Gesamtpaket aus Ästhetik, Funktionalität und individueller Vielfalt ankommt – und auf ein großes Wissen über die Wirkungsweise der faszinierenden Materie Licht an sich. Genau wie bei der Akustik wird in dem Bereich Beleuchtung viel über die technischen und atmosphärischen Möglichkeiten und den Einfluss auf die menschliche Psyche geforscht. Die Ergebnisse sind erstaunlich und führen zu einer völlig neuen und intelligenten Lichtinszenierung im Einzelhandel.

Ein Dorf leistet Widerstand 
Den Höhepunkt der Euroshop 2017 bietet The Village, eine Gemeinschaftsausstellung von Ansorg, Vitra und Vizona, die in Zusammenarbeit mit der finnischen Innenarchitektin Joanna Laajisto entwickelt wurde. Die kleine Stadt in der Stadt bietet den Besuchern fünf eigens für die Messe entwickelte Shops, für die jeweils eine eigene Marke kreiert wurde, mit Produkten und einer Geschichte – eine gestalterische und konzeptionelle Meisterleistung, die aufzeigt, wie das Einkaufen der Gegenwart aussehen könnte. Um eine Plaza gruppieren sich in heller und offener Architektur ein Fashionstore, ein Kosmetikladen, ein Shop für Consumer Electronics, ein Automobil-Showroom und ein Lebensmittelgeschäft.

In jedem der Geschäfte spielt ein neues Produkt aus dem Hause Vitra die Hauptrolle, während Ansorg unterschiedliche, auf die Läden perfekt zugeschnittene Lichtkonzepte entwarf. Dabei steht neben der Qualität und Ästhetik vor allem die Flexibilität der Ladeneinrichtung im Vordergrund: Kaum ein Element lässt sich nicht anpassen. So bietet die Umkleidekabine des Modegeschäfts verschiedene Lichtsituationen, die auf die unterschiedlichen Produkte eingehen kann: Die ideale Beleuchtung eines Abendkleides ist nun mal eine andere als die von Sport- oder Arbeitskleidung. The Village zeigt den Besuchern der Euroshop einen spannenden Einblick in die technischen und konzeptionellen Möglichkeiten des Ladenbaus – und liefert damit eine gebündelte und kluge Antwort auf die Frage nach der Zukunft des Einzelhandels. So könnte sie aussehen!

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