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Vorschau auf die Imm Cologne 2015

Pünktlich zum Jahresbeginn zieht die Kölner Möbelmesse das Designvolk an den Rhein.

von Norman Kietzmann, 14.01.2015

Pünktlich zum Jahresbeginn zieht es das Designvolk an den Rhein. Vom 19. bis 25. Januar präsentieren nicht nur die Aussteller der 66. Kölner Möbelmesse imm cologne ihre Neuheiten. Ergänzt wird die Wohnschau von der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Küchenmesse LivingKitchen sowie der Stoffschau Pure Textile. Die Trends der Saison in wenigen Worten: fließende Konturen, leichte Konstruktionen und materieller Vielklang. 

Im Vorfeld einer Messe wird mit Zahlen jongliert wie an der Börse. Auch die 66. Ausgabe der imm cologne, die erneut bis auf den letzten Platz ausgebucht ist, bildet dabei keine Ausnahme. Auf 280.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden 1.300 Aussteller zusammen mehr als 100.000 Möbel und Einrichtungsobjekte zeigen. Ein Drittel davon, so prognostiziert die veranstaltende Kölnmesse, werden Neuheiten sein. 150.000 Möbelinteressierte hatten die imm cologne im vergangenen Jahr besucht. Und vieles spricht dafür, dass dieser Wert dank der parallelen Küchenmesse LivingKitchen sowie der Stoffschau Pure Textile übertroffen wird. Im Fokus stehen aus Designsicht vor allem die Aussteller im Segment Pure, das zusätzlich an Raum gewonnen hat und nun die Hallen 11, 10.1, 3.2, 2.2 und 1 bespielt. Wer sich diese kryptischen Zahlenkombinationen nicht merken kann, sollte schlicht der dunkelblauen Markierung folgen.

Möbel als Kojen
Das Wohnen wird vor allem eines: weich. Selbst die harten Vertreter der Zunft lassen sich davon anstecken. Hat Thonet noch im vergangenen Jahr seine Stahlrohrklassiker in neuen Farben präsentiert, werden die Wohlfühlregler nun deutlich nach oben gefahren. Der rundum gepolsterte Loungesessel 808 von Claudia Kleine und Jörg Kürschner (Büro Formstelle) wartet mit einer prismatisch gefalteten Kunststoffschale auf, die einen schützend umarmt. Damit das Möbel auch haptisch wirkt, wurde mit der deutschen Stoffmanufaktur Rohi ein besonderer, dreidimensionaler Schurwollbezug für diesen Sessel entwickelt.


Eine Abkehr von der kubischen Strenge seiner bisherigen Kollektion vollzieht auch Cor mit dem organisch weichen Sessel Roc von Uwe Fischer. Die runde Sitzfläche und die sich weit nach vorne streckenden, gepolsterten Armlehnen verwandeln das Möbel in einen universellen Begleiter im Haushalt – vom Esstisch bis zum Homeoffice. Auf sanfte Kurven setzt ebenso Poltrona Frau mit einem Entwurf des indischen Designers Satyendra Pahkalé, der sein Büro in Amsterdam unterhält. Der Sessel Assaya ging 2012 aus einem Nachwuchswettbewerb hervor, den die italienische Ledermanufaktur anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums ausgelobt hatte und der nun nach zweijähriger Entwicklungsarbeit in ein fertiges Produkt mündete. Der Clou des Entwurfs besteht im Zusammenspiel aus harten und weichen Lederelementen, als wären ein Fernsehsessel und ein Autositz verbunden worden.

Rund schlägt eckig
Jenseits von Ecken und Kanten geht es auch zu Tisch weiter. Auf das Wechselspiel aus Kreis und Quadrat setzt das deutsche Label New Tendency mit dem Tisch Donald Discussion von Architekt Markus Miessen. In Anlehnung an die Möbelarbeiten von Donald Judd verfügt der Entwurf über eine gedoppelte Tischplatte, sodass Geschirr und Objekte bei Bedarf schnell in der tiefer liegenden Ebene verschwinden können. In der oberen Platte befindet sich eine quadratische Aussparung, weshalb die Tischmitte zur Aufbewahrung von Karaffen, Flaschen oder Pflanzen genutzt werden kann. 

Eine raffinierte Version des Ausziehmöbels präsentiert Ligne Roset. Sartori ist ein runder Esstisch des Pariser Designbüros Delo Lindo, der für sechs Personen ausgelegt ist – und sich dank einer faltbaren Platte für acht bis zehn Personen erweitert lässt. Interessant ist hierbei die Beschaffenheit der Tischplatte, die auf einem Gestell aus massiver Esche ruht. Neben einer hölzernen Ausführung mit Eichenfurnier steht eine Platte aus feinem Steinzeug zur Auswahl.

Sehnsucht nach Patina
Auf eine überarbeitete Materialpalette setzt auch Interlübke. Das westfälische Unternehmen wurde jüngst von einem deutsch-schweizerischen Unternehmerduo übernommen, der nun auf einen neuen Kurs setzt. Als erster Schritt wird eine Qualität ins Visier genommen, die bei Aufbewahrungsmöbeln bislang nur selten eine Rolle gespielt hatte: Sinnlichkeit. Mit neuen Oberflächen aus Schiefer, Kernleder oder Beton können Schrankkuben und Regale personalisiert werden. Zusammen mit patinaaffinen Metallen wie Kupfer und Zink stoßen sie das omnipräsente Weiß vom Sockel und erlauben eine Vielzahl unterschiedlicher Kombinationsmöglichkeiten. 

Exemplarisch werden die neuen Oberflächen mit dem Aufbewahrungs-Programm Mell von Jehs + Laub inszeniert, das neben Side- und Lowboards auch einen filigranen Sekretär umfasst. Auch ein Blick in die Zukunft des Wohnens wird gewagt. Zuvor hatte das Unternehmen den Gestaltern Werner Aisslinger, Frédérique Desvaux, Katja Reiter, Dominik Tesseraux, This Weber und Yvonne Zimprich freien Lauf gelassen. Mit der Ausstellung Interlübke Lab werden die Konzeptstudien auf dem Kölner Messestand präsentiert und sollen Ansätze für weitere Produktentwicklungen in den kommenden Jahren liefern.

Stunde der Klassiker
Auch Klassiker stehen weiterhin hoch im Kurs. Bereits in den vergangenen Jahren hat Ligne Roset eine Kollektion von Pierre Paulin aufgebaut, die auch diesmal um weitere Entwürfe ergänzt wird. Vor allem das aus Stahldraht gefertigte Regal La Bibliothèque Fil, das der französische Gestalter 1972 für sein eigenes Pariser Loft konzipierte, wirkt wie ein Lehrstück in Leichtigkeit. Gelangt dieser Entwurf nun zum ersten Mal in Serienproduktion, erlebt auch das Daybed aus dem Jahr 1953 eine Neuauflage. In der Hochphase der Nierentischästhetik hatte Paulin eine puristische Holzbank ersonnen, auf der Sitz-und Rückenpolster als bewegliche Volumina ruhen. Die heute im Polsterbereich verbreitete Tendenz, Polstermöbel und kleine Beistelltische miteinander zu verschmelzen, wurde vom französischen Altmeister bereits vor über 60 Jahren vorweggenommen. Einem Klassiker der Gegenwart huldigt unterdessen e15 mit einer Sonderschau des Bigfoot-Tisches, mit dem Firmengründer Philipp Mainzer vor 20 Jahren den Massivholztrend ausgelöst hatte.

Klein aber fein
Entdeckungen gibt es auch in der Kompaktklasse. Das Studio Laura Strasser zeigt mit Porcelain Butler eine Beistelltisch- und Hockerfamilie aus einem zunächst ungewöhnlich anmutenden Material: Porzellan. „Ich wollte mit den beiden Produkten zeigen, wie stabil das weiße Gold ist“, erklärt die junge Gestalterin. Um die Praktikabilität ihres Entwurfs zu erhöhen, ruhen die aus Porzellan gefertigten Tischplatten und Sitzflächen auf einem Untergestell aus pulverbeschichtetem Stahlblech. Auf spielerischer Ebene agiert auch die Garderobe Pierrot, die die französische Designerin Pauline Deltour für Alessi entworfen hat. Das Möbel ist ein Bausatz, bei dem aus Buchenholz gedrehte Leisten mithilfe konischer Verbindungselemente aus thermoplastischem Harz miteinander verbunden werden. Steht der nächste Umzug bevor, genügen wenige Handgriffe, um die Garderobe zu einem kompakten Paket zu komprimieren. 

Aussicht
Auch wenn es noch zu früh ist, einen umfassenden Überblick über das Geschehen in der kommenden Woche zu geben, ist die Richtung dennoch klar: Der Wohnraum baut seine Rolle als Rückzugsort weiter aus. Möbel und Objekte werden weicher, runder, flexibler und sinnlicher. An den Kragen geht es scharfen Kanten, schrillem Plastik-Firlefanz und klobigen Kästen. Das Wohnen wird damit zwar nicht neu erfunden. Doch der Alltag gewinnt an Komfort und Praktikabilität. Die schlechteste Nachricht ist das nicht. Ob auch die anderen 33.322 Neuheiten dieser imm cologne überzeugen können, erfahren Sie in Kürze hier bei Designlines.

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imm cologne

www.imm-cologne.de

Special: imm cologne 2015

Das große Designlines-Special zur Kölner Möbelmesse

www.designlines.de

imm cologne 2014

Imperium der Klassiker

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imm cologne 2013

Sichere Kiste

www.designlines.de

imm cologne 2012

Zurück im Ring

www.designlines.de

imm cologne 2011

Auf Holz geklopft

www.designlines.de

imm cologne 2010

Die Entgiftung der Form

www.designlines.de

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