Zirkuläres, Erhellendes & Entspannendes
Unsere Highlights der Milan Design Week 2024 – Teil 2

Ein Highlight jagte das nächste: Bei der diesjährigen Mailänder Designwoche war das Angebot an Events, besonderen Orten sowie spannenden Installationen so groß und vielfältig, dass ein Nachbericht allein nicht ausreicht. Im zweiten Teil unseres Fuorisalone-Specials lassen wir Upcycling-Ideen, Designexperimente und neu interpretierte Handwerkskunst Revue passieren.
Oase der Ruhe
Der Design Space AlUla ist eine Galerie im kreativen AlJadidah Arts District der saudiarabischen Stadt AlUla. Diese Galerie präsentierte nun erstmals ein Projekt im Rahmen der Mailänder Designwoche. In Brera war eine limitierte Kollektion von Objekten zu sehen, die von saudischen und internationalen Designer*innen aus über acht Ländern konzipiert und produziert wurden. Die Werke entstanden in Auseinandersetzung mit dem historischen Erbe und einem zeitgenössischen Designverständnis. Sie verbinden traditionelle Handwerkskunst mit modernsten Fertigungstechniken und nachhaltigen Materialien. Kuratiert wurde die Installation in der Mediateca Santa Teresa vom niederländischen Architekturstudio CLOUD und vom Studio Sabine Marcelis. Der sakral anmutende Raum wurde beherrscht von einer großen pastellrosa Sitzinsel, in deren Mitte ein kleines Tischchen zum Teetrinken einlud. Die ausgestellten Objekte entlang der Wände schienen nachrangig: Zelebriert wurde ein Ort der Ruhe und Entspannung inmitten des hektischen Design-Rummels.
Leuchtender Palazzo
Im Palazzo Visconti, der üblicherweise eher ein Hotspot der Mailänder Fashion Week ist, inszenierte der italienische Leuchtenhersteller Flos seine Produkte in einem gekonnten Zusammenspiel aus alt und neu, historisch und modern. Meterhohe Spiegelflächen fassten die teils großzügigen Leuchten ein, die häufig im Ensemble angeordnet waren, und reflektierten die prunkvollen Wandbemalungen und -verzierungen. Dadurch entstand ein nahezu immersives Erlebnis, das die bestehende Architektur noch größer erscheinen ließ. Der Raum wurde illuminiert von Objekten wie der neuen, großformatigen Bellhop von Barber Osgerby oder der Kollektion IC10 von Michael Anastassiades, die in diesem Rahmen ihr zehnjähriges Jubiläum mit neuen Größen und Finishes feierte.
Generationenübergreifende Gestaltung
Nach dem Tod seiner Eltern fand der Architekt Amos Goldreich rund 10.000 Pläne, Fotos, Entwürfe und Prototypen, die die beiden aus ihrer eigenen, teils gemeinsamen Arbeit hinterlassen hatten. Auf dieser Basis gründete er das neue Label Tamart, das pünktlich zur Designwoche in Mailand gelauncht wurde. Der Name beruht auf einer Kombination der Vornamen seiner Eltern: Tamar de Shalit (1932–2009) und Arthur Goldreich (1929–2011). Im Rahmen der Ausstellung Design Variations by Mosca Partners in einer umfunktionierten Garage aus den Fünfzigerjahren, gestaltet von dem Architekten Marco Zanuso, waren die unterschiedlichen Sitzmöbel sowie Ess- und Beistelltische zu sehen. Besonders die durchdachte Konzeption der Präsentation von Amos Goldreich machte die Objekte sowie die Geschichte des Unternehmens leicht verständlich und zugänglich. Eine Vielzahl an privaten Fotografien und Zeichnungen erlaubte einen Einblick in das Leben und Denken des sympathischen Paares, dessen Entwürfe nun nicht mehr nur auf dem Papier existieren.
Schönheit des Materialkreislaufs
Der Spazio Maiocchi nahe der Porta Venezia hat sich in den letzten Jahren zu einem festen Anlaufpunkt während der Mailänder Designwoche etabliert. Für die Ausstellung 100R hatte das norwegische Unternehmen Hydro in diesem Jahr Designer*innen eingeladen, Produkte aus recyceltem Aluminium herzustellen. Hydro Circal 100R ist das weltweit erste Post-Consumer-Aluminium, das einen CO2-Fußabdruck von weniger als 0,5 Kilogramm CO2e pro Kilogramm Aluminium aufweist. Für die Installation verwandelten die Designer*innen Inga Sempé, Max Lamb, Andreas Engesvik, Shane Schneck, Rachel Griffin, John Tree und Philippe Malouin unter der Leitung des norwegischen Designers Lars Beller Fjetland das gebrauchte Aluminium in makellose, schöne Designobjekte – eigentlich viel zu schade, um irgendwann wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt zu werden.
Handgefertigte (Perlen-)Leuchten
Zwischen Kunst, Design und Beleuchtung bewegte sich die Installation von Foscarini im Spazio Monforte. Diese entstand gemeinsam mit dem Künstler und Designer Andrea Anastasio und dem in Indien gegründeten Unternehmen Amal, das handgefertigte Stickereien für die Haute Couture herstellt. In der Designstudie ging es um den Forschungsprozess zwischen Idee und Produkt – nicht um die konkrete Umsetzbarkeit in Form von Serienproduktion. Wie bei dem Projekt Battiti vor zwei Jahren lenkt der Künstler den Blick auf eine traditionelle Handwerkskunst, die er auf zeitgenössische Weise interpretiert: Mit Perlen, Pailletten und Streifen aus lasergeschnittenem PET untersucht er das Zusammenspiel von Licht und Materialität und vereint dabei die Expertise von Foscarini mit der Technik der Stickerei. Die Formen reichen von mit bunten Glasperlen bestückten Metallrahmen bis hin zu Vorhängen aus Perlenfäden. Ein inspirierender Forschungsansatz mit wunderschön anzuschauenden Objekten.
Im ersten Teil unserer Highlights der Milan Design Week ging es um VILLEN, LEUCHTEN & MATERIALINNOVATIONEN
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