Raum für Gemeinschaft
Kirchenneubau von Henning Larsen im dänischen Skanderborg
Backstein, Eichenholz, Messing – das sind die Materialien, mit denen Henning Larsen im jütländischen Skanderborg arbeitet. Dort hat das dänische Architekturbüro eine Kirche gebaut, die durch ihre Gestaltung ein inklusiver, offener Ort für die wachsende Gemeinde sein soll.
In Zeiten, in denen viele Kirchen geschlossen und anschließend umgenutzt werden, ist ein Neubau eine Ausnahme – und für Henning Larsen dennoch kein Neuland. Bereits in den Neunzigerjahren realisierte das Büro die aus minimalistischen weißen Baukörpern zusammengesetzte Enghøj-Kirche in Randers. Außerdem ist im Kopenhagener Stadtteil Ørestad ein weiteres Gotteshaus als Holzkonstruktion in Planung. Statt von Gebäuden für die Glaubensausübung sprechen die Architekt*innen lieber von einer „modernen Herangehensweise an die Spiritualität“.
Inklusiver Ort
Die neue Kirche befindet sich in Højvangen am Rand von Skanderborg, einer Stadt im Osten Jütlands mit rund 20.000 Einwohner*innen. Es ist der erste Kirchenneubau der Gemeinde seit 500 Jahren. Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der sich wandelnden Zusammensetzung der Einwohner*innen wurde sie als offener, inklusiver Ort konzipiert, der verschiedenen Zwecken dienen soll. Einige Räume sind multifunktional gestaltet und werden nicht nur für religiöse Zeremonien, sondern auch als Versammlungs- oder Veranstaltungsräume genutzt. „Die flexible Gestaltung und die offene Struktur unterstützen ein breites Spektrum an Aktivitäten – und spiegeln den Wandel in der heutigen Nutzung von Kirchen wider“, erklären die Architekt*innen.
Dänische Bautraditionen
Das 1.500 Quadratmeter große Gebäude ist sichtbar der dänischen Bautradition verpflichtet – sowohl im Innen- als auch im Außenraum. Dies zeigt sich besonders in den verwendeten Materialien und Farben: Sie sind hell, hochwertig und auf Langlebigkeit angelegt. Werkstoffe wie Eichenholz und Messing entwickeln im Lauf der Zeit eine schöne Patina und bieten zudem haptische Qualitäten.Im Mittelpunkt des eigentlichen Kirchenraums, der über keine ausgewiesene Vorder- oder Rückseite verfügt, steht ein schlichtes, kreisrundes Taufbecken. Auffällig sind auch die gestaffelten Fenster, die Ausblicke in alle Richtungen ermöglichen – auf den umliegenden Wald, den Kirchturm, den Friedhof und das bestehende Kirchenzentrum.
Es werde Licht
Licht spielt im Kirchenbau seit jeher eine zentrale Rolle – sowohl im spirituellen als auch im räumlichen Sinn. Die wellenförmige Fassade der Højvangen-Kirche erzeugt faszinierende Lichtspiele, die sich im Tagesverlauf verändern. Dazu tragen besonders die großzügigen Fensterflächen mit den vorgelegten perforierten Backsteinwänden bei. Die Muster wirken äußerst dekorativ und streuen das natürliche Licht diffus. So wird die direkte Sonneneinstrahlung gemildert und Blendeffekte vermieden.
Made in Denmark
Dass die Innenräume offen, hell und einladend wirken, liegt nicht nur an der Lichtführung, sondern auch an der Möblierung. Besonders erwähnenswert ist der eigens für das Projekt entworfene Ekko Chair. Von Brdr. Krüger vollständig in Dänemark gefertigt, besteht er aus zertifiziertem Hartholz für das Gestell und einer geflochtenen Sitzfläche aus Leinen. „Seine Konstruktion basiert auf traditionellen Zapfen- und Schlitzverbindungen, die aus zeitgenössischer Sicht neu interpretiert wurden“, sagen die Gestalter*innen. Die Zusammenarbeit mit dem dänischen Möbelhersteller markiert zugleich die Rückkehr von Henning Larsen ins Möbeldesign – nach rund 60 Jahren.
Wechsel von Intimität und Gemeinschaft
Eingebettet in einen baumbestandenen Landschaftspark, spielt auch der Außenraum eine wichtige Rolle im Konzept eines offenen, gemeinschaftlich genutzten Ortes. Intime Plätze zur stillen Reflexion wechseln sich ab mit Bereichen für Begegnung. Selbst die Fassaden sind aktiviert – etwa durch eingelassene Sitznischen. „Mit der neuen Kirche in Højvangen sind wir der theologischen Tradition treu geblieben“, sagt die Architektin Eva Ravnborg von Henning Larsen. „Gleichzeitig haben wir sie als einen Ort neu interpretiert, der sowohl Alltag als auch Feste, Freude und Trauer beherbergt.“
FOTOGRAFIE Rasmus Hjortshøj Studio Rasmus Hjortshøj Studio
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