Projekte

Schwarze Hülle, weißer Kern

Abstrakter Umbau eines Schwimmbads in der Bretagne von Atelier RAUM

Saint-Méen-le-Grand liegt ein bisschen im Nirgendwo der bretonischen Landschaft, zur malerischen Küste sind es noch etliche Kilometer. Mit dem Umbau des öffentlichen Hallenbads hat Atelier RAUM jedoch ein sehenswertes Architekturprojekt geschaffen, das nicht nur den Bedarf der Gemeinde deckt, sondern künftig auch Besucher*innen anlocken dürfte.

von Uta Gelbke, 24.09.2025

Angesichts der vielen maroden oder bereits wegen Geldmangel geschlossenen Schwimmbäder in kleinen Gemeinden und Städten fragt man sich auch hierzulande, wie ein Ausweg aus dem Dilemma gefunden werden kann. Denn das Schwimmen ist nicht nur eine Freizeitaktivität, sondern überlebenswichtig. Der Mangel an Bademeister*innen ist bereits eine Herausforderung, die sanierungsbedürftige Infrastruktur umso mehr. Wie ein baufälliges Hallenbad aufgewertet werden kann, zeigt ein Blick nach Frankreich.

Ein Gemeinschaftsprojekt
Die Gemeindegemeinschaft Saint-Méen Montauban hatte einen öffentlichen Wettbewerb für eine Sanierung und Erweiterung  des bestehenden Schwimmbads ausgelobt, den das Büro RAUM aus Nantes für sich entscheiden konnte. Neben den baulichen Mängeln waren vor allem das unzureichende Raumangebot und das fehlende Kinderbecken ein Grund für die Baumaßnahme. Als Antwort darauf wurde der bestehende Bau in zwei Richtungen erweitert, um zusätzlich zu dem sanierten Becken Platz für ein neues Sportbecken, ein Planschbecken für Kinder und einen separaten Verwaltungsbereich zu schaffen. Eine besondere Herausforderung stellte die benachbarte Kirche aus dem 12. Jahrhundert dar, sodass es während der Bauphase regelmäßige Abstimmungen mit der Denkmalschutzbehörde gab. Die rund 5 Millionen Euro Baukosten des Projekts wurden von allen Städten der Gemeindegemeinschaft getragen, um eine Einrichtung anbieten zu können, in der Kinder aus verschiedenen Schulen schwimmen lernen.

Dunkle Außenhaut
Für das Entwurfskonzept waren die schiefergedeckten Satteldächer des Bestandsbaus bedeutend, die noch in gutem Zustand waren. Das Planungsteam entschied sich dafür, die Dachform und Materialität in den angebauten Gebäudeteilen fortzusetzen und so die handwerkliche Arbeit der Dachdecker*innen zu würdigen. Um jedoch nicht nur das Bestehende nachzuahmen und trotz der Komplexität des mehrteiligen Gebäudes einen harmonischen Zusammenhang zu schaffen, wurde die Fassade umlaufend mit einer Holzverkleidung versehen. Da es erforderlich war, sowohl die bestehenden Fassaden aus Holz und Betonsteinen neu zu dämmen, als auch die Fassaden des Anbaus zu isolieren, wurde die baukonstruktive Notwendigkeit mit dem Anspruch einer einheitlichen Gestaltung verbunden. Nun ergänzt die schwarz lasierte Holzverkleidung die dunkle Schieferdeckung der Dächer und hebt die gesamte Anlage von den umgebenden Wohnbauten und der Kirche ab.

Heller Innenraum
Im Gegensatz zum dunklen Erscheinungsbild der Fassade basiert die Innenraumgestaltung auf der Kontinuität der weißen Kacheln: Die helle Farbgebung findet sich auch an Wänden und Dachuntersicht sowie den frei liegenden Holzfachwerkträgern wieder, die das Erholungsbecken im Bestandsbau überspannen. Ähnlich wie bei der Fassade dient die einheitliche Farbgebung dazu, die Vielfalt der baulichen Elemente aus Betonsteinen, Dachstuhl, Leitungen und Akustikplatten zu einem ruhigeren Raumeindruck zusammenzufassen.

Leichtigkeit und Schwere
Für den lang gestreckten Anbau mit Sportpool wurde ein asymmetrisches Holztragwerk konzipiert, um das Schwimmbecken mittig zu überdecken und zugleich die nur auf einer Seite angeordneten Lagerräume zu integrieren. Richtung Süden ist der Anbau vollflächig verglast und die Träger werden von schlanken Stahlstützen abgefangen, sodass sich den Schwimmer*innen ein freier Blick auf die Kirche und das angrenzende Sportfeld eröffnet. Die durchgängige Materialität erzeugt an der Fassade einen starken Kontrast aus transparentem Glas und weit heruntergezogener, massiv wirkender Dachfläche.

Atelier RAUM konnte mit dem Projekt zeigen, dass es selbst unter den räumlichen Einschränkungen eines Ortszentrums und einer denkmalgeschützten Nachbarbebauung wirtschaftlicher und CO2-effizienter ist, den Bestand zu sanieren und zu erweitern, als einen Neubau auf unbebauter Fläche zu errichten. Das Projekt schafft eine neue Verbindung zwischen Hallenbad und Umgebung, die das Schwimmen zu einem besonderen Erlebnis werden lässt.

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Links

Entwurf

Atelier RAUM

www.raum.fr

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