Cardio im Wunderland
Ein Salzburger Fitnessclub von Masquespacio
Der Gründer des King Kong Clubs in Salzburg ist überzeugt, dass Trainieren das neue Ausgehen ist – und hat mithilfe des spanischen Designstudios Masquespacio eine Welt geschaffen, die jedem Nachtclub Konkurrenz macht. Dank Neon und Aluminium, gleißenden Lichträumen und nachtschwarzen Trainingsflächen wird Sport zu einem kollektiven Erlebnis mit Abenteuerfaktor.
Eigentlich verwundert es, dass Masquespacio bisher noch keinen Club gestaltet hat: Dem Duo, bestehend aus Ana Milena Hernández Palacios und Christophe Penasse, gelingt es wie kaum einem anderen Designbüro, stringente Szenarien und expressive Universen zu entwerfen. Räume, die einen mit dem Schritt über die Schwelle in ihre eigene Welt katapultieren, so wie der Kaninchenbau Alice ins Wunderland brachte. Diesmal ist Masquespacio die perfekte Illusion im King Kong Club in Salzburg gelungen. Dort sollen die Gäste jedoch nicht (in erster Linie) tanzen, sondern den Körper unter Gewichten, mit Seilen oder in Boxhandschuhen zum Schwitzen bringen. Der Gorilla im Namen lässt es schon erahnen: Es handelt sich um ein Sportstudio. Untergebracht ist es in einem Stadtteilzentrum aus dem Jahr 2008, unter dessen weit auskragenden Dach die Anwohner*innen Bibliothek, Seniorenzentrum und ein Veranstaltungszentrum, aber auch eine Bäckerei und eine Drogerie finden. Zuletzt haben sich mit einem Co-Working-Büro – namens Kong Base – und dem King Kong Club in der Neuen Mitte zwei Angebote dazugesellt, die den Anschluss an ein jüngeres Publikum suchen.
Techno, Training, Teamarbeit
Hinter dem Boutique-Fitnessstudio steckt mit Max Schirnhofer jemand, der sich mit Leistungssport auskennt: Er ist zwölffacher Staatsmeister im Judo und arbeitete nach seiner aktiven Karriere als Personal Trainer. Dort vermisste er aber die sozialen Momente des Trainings in der Gruppe – und Räume, die motivierend auf die Sportler*innen wirken. Deshalb gründete er den King Kong Club, den er als Trainer führt – und beauftragte Masquespacio mit der Gestaltung der Räume, die sich anfühlen sollten wie ein „Spektakel“, nicht zuletzt auch, weil Schirnhofer glaubt, dass der Besuch im Fitnessstudio die gleiche Qualität haben sollte wie ein Besuch im Club. Schirnhofer formulierte seine gestalterische Vision als „eine Mischung aus Achtzigerjahre-Techno-Style und Cyberpunk“. Mit Blick auf die dekonstruktivistischen Elemente des Gebäudes mit seiner eloxierten Aluminiumfassade schlug Masquespacio zusätzlich vor, Futurismus zum Metathema zu machen und Science Fiction und Raumfahrt zu stilprägenden Einflüssen.
Beam me up, Gorilla
Schon von außen wirkt das Fitnessstudio eher wie ein NASA-Headquarter, das abends mit viel Neonlicht die Passant*innen an die Schaufenster zieht. Dort entdecken sie hinter Rezeption und Bar eine monochrom silberne Aufenthaltsfläche, die Masquespacio fast ausschließlich aus Lüftungs- und Klimaanlagenrohren konstruiert hat. Sie bilden Bänke, Tischbasen, Hocker und Pflanzgefäße. Mal sind sie aus vertikal angeordneten Abschnitten zu Rückenlehnen gruppiert, mal mäandern sie als Rohrsystem auf verschiedenen Ebenen durch den Raum und werden mithilfe von Polsterauflagen zur Sitzgelegenheit. Akzente setzen einige neonblaue Tisch- und Sitzflächen aus Acrylglas sowie Grünpflanzen, die die Rohrenden besiedeln. Der Treffpunkt der „Kongmmunity“ erinnert an die Kommandobrücke eines Schiffs der Sternenflotte, aus der es über eine Treppe in die Trainingsräume in der ersten Etage geht.
Jeder für sich und alle gemeinsam
Die vier Trainingsräume sind eine Hommage an die Clubszene. Sie sind nachtschwarz gestrichen und bilden einen größtmöglichen Kontrast zum Eingangsbereich mit seiner gleißend weißen Lichtdecke. Hier, im eigentlichen Sportbereich, erleuchten nur einige farbige Neonröhren das Dunkel. Mal in Blau, mal in Magenta lassen sie im Zusammenspiel mit großen Spiegelwänden die Raumgrenzen verschwinden und schaffen eine intime Atmosphäre. Die Sportler*innen trainieren gemeinsam und können sich – ohne den Blicken anderer ausgesetzt zu sein – auf ihr eigenes Programm konzentrieren. Die Umkleideräume hingegen sind gekachelte White Cubes, in denen das Fugenraster zum grafischen Element wird. In der Wand hinter einer zweiseitig umlaufenden Bank sind die Spinde untergebracht, gegenüber wechseln sich Spiegelflächen mit Neonröhren ab. Auch die Duschen setzen auf quadratische Standardfliesen, tauchen den Raum aber in neonblaues Licht und schaffen so den ästhetischen Schulterschluss zum Eingangsbereich. Masquespacio vergleicht den Besuch im King Kong Club mit einer Expedition in fremde Welten: „Die Community wird auf eine lebendige und einzigartige Reise mitgenommen, von dem Moment, in dem der Gast ankommt, bis zu dem Moment, in dem er geht.“
FOTOGRAFIE David Johansson
David Johansson