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Im Detail: Salone del Bagno 2014

Auf der Mailänder Badmesse dominierten unaufdringliche Entwürfe, die durch formale und technische Feinsinnigkeit überzeugen.

von Katharina Horstmann, 15.04.2014

Das Glück liegt im Detail – im Fall der aktuellen Produktentwicklungen, die auf dem Salone del Bagno zu sehen waren, zeigt es sich von seiner besten Seite. Die Besonderheiten der präsentierten Badobjekte kommen unaufdringlich daher und überzeugen beim genaueren Hinsehen durch formale und technische Feinsinnigkeit.

Das Badezimmer strebt nach Perfektion – mit Produkten, die nicht nur ästhetisch, sondern auch in ihrer Technologie optimiert werden. Einbaubadewannen werden gegen freistehende Monolithen ersetzt, Armaturen werden zu Skulpturen und simple Waschbecken müssen dekorativen Waschtischarchitekturen weichen. Zudem wird zunehmend über den Tellerrand geschaut: Formen und Materialien werden aus anderen Bereichen neu für das Bad interpretiert und auch die digitale Elektronik übernimmt immer mehr Funktionen. Das Resultat ist ein Potpourri an Produkten, die an alles andere als an typische Badobjekte denken lassen. Selbst wenn sich das Badezimmer nicht jedes Jahr neu erfindet, passieren viele revolutionäre Ideen im Kleinen. Verborgene Technik wird in Sachen Effizienz und Nachhaltigkeit immer ausgeklügelter und auch formal spielt sich vieles in den Details ab. Der diesjährige Salone del Bagno verdeutlichte diese Tendenz.

Formalitäten

Axor Starck V
heißt Philippe Starcks neue Waschtischarmatur, die Axor in diesem Jahr in Mailand vorgestellt hat und die alles andere als ein herkömmlicher Mischer ist. Anstatt des üblichen, verkleideten Messingrohrs besteht sie aus transparentem Kristallglas, das in einer offenen Rinne ausläuft und somit den Blick auf das Wasser freigibt. In Betrieb wird ein Wirbel erzeugt, der wie bei einer natürlichen Quelle dem Lauf der Armatur folgt und durch die Bewegung das Wasser nicht schlicht herausdrückt, sondern zusätzlich belebt. Der natürliche Ursprung und die Vitalität des Elements wird durch das spielerische Sichtbarmachen des Strudels wieder direkt erlebbar und verdeutlicht, dass die Ressource Wasser mehr ist als bloße Literware aus der Leitung. Der offene Auslauf der Armatur ist beweglich und kann bei Bedarf für die Reinigung in der Spülmaschine ohne Aufwand vollständig abgenommen werden.

Einen neuen gestalterischen Ansatz verfolgt auch der Entwurf Closer, den der Mailänder Designer Diego Grandi für Zucchetti konzipiert hat. Was auf den ersten Blick wie eine Leuchte aussieht, erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Duschkopf. Doch anders als die im vergangenen Herbst vorgestellte Axor Lampshower von Nendo, die ein Hybrid aus Duschkopf und Licht ist, birgt sie keine zusätzliche Leuchtquelle, sondern besinnt sich auf die mechanischen Vorteile einer beweglichen Schreibtisch- oder Wandleuchte: Ihre schlanken, verstellbaren Arme und der drehbare Duschkopf lassen sich nahezu frei drehen und den Wasserstrahl somit beliebig ausrichten. Ein weiteres Beispiel dafür, wie das Badezimmer sich untypische Einflüsse aus dem Wohnbereich zu eigen machen kann, ist der entfernt an einen Überseekoffer erinnernde Entwurf Hidden, den der Designer Giulio Gianturco für italienische Unternehmen Makro gestaltet hat. Einmal aufgeklappt, offenbart Hidden sein zweckmäßiges Innenleben: ein funktionaler Waschtisch, der mit einem Becken aus Corian und einer Armatur aus Edelstahl ausgestattet ist sowie einem Spiegel mit Vergrößerungslinse, einem Regal, einer Schublade, Licht und einer Steckdose.

Materialreiz

Konstantin Grcic
und Toan Nguyen beweisen indessen, welche gestalterischen Möglichkeiten die Saphirkeramik birgt, ein eigens von dem Schweizer Keramikspezialisten Laufen entwickelter Werkstoff, der extrem dünnwandige Formen und enge Radien ermöglichen soll, ohne an Stabilität und Bruchsicherheit einzubüssen. Während Nguyens Entwurf diese Besonderheiten in einer klassisch anmutenden Wölbung ausreizt, präsentiert sich Grcics Serie mit aparten Kanten, die mal in strengere Rundungen, mal in weichere Schalenformen übergehen und mit Ablageflächen kontrastiert werden, die mit unterschiedlichen detailreichen Oberflächenstrukturen versehen sind. Ein reizvolles Spiel mit Form und Material, das beide zu ungewohnten Qualitäten verbindet, ermöglicht die Armatur Up & Down. Entworfen von dem brasilianischen Architekten Marcio Kogan für den italienischen Hersteller Cea, bestehen die Bedienelemente und der Ausguss aus Technogel, einem Material, das ursprünglich in den Siebziger Jahren für das Gesundheitswesen entwickelt wurde und das Ende der Neunziger Jahre erstmals mit Werner Aisslingers Stuhl Soft Shell Eingang in die Designwelt fand. Die Stärke des Entwurfs liegt in der Beweglichkeit des Produkts: Der Ausguss lässt sich in verschiedene Richtungen ‚kneten’ und verändert dadurch seine Funktion. So kann Up & Down sowohl als konventioneller Wasserhahn als auch als brunnenartige Trinkarmatur genutzt werden.

Verfeinerungen

Dornbracht
wiederum präsentiert neben den digitalen Technologien Smart Water und Ambiance Tuning Technique seine Armaturenserie Mem in einer Rundum-Verfeinerung, die noch mehr Gestaltungsfreiheit und neue Kombinationsmöglichkeiten bietet. Der von Sieger Design entworfene Armaturenklassiker, der zum ersten Mal vor elf Jahren vorgestellt worden ist, wurde nicht nur optimiert und um eine 3-Loch-Batterie für den Wannenrand und eine freistehende Wannenbatterie mit Schwallauslauf und Stabhandbrause ergänzt. Sie setzt auch mit der roségoldenen Oberfläche „Cyprum“ neue Akzente, die auf der Basis von 18-karätigem Gold mit echtem Kupfer hergestellt wird. Eine aufwendige Veredelung kommt auch bei Kaldewei zur Geltung. Die freistehenden Badewannen der neuen Produktlinie Meisterstücke werden in Handarbeit mit einer emaillierten Verkleidung versehen, so dass ihre Innenkörper mit der geradlinigen Geometrie der Wannenschürzen fugenlos zu verschmelzen scheinen.

Flexibel und individuell

Auf Flexibilität setzen die Mailänder Architekten Ludovica und Roberto Palomba, die in Zusammenarbeit mit Matteo Fiorini den Heizkörper Rift für Tubes Radiatori gestaltet haben. Er besteht aus zwei Modulen aus stranggepresstem Aluminium, die horizontal oder vertikal, parallel oder ungleichmäßig aneinandergereiht oder seitenverkehrt angebracht und mit Konsolen oder Handtuchhaltern individualisiert werden können. Seine besondere Stärke ist die leichte Installation: Es ist kein exakter Abstand für den Anschluss an den Wasserkreislauf erforderlich, der bei Rift mittels eines Einfachkollektors mit flexiblem Abstand ausgeführt wird. Leicht zu installieren ist auch der Duschpavillon Wazebo, den die Palombas für Kos konzipierten. Er wurde für den Außenbereich erdacht, bietet jedoch allen Komfort einer normalen Dusche. Seine offene, tubulare Metallstruktur, die selbst auf Rasenflächen Platz findet, wird mit einer Lattenholzwanne komplettiert, die ein natürliches taktiles Gefühl bietet.

Für Natürlichkeit sorgen auch Matteo Thun und Antonio Rodrigues mit einer Sauna und einem Dampfbad für den schwäbischen Hersteller Klafs. Während das Dampfbad ganz in Weiß gestaltet ist, erinnert die lichtdurchflutete Sauna an eine Miniversion Thuns Vigilius Mountain Resort in Bozen. Sie wird von einem Wechselspiel von Holzleisten und Fugen charakterisiert, das trotz der scheinbaren Offenheit den Blick von außen nach innen nahezu unmöglich macht. Und da versteckte Technik bei Thun und Rodrigues Prinzip ist, wurde der Ofen unter einer Bank platziert. Schließlich ist ein guter Entwurf eben eine Frage des Details.


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