Wand mit Verstand
Apartment von Proctor & Shaw in Marylebone
Das Londoner Architekturbüro Proctor & Shaw verwandelte ein großzügiges Einzimmerapartment in eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern und überraschender Wandkonstruktion.
Ein Zimmer, Küche, Bad. So sah der ineffiziente Grundriss einer Wohnung vor dem Umbau durch das Büro Proctor & Shaw aus. Gelegen in einem historischen Gebäude im Londoner Stadtteil Marylebone bestand die Herausforderung für die Architekten darin, den Grundriss so umzugestalten, dass es Platz für zwei Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad und einen großen Wohn- und Essbereich mit offener Küche hat.
Dabei spielte die Geschichte des Hauses den Architekten in die Hände. „Das oberste Stockwerk des Gebäudes wurde nach im Krieg erlittenen Bombenschäden wieder aufgebaut", erklärte Architekt Mike Shaw. „Das bedeutete, dass die bestehende überspannende Betonstruktur eine vollständige Neukonfiguration der nicht tragenden Innenwände erlaubte, um den Raumwünschen des Kunden gerecht zu werden. Die schöne freitragende Terrazzo-Treppe im Treppenhaus aus dieser früheren Renovierung in den Fünfzigerjahren gab auch den Stil für eine handwerkliche Herangehensweise und eine reiche materielle Textur vor.“
Um die 75 Quadratmeter effizient zu nutzen, arbeiteten die Architekten mit passgenauen Einbauten für die Küche, Bäder und Schlafzimmer. Auch Möbel wie der Esstisch mit Platz für acht Personen ist eine Sonderanfertigung nach ihren Plänen. Dass die Wohnung nicht kühl wirkt, ist der ungewöhnlichen Wandkonstruktion zu verdanken: Die Schlafzimmer befinden sich hinter einer hölzernen, profilierten Sichtschutzwand. Sie erstreckt sich über die gesamte Länge des zur Straße hin ausgerichteten Wohnraums. Doch die Wand erfüllt mehr als nur einen dekorativen Zweck: Sie bietet auch Raum für Küchengeräte wie den Kühlschrank, der dahinter fast unsichtbar verschwindet, oder die Einbauschränke. Zudem dient sie als Sichtschutz zwischen Eingang und Wohnraum.
Ihre besondere Struktur erhält die Holzwand durch mit Lauge behandelte Leistenprofile. Sie modulieren die Oberfläche und schaffen eine subtile Textur, die durch die charakteristische Maserung des Douglasienholzes belebt wird. Bündig gefertigte, rahmenlose Türen und dezent eingearbeitete Griffe sind in den Holzprofilen verborgen. Sie schaffen Überraschungsmomente und machen die Wand zu einem künstlerisch gefertigten Objekt zum Anfassen. Durch fünf Meter lange, durchgehende und massive Dielen aus Douglasienholz von Dinesen setzt sich das Holzthema auch auf dem Boden fort.
FOTOGRAFIE Ståle Eriksen
Ståle Eriksen