Entspannen im Kloster
Neu- und Umbau von noa* am Gardasee

Hinter sieben Meter hohen Mauern und am nördlichen Zipfel des Gardasees baute das Architektur- und Designstudio noa* aus Bozen den Nebentrakt eines Klosters in ein Hotel um. Im Klostergarten entstand ein neuer Wellnessbereich, dem die ländliche Architektur der Region als Referenz diente.
„Keine neuen Häuser entwerfen, sondern architektonische Geschichten weiterschreiben” – dieser Anspruch steht bei allen Projekten des Südtiroler Architektur- und Designstudios noa* im Vordergrund. Bei ihrem jüngsten Entwurf ging es darum, einem Kloster aus dem 17. Jahrhundert neues Leben einzuhauchen: Im Südflügel des denkmalgeschützten Gebäudes sollte ein Hotel entstehen, das Gästen eine einzigartige Unterkunft am Gardasee bietet.
Akribische Vorarbeit
Im Vorfeld widmete sich das Studio noa* der lokalen Geschichte und den Eigentümlichkeiten des beeindruckenden Gebäudekomplexes. „Jede bauliche Entscheidung, jedes Material und jedes Detail wurde eingehend studiert, um die meditative Ausstrahlungskraft der monumentalen Räume hervorzuheben“, erklärt Architekt Francesco Padovan, der das Projekt betreute. Die Quintessenz daraus lautete, dass in erster Linie der zeitlose Charakter der Räumlichkeiten, der sich aus der Erhabenheit und Strenge der ursprünglichen Architektur ergab, bei den Umbauarbeiten erhalten werden sollte.
Dreistöckiger Szenenwechsel
Die Architekt*innen waren fasziniert davon, wie unterschiedlich sich die Räumlichkeiten im Inneren des südlichen Klosterflügels präsentierten. Auf den insgesamt drei Etagen fanden sie eine facettenreiche Palette aus „konzentrischen Räumen im Erdgeschoss, einem majestätischen
Korridor im ersten Stock sowie einem mit Holzbalken verkleideten Dachgeschoss“ vor, erinnert sich Padovan. Statt diese Unterschiedlichkeiten zu vereinheitlichen, unterstrichen die Planer*innen lieber die Individualität jedes einzelnen Stockwerks: Im Erdgeschoss verbanden sie die großzügigen Gemeinschaftsbereiche durch einen langen Korridor, während sie auf der ersten Etage die ehemaligen, an den Seiten angeordneten Klosterzellen paarweise zusammenführten und daraus Hotelzimmer mit einer Fläche von bis zu 30 Quadratmetern schufen. Weitere zwei Zimmerreihen befinden sich nun auch auf dem Dachboden des Südflügels, dessen Verglasung am Dachfirst nicht nur den Korridor, sondern – dank der Oberlichter – auch die Hotelzimmer mit Licht durchflutet.
Landestypische Moderne
Bei der Gestaltung der Gartenanlage, in welche die Architekt*innen einen 500 Quadratmeter großen Spa-Bereich bauten, diente ihnen aber nicht mehr das Kloster, sondern vielmehr die ländliche Bebauung der Region als architektonische Referenz. Für die Konstruktion der insgesamt sieben Gebäudekörper aus Glas und Metall, die durch ihre wechselseitige Anordnung stimmungsvolle Effekte von vor- und zurückweichenden Volumen erzeugen, verwendeten sie „sehr einfache Elemente und strukturelle Klarheit.“ Der Architekt Francesco Padovan erläutert die Ursprünge dieses Entwurfs: „Die leichten, mit Pfosten und Riegeln versehenen Metallrahmen sind von den Zitronengewächshäusern inspiriert, die für die Landschaft am Gardasee charakteristisch sind“.
Nostalgische Strenge und maßgeschneiderter Komfort
Für die Inneneinrichtung des Hotels orientierten sich die Architekt*innen von noa* dagegen erneut an den strengen Klosterräumen in ihrer Ursprungsform und entwarfen für sie maßgeschneiderte Lösungen, „ohne dabei jedoch auf Komfort, Funktionalität und Ästhetik zu verzichten“, meint der für die Inneneinrichtung verantwortliche Niccolò Panzani von noa*. Die Gemeinschaftsräume des Hotels im Erdgeschoss sind klar strukturiert, der majestätische Mittelflur im ersten Geschoss wurde von noa* bewusst unmöbliert gelassen. Auch die Hotelzimmer auf dieser Etage sind – in ihrer Farb- und Materialwahl – in einem sehr strengen Design gehalten. Die Zimmer im Dachgeschoss dagegen weisen in Form von zarten Farbtönen, Polsterbetten und Keramikleuchten einige moderne Akzente auf.
Ruhe und ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln auch die Räume im Wellnessbereich – durch warme Farben, Holzelemente und Stoffe aus Leinen und Baumwolle. Insbesondere rufen dort die gefrästen Holzpaneele, die immer wieder das stilisierte Design des Granatapfels als Symbol des Klosters aufnehmen, sowie die zur Meditation einladenden Bänke der Biosauna den ursprünglichen Zweck dieses Ortes in Erinnerung: Vor langer Zeit stand im Kloster eben nicht die Entspannung, sondern das Gebet im Mittelpunkt.
FOTOGRAFIE Alex Filz
Alex Filz
Entwurf | noa* network of architecture |
Typologie | Umbau (Hotel) und Neubau (Wellnessbereich) |
Ort | Arco, Trentino (Italien) |
Baubeginn | August 2020 |
Fertigstellung | Mai 2021 |
Fläche | 520 Quadratmeter (Wellness), 3.780 Quadratmeter (Seitenflügel Kloster) |
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