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Schlafen bei den Stars

Unterwegs in den Hotels berühmter Architekten

Hotels sind mehr als Übernachtungsstätten. Sie sind räumliche Erlebnisverstärker. Manchmal geht ihre Wirkung so weit, dass sie mehr zur Destination werden als der Ort, an dem sie sich befinden. Auf einer japanischen Insel, in portugiesischen Weingütern und inmitten eines chinesischen Glücksspielparadieses sind wir fündig geworden.

von Norman Kietzmann, 01.07.2020

Bei der Planung eines Hotels geht es zu wie in der Küche eines Gourmetrestaurants. Damit das komplexe Menü gelingt, müssen alle beteiligten Akteure reüssieren. Architekten sind an dieser Stelle im Vorteil, denn sie können sowohl die äußere Hülle als auch das Innenleben planen und sie im Idealfall zu einer perfekt kombinierten Einheit verbinden. Spannende Lösungen sind allerdings nicht nur dort zu finden, wo man aus dem Vollen schöpfen, sprich alles von Tabula rasa aus neu entwerfen kann. Wenn ein Hotel historische Räume oder nicht immer erstklassige Nachkriegsbauten bespielt, ist umso mehr Fantasie gefragt. Die Architektur kann Anziehungspunkt und Qualitätsgarant sein. Auf jeden Fall ein wirkungsvolles Mittel gegen das Banale. Wir sind auf Entdeckungsreise gegangen und führen Sie zusammen mit Rem, Jean, Zaha, Tadao, Kengo, Marcio, John, Doriana und Massimiliano um den Globus.

7132 HOUSE OF ARCHITECTS  
Ort: Vals, Schweiz Zimmer: 73  Architekten: Zumthor, Mayne, Kuma, Ando

Gleich vier auf einen Schlag: Direkt neben Peter Zumthors berühmter Felsentherme liegt das Hotel 7132 House of Architects – benannt nach seiner Postleitzahl und der Pluralität seiner Inneneinrichter. Diese konnten weder die Fassade des Sechzigerjahrebaus verändern noch die Zimmergrößen von bescheidenen 20 Quadratmetern. Doch dafür durfte die Gestaltung etwas plakativer ausfallen. Thom Mayne (Morphosis) schuf eine Höhle aus jenem dunklen Valiser Quarzit, der auch für die Therme Verwendung fand, und platzierte eine freistehende Dusche mit einer Hülle aus quietschgelbem Glas neben das Bett. Farbe spielt auch für Peter Zumthor eine wichtige Rolle, der seine Zimmer mit Wänden aus rotem, gelbem und schwarzem Stucco Lustro versah – und mit der Leuchte Fun von Verner Panton subtiles Disko-Feeling einbrachte. Tadao Ando umgab seine holzgetäfelten Zimmer mit der asketischen Aura eines Teehauses. Und Kengo Kuma brach wie gewohnt aus der kubischen Strenge aus und ließ Eichenholzpaneele an Wand und Decke in dynamischem Kurvenschwung ineinander übergehen.

BENESSE HOUSE 
Ort: Naoshima, Japan  Zimmer: 39  Architekt: Tadao Ando

Naoshima ist eine acht Quadratkilometer große Insel im Südosten von Okayama, wo in den letzten zwei Jahrzehnten eine ganze Sammlung japanischer Architekturikonen entstanden ist. Die wichtigsten Gebäude entstammen der Feder von Tadao Ando, darunter das Chichu Art Museum, das Lee Ufan Museum sowie das Benesse House. Letzteres beherbergt nicht nur eine reich gefüllte Kunstsammlung. Man kann dort ebenso übernachten und zu später Stunde völlig ungestört durch die Sammlung spazieren. Den Gästen stehen vier Gebäude zur Auswahl: Museum ist direkt an die Ausstellungsräume angeschlossen und verfügt über acht Zimmer und zwei Suiten. Park gehört zu den wenigen Holzbauten, die Tadao Ando bisher entworfen hat und verfügt über 39 Zimmer und zwei Suiten. Beach ist ein weiteres Holzhaus, das acht Suiten aufnimmt und nah an das Meer und das Wellenrauschen heranrückt. Der vierte Anbau sitzt auf einem Hügel und wird durch eine Einschienenbahn mit dem Museum verbunden. Den Namen Oval trägt der Sichtbetonbau nicht ohne Grund: Schließlich gruppieren sich die sechs Zimmer um einen ovalen Innenhof mit Wasserbecken, der ins Erdreich eingelassen ist und sich zum Himmel öffnet.

POTATO HEAD STUDIOS
Ort: Bali, Indonesien Zimmer: 168  Architekten: OMA 

Hotels sind eine Typologie, um die Rem Koolhaas und sein Office for Metropolitan Architecture (OMA) bisher einen Bogen gemacht haben. Auf Bali haben die Niederländer nun ihre erste Herberge realisiert. Das Potato Head Studios soll keines der üblichen Ressorts sein, die sich von der Außenwelt abschotten. Von der Straße führt ein Durchgang in einen öffentlichen Hof und von dort aus weiter zum Poolbereich und Strand. Die 168 Zimmer und Suiten sind in einem zweigeschossigen Baukörper untergebracht, der einen quadratischen Ring formt. Eine architektonische Handschrift zeigt sich bei der Möblierung. Bett, Sitzbereich, Badewanne und Ablagen sind als Kuben organisiert, die von gleichbreiten „Straßen“ durchbrochen werden und so an das Modell einer miniaturisierten Stadt denken lassen.

IS MOLAS RESORT
Ort: Pula, Italien  Zimmer: 80  Architekten: D.& M. Fuksas

Das Organische und Hybride bestimmt die Architektursprache von Doriana und Massimiliano Fuksas. Doch es muss nicht immer nur Hightech sein. Für das Is Molas Resort auf Sardinien hat sich das Gestalterpaar von der Kultur der Nuraghen inspirieren lassen, die ab 1.600 v. Chr. die Mittelmeerinsel besiedelten. Der Hotelkomplex umfasst mehrere Villen, die mit schräg gestellten Wänden sowie abgerundeten Ecken und Dachübergängen aufwarten. Der rötliche Putz wurde mit lokalen Pigmenten gefärbt, um ihn sowohl an die Farbe der umliegenden Felder anzupassen sowie an die Steinplatten, mit denen die Terrassen und Außenbereiche der Villen ausgelegt sind. Im Inneren kommen samtbezogene Stühle, Sessel und Sofas aus der Kollektion Dolly zum Einsatz, die Doriana und Massimiliano Fuksas für Baxter entworfen haben und geradewegs aus den Fünfzigerjahren stammen könnten. Die Zeiten werden mutig durcheinander gewürfelt.

MORPHEUS HOTEL
Ort: Macao, SAR China  Zimmer: 772  Architekt: Zaha Hadid Architects

Macao ist das Spielerparadies von Asien – und macht mit seinen 40 Kasinos rund sechsmal so viel Umsatz wie Las Vegas. Die Hotels versuchen sich gegenseitig zu übertrumpfen – nicht nur mit der Anzahl ihrer Spieltische, sondern ebenso mit ihrer Architektur. Genau an dieser Stelle kommt Zaha Hadid ins Spiel. 2012 hat sie mit der Planung des 160 Meter hohen Morpheus-Hotels begonnen, das 2018 eröffnet wurde und Teil des Kasinokomplexes City of Dreams ist. Hingucker ist das stählerne Exoskelett, das die beiden Betontürme und die dazwischen liegenden Verbindungsbrücken umhüllt. Die ausgehöhlte Gebäudeform soll an chinesisches Jade-Schnitzwerk erinnern, wenngleich der Bau im Grunde überall stehen könnte. Im Inneren des Atriums fahren zwölf gläserne Aufzüge, in denen die Dynamik der Konstruktion umso deutlicher wird. Die Möblierung der Zimmer, Suiten und „Skyvillen“ wurde von Remedios Studio aus Hongkong übernommen, die mit schwungvollen Wandverkleidungen und Bettkopfteilen die Architektursprache aufgreifen. Den besten Ausblick gibt es vom Außenpool auf der 40. Etage.

RENAISSANCE BARCELONA FIRA HOTEL
Ort: Barcelona, Spanien  Zimmer: 357  Architekt: Jean Nouvel

Club Tropicalia! Nur wenige Kilometer von seinem Torre Agbar entfernt, realisierte Jean Nouvel ein zweites Hochhaus in der katalanischen Hauptstadt. Im Inneren des Renaissance Barcelona Fira Hotel erstreckt sich ein vertikaler Garten auf 110 Metern Höhe. Den Ausblick über die Stadt genießen die Gäste nicht durch schnöde, bodentiefe Fenster. Sie schauen durch Öffnungen in Form von stilisierten Palmenblättern, die die Fassadenelemente aus Beton durchbrechen.

HOTEL MARQUÉS DE RISCAL ELCIEGO
Ort: Elciego, Spanien  Zimmer: 43  Architekt: Frank O. Gehry

Ein typischer Gehry-Bau, mitten in den Weinbergen von Marqués de Riscal in der Rioja-Region. Das schimmernde Metall ist in sinnlichen, rot-violetten Farbtönen gehalten, als hätte sich ein vom Wein benebelter Reif auf ihm niedergelassen. Das äußere Formengewitter überträgt sich auf das Atrium und einige Fensterfronten. Die Zimmer und Suiten sind hingegen als Kuben gestaltet. In einigen von ihnen sind die Wände und Vorhänge in sattem Weinrot gehalten. Mit der Wandleuchte Cloud von Belux findet auch ein Designentwurf des kalifornischen Architekten Verwendung. Eine Flasche Wein empfängt jeden Gast zur Begrüßung.

L’AND VINEYARDS RESORT
Ort: Montemor-o-Novo, Portugal  Zimmer: 26  Architekt: Marcio Kogan 

Auch der Brasilianer Marcio Kogan hat eine Schwäche für guten Rotwein. Östlich von Lissabon gestaltete er das L’AND Vineyard Resort. Alle 26 Suiten messen stattliche 120 Quadratmeter und verfügen über eigene Terrassen mit Feuerstellen und Blicken auf einen See, die Weinberge oder das nahe gelegene Städtchen Montemor-o-Novo. Zehn Suiten sind zudem mit großformatigen Oberlichter ausgestattet, um den in dieser Region besonders klaren Sternenhimmel beim Einschlafen zu beobachten. Bei der Möblierung ließ sich Kogan von dänischen Möbeln aus den Fünfziger- bis Siebzigerjahren inspirieren. Neben einigen Originalen und Wiederauflagen aus dieser Zeit wurden ebenso Möbel des portugiesischen Architekten João Serôdio in die Einrichtung integriert.

THE JAFFA
Ort: Tel Aviv, Israel  Zimmer: 120  Architekt: John Pawson 

Die 4.000 Jahre alte Hafenstadt Jaffa ist das historische Zentrum von Tel Aviv. In den Räumen eines Pilgerhospizes aus dem 19. Jahrhundert entstand das Luxushotel The Jaffa, entworfen vom Londoner Minimalismus-Guru John Pawson und seinem israelischen Projektarchitekten Ramy Gill. Beim Umbau wurde eine Mauer aus der Kreuzfahrerzeit entdeckt und in die Lobby integriert. Ein neuer Pool wurde in den Arkadien-gesäumten Hof eingefügt. Eine ungewöhnliche Transformation erlebte die Kapelle, in der einst französische Nonnen gebetet haben. Sie wurde in eine Bar umgewandelt. Ein interessantes Detail sind die perforierten Fensterläden im neu hinzugefügten Gebäudeflügel. Sie filtern das Sonnenlicht nicht vollständig, sondern lassen ein ornamentales Schattenmuster über Boden und Wände wandern. 

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Links

7132 House of Architects

www.7132.com

Benesse House

www.benesse-artsite.jp

Potato Head Studio

www.potatohead.co

Is Molas Resort

www.ismolas.it

Morpheus Hotel

www.cityofdreamsmacau.com

Renaissance Barcelona Fira Hotel

www.marriott.de

Hotel Marques de Riscal

www.marriott.de

L'AND Vineyard Resort

www.l-and.com

The Jaffa

www.marriott.de

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