Projekte

Zwischen Ehrfurcht und Erneuerung

Neugestaltung von Verner Pantons Clubraum im Spiegel-Verlag Hamburg

Studio Besau-Marguerre gestaltet den Clubraum des Spiegel-Verlags neu – farbig, flexibel und als Hommage an Verner Panton, der die Räume 1969 entwarf.

von Lilian Ingenkamp, 01.09.2025

Der Spiegel-Verlag hat einen neuen Clubraum – und ein gestalterisches Statement – erhalten. Mit dem Umbau des 155 Quadratmeter großen Bereichs schlägt das Hamburger Designstudio Besau-Marguerre eine visuelle Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Im Zentrum: das farbenfrohe Erbe Verner Pantons, das mit subtilen Zitaten, Originalmöbeln und einer klaren Raumgliederung ins Hier und Jetzt überführt wird. „Schließlich ist die Verehrung für Panton im Haus ungebrochen“, sagt Eva Marguerre. „Und der Raum wird von den Mitarbeitern sehr geschätzt.“

Hommage mit Haltung
Die Auseinandersetzung mit dem dänischen Designvisionär war intensiv. „Wir sind in der Vorbereitung tief in das Werk Verner Pantons und insbesondere seine Arbeit für den Spiegel eingetaucht“, beschreibt Eva Marguerre das Vorgehen. Das Studio sichtete Archivmaterial, sprach mit Mitarbeitenden – und fand eine überraschend lebendige Beziehung zur historischen Gestaltung. Viele der einst von Panton entworfenen Objekte wurden über Umzüge hinweg erhalten, teils von Angestellten persönlich aufbewahrt. „Einige Möbelstücke stammen aus dem Original-Interieur Pantons“, erklärt Marcel Besau. „Eines stand in Rudolf Augsteins Büro, das andere im Konferenzraum.“

Diese Exemplare, darunter das ikonische grüne Knoll-Sofa und Pantons Spiral-Leuchten, dienten als Ausgangspunkt eines neuen, klar gegliederten Raumkonzepts. „Für Panton hatte Farbe immer eine Funktion“, so Marguerre. „Das deckt sich mit unserer Haltung, auch wenn wir sie anders interpretieren – weniger opulent und schwer, eher grafisch und klar. Wir nennen es einen verspielten Purismus.“

Zoniert, wandelbar, einladend
Der Clubraum ist mehr als ein dekoratives Zitat vergangener Zeiten. Er ist ein funktionaler Ort für Begegnung, Rückzug, Austausch – und er verändert sich durch die Nutzung täglich. Drei farblich definierte Zonen strukturieren das Geschehen: Eine Lounge in Grüntönen, ein zentraler Bartresen in leuchtendem Gelb und ein pinkfarbener Rückzugsbereich, in dem ein Sofa aus Pantons ehemaligem Besprechungsraum den Ton angibt. Die gelbe Farbwelt verbindet die Zonen nicht nur formal, sie definiert auch das funktionale Herzstück: den maßgefertigten Bartresen mit innenliegendem Stauraum, eingelassenem Kühlschrank und versteckter Abseite für Barzubehör. Ein geschwungener Vorhang trennt den Bereich bei Bedarf ab – zum Beispiel bei Veranstaltungen. Während des Arbeitsalltags wird dort im Stehen gearbeitet, diskutiert, improvisiert.

Der Clubraum in Bewegung
Die Raumstruktur ist so flexibel wie die Nutzung. Sofas auf Rollen, mobile Whiteboards, modulare Regale, Hocker und Hochtische ermöglichen immer neue Konfigurationen – für informelle Meetings, Workshops, Co-Working oder auch Feiern. Semi-transparente Vorhänge schaffen visuelle Leichtigkeit und verbergen gleichzeitig Technik wie Monitore oder Stehpulte. Auf Knopfdruck verwandelt sich der Clubraum zur Bühne, zur Diskussionsarena – oder zur Tanzfläche. „Es macht Spaß zu sehen, wie das Konzept angenommen wird“, erzählt Eva Marguerre. „Die Möbel stehen bei jedem Besuch anders.“ Mal linear, mal vis-à-vis – wie lebendige Module eines wandelbaren Möbelsystems.

Spiegelbilder
Ein zentrales Gestaltungselement zieht sich in schimmernden Tönen durch alle Zonen: verspiegelte Oberflächen. Sie finden sich auf Beistelltischen, Pflanzgefäßen und auf der North-Leuchte des Designduos. Mal baumelt sie wie eine große Paillette von der Decke, mal ist sie vielfach und streng geometrisch an der Wand installiert – ein Zitat, das an Pantons berühmte Leuchtenwand im Spiegel-Verlag erinnert, bei der er das Licht wie ein raumgroßes Mosaik zu einer flirrenden Fläche formierte.

Gestern, heute, miteinander
Mit dem Clubraum ist ein Ort entstanden, der über seine gestalterische Qualität hinaus auch ein kulturelles Statement setzt. Farbe als Ausdruck von Identität, Möbel als Träger von Erinnerung, Licht als Vermittler von Atmosphäre. In ihrer Summe erzählen sie von einem Verlag, der seine Geschichte kennt – und bereit ist, sie neu zu schreiben.

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Projektinfos
Fertigstellung: 2025
Gesamtfläche: 155  m2
Möbel; Punct Object, punct handelsgesellschaft mbH
Links

Enturf

Studio Besau Marguerre

besau-marguerre.de

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