Projekte

Innovation macht Schule

École du Zénith im ländlichen Kanada von Pelletier de Fontenay

Die Institution Schule braucht ein Makeover oder sogar eine echte Reform – aus pädagogischer ebenso wie aus architektonischer Sicht. In der kanadischen Provinz Quebec entstehen derzeit mehrere Modellprojekte aus dem „Schullabor“, eins davon ist die École du Zénith, die aus einer Kooperation der Architekturbüros Pelletier de Fontenay und Leclerc Architectes aus Montreal hervorgegangen ist.

von Uta Gelbke, 24.10.2024

Es häufen sich weltweit Symposien, Ausschreibungen und Förderprogramme dazu, was den Schulbau der Zukunft kennzeichnen könnte. Wie sieht ein gutes Haus zum Lernen aus? Wie schafft Architektur inspirierende Räume und Atmosphären, die die Gemeinschaft fördern? Auch in Kanada kommt den Bildungshäusern der nächsten Generation zunehmend Aufmerksamkeit zu. Lab-École (dt.: Schullabor), eine gemeinnützige Organisation, die verschiedene Disziplinen vereint und vom Bildungsministerium der Provinz Quebec finanziert wird, hat erstmals seit den 1960er-Jahren einen Schularchitekturwettbewerb in Quebec ausgeschrieben. Ziel war es, das Programm, die Organisation und die Bauweise von Grundschulen zu erneuern. Das Siegerprojekt der Büros Pelletier de Fontenay und Leclerc Architectes aus Montreal wurde nun fertiggestellt.

Pavillons im Wald
Die Schule École du Zénith steht in Shefford, einer kleinen Gemeinde, die rund anderthalb Autostunden von Montreal entfernt liegt. Sie ist umgeben von Wald und einer sanften Hügellandschaft, darunter auch der namensgebende Mount Shefford. Auf den Berg hat man einen ausgezeichneten Blick, wenn man im Innenhof des neuen Schulgebäudes steht. Es ist ein Ensemble aus fünf miteinander verbundenen Baukörpern. Die von den Architekt*innen als „Pavillons“ bezeichneten Gebäudeteile unterscheiden sich in Größe und Nutzung, alle öffnen sich jedoch zum gemeinsamen Hof. Der Hof dient als Erschließungsraum, Pausenbereich und Ort der Gemeinschaft. In den Pavillons sind je vier Klassenräume als Cluster um einen gemeinschaftlichen Arbeitsbereich organisiert. Der Hauptpavillon beherbergt die Verwaltung, die Tagesbetreuung und gemeinsam genutzte Einrichtungen des Lehrbetriebs. Auch die Sporthalle ist in die Pavillonstruktur des Ensembles integriert. Aufgrund der niedrigen Höhe der Baukörper liegt sie im Untergeschoss und kann vom höher gelegenen, breiten Korridor eingesehen werden.

Eins mit der Natur
Wesentliches Entwurfsmotiv war die Umgebung: Architektur und Landschaft sollten möglichst fließend ineinander übergehen. Die Grenze zwischen innen und außen ist daher keine Linie, sondern eher ein Schwellenraum, bestimmt durch große Öffnungen in der Fassade und breite, überdachte Vorbereiche, die den gesamten Hof umfassen. Auch die weit nach unten gezogene Dachfläche ist mit Öffnungen versehen, die Tageslicht in den Innenraum lassen und zugleich die Jahreszeiten und Wetterbedingungen erfahrbar machen. Neben zwei großen Verglasungen in der geneigten Dachfläche sind vor allem die dreiecksförmigen Schornsteine auffällig, die jeden Pavillon krönen und Zenitlicht einfallen lassen – daher auch der Name der Schule. Die neuen Außenbereiche ergänzen die Naturerfahrung durch zahlreiche Bäume, Sträucher, Stauden und Wildblumen aus der Region sowie einen Gemüsegarten.

Stall oder Schule?
Die gedrungene Form der Pavillons – eingeschossig mit großer Gebäudetiefe und metallverkleideter, geneigter Dachfläche – erinnert an die Wirtschaftsgebäude eines Bauernhofs. Kein Zufall, denn die Architekt*innen wollten Gebäude schaffen, die den Kindern aus ihrer Umgebung vertraut sind. Im Innenraum beweist sich die Kubatur als erstaunlich vielseitig. Räume mit doppelter Höhe bilden gemeinschaftliche Arbeitsbereiche in der Mitte der Cluster, die von mehreren Klassen geteilt werden. Zwischenebenen mit Sitztreppen bieten erhöhte Rückzugsmöglichkeiten. Das Ensemble sollte einfach und komplex zugleich sein – eine in ihrer Form und Organisation leicht verständliche und dennoch räumlich reichhaltige Architektur. Den Architekt*innen ist es gelungen, Raumangebote, die in ihrer Art und Größe unterschiedlich sind, in einer reduzierten, einheitlichen Bauform zusammenzufassen und in Einklang mit dem Naturraum zu bringen. Es bleibt zu hoffen, dass das Schule macht.

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Links

Entwurf

Pelletier de Fontenay

pelletierdefontenay.com

Leclerc architectes

leclerc-architectes.com

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