Panorama-Kiste
Eine Hotelkapsel in der Wüste von Granada

Inmitten der Gorafe-Wüste bei Granada ist das Hotel DistrictHive eröffnet worden. Die von Moho Arquitectos entworfenen Wohnkapseln bieten Platz für bis zu vier Personen. Sie öffnen eindrucksvolle Blicke in die Landschaft – fernab von anderen Personen, Straßenverkehr und sonstigen Ablenkungen. Die Idee: Gäste sollen eins werden mit der Natur.
Kapsel ist nicht gleich Kapsel: Während eine Ikone des vorab gefertigten Wohnens – der 1972 in Tokio fertiggestellte Nakagin Capsule Tower von Kisho Kurokawa – derzeit abgerissen wird, sind autonome Wohnmodule im Reisen auf dem Vormarsch. Auf einem Vorgebirge in der andalusischen Gorafe-Wüste können Gäste nun in kompakten Architekturen übernachten, die ohne feste Fundamente auskommen. Die vom spanischen Büro Moho Arquitectos entworfenen Wohneinheiten – Podtels genannt – sind völlig autark: Sie filtern Wasser aus der Luft und gewinnen Strom aus Solarenergie. Mithilfe eines eigens entwickelten Klärsystems werden Abfälle in Asche umgewandelt, während Schmutzwasser in einem zweistufigen Filterprozess wiederaufbereitet wird. Nachdem die erste Hotelkapsel in der spanischen Provinz Granada eröffnet wurde, sind nun weitere Standorte auf verschiedenen Kontinenten in Planung.
Temporäres Verweilen
„Die Auswirkungen auf die Umwelt sind tatsächlich gleich null, da keine lokalen Ressourcen verbraucht werden. Das Hotel wertet die Natur auf, indem es sie zugänglich macht, ohne Spuren zu hinterlassen“, so der Bauherr und Betreiber, das portugiesische Unternehmen DistrictHive LDA. Die transportablen Unterkünfte ruhen auf sechs schlanken Füßen: Wie ein gelandetes Raumschiff, das für einen Moment verweilt und jederzeit an einen anderen Ort weiterfliegen könnte. Die einzelnen Podtels sind in weitem Abstand platziert, um Privatsphäre zu wahren. Die nach eigenen Angaben CO2-neutral produzierten Wohneinheiten können vier Tage ohne Sonnenlicht auskommen und allein durch die Leistung ihrer Batterien funktionieren.
Eintauchen in die Landschaft
Die quaderförmigen Kapseln öffnen sich an den Längsseiten mit bodentiefen Fenstern zur Landschaft. Von außen ist das Glas verspiegelt, sodass sich der Effekt umkehrt. Die mobilen Architekturen werden beinahe unsichtbar. Ihre physische Erscheinung ist auf einen filigranen Rahmen reduziert, der die stark reflektierenden Fensterscheiben einfasst. Der Begriff Immersion – das viel benutzte Zauberwort der Stunde – beschreibt hier nicht das Eintauchen in digitale Welten. Es geht darum, das Erlebnis der physischen Realität zu intensivieren, indem Überflüssiges ausgeblendet wird: andere Personen, Straßenverkehr, Lärm. „Ziel ist es, den Gästen ein unvergleichliches Erlebnis zu bieten, das alle Sinne anspricht. Ein ruhiger Zufluchtsort an einem der schönsten Orte unseres Planeten, um sich zu entspannen und dem Gesang von Mutter Natur zu lauschen“, so der Anbieter.
Puristisches Interieur
Die Podtels bieten Platz für bis zu vier Personen. Im Inneren messen sie 30 Quadratmeter, fünf weitere Quadratmeter entfallen auf die Terrasse. Wohnen, Kochen und Essen sind in einem Gemeinschaftsraum gebündelt. Das Schlafzimmer ist mit einem Doppelbett ausgestattet und kann durch ein weiteres, verstecktes Bett auf die zweifache Kapazität erweitert werden. Hinzu kommen ein 5,15 Quadratmeter großes Badezimmer sowie eine 3,3-Quadratmeter-Kammer für technische Anlagen und Aufbewahrung. Schränke und Regale sind in die Wände eingelassen, um Platz zu sparen und zugleich einen aufgeräumten Eindruck zu erzeugen. Sämtliche Innenwände und Möbel sind in Dunkelgrau und Schwarz gehalten, sodass keine visuelle Konkurrenz zur umliegenden Landschaft entsteht. Das Interieur definiert einen neutralen Rahmen, der dem Genuss der Natur Vorrang gibt. Auf der Terrasse kann man sich in eine Hängematte fallen lassen, um nachts den Sternenhimmel und am Tag die dramatische Wüstenlandschaft zu beobachten.
Mobile Vernetzung
Den Gästen steht rund um die Uhr ein digitaler Concierge-Service zur Verfügung. Der Check-in erfolgt ebenso über eine spezielle App wie das Öffnen der Eingangstür und die Steuerung von Beleuchtung, Temperatur, Musik. Die Füllanzeigen für Batterien oder Statusberichte zur Wasserproduktion und -qualität werden ebenfalls digital kontrolliert. Auch können Lebensmittel und Getränke on demand bestellt werden. „Die Kapsel wird von einer künstlichen Intelligenz, dem Hivemind, gesteuert. Sie ist intuitiv und unterstützt die Gäste während ihres gesamten Aufenthalts, um ihnen ein hochtechnologisches und vernetztes Erlebnis zu bieten, während sie sich entspannen und die traumhafte Landschaft in absoluter Privatsphäre genießen“, erklärt der Anbieter. Nachdem das erste Kapselhotel in der spanischen Provinz Granada eröffnet wurde, sind nun weitere Standorte auf verschiedenen Kontinenten in Planung. Was wohl Kisho Kurokawa (1934-2007), der Erbauer des Nakagin Capsule Tower, zur touristischen Wiederbelebung des Kapselwohnens sagen würde?
FOTOGRAFIE Dani Guindo
Dani Guindo
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