Stadt aus Papier
Alles bunt in Tokio: Eine Papierinstallation von Emmanuelle Moureaux.

Eben noch wähnte man sich in der kühlen Welt eines 70er–Jahre-Hochhauses im Finanzdistrikt Tokios – auf einmal tut sich ein Farbenmeer vor, oder besser: über einem auf. 100 colors heißt die Installation der französischen Architektin Emmanuelle Moureaux, die nicht nur eine Reminiszenz an das bunte Stadtbild der japanischen Metropole sein soll. Sie lädt auch zur Partizipation ein und will zum Gradmesser für die aktuelle Lieblingsfarbe der Bewohner werden.
100 colors ist eines der Projekte des Shinjuku Creators Festa 2013, das die Bedeutung des Stadtteils als urbaner Impulsgeber für die Stadt Tokio hervorheben soll. An verschiedenen Orten stellen Künstler eigens angefertigte Arbeiten und Projekte aus, die sich mit dem Viertel auseinandersetzen. Die Mitte der 90er Jahre nach Japan gezogene französische Designerin und Architektin Emmanuelle Moureaux hat im Mitsui Building, einem der ältesten Hochhäuser der Stadt, eine ganz persönliche Hommage an ihre ersten Eindrücke der Stadt geschaffen: „Als ich in Tokio ankam, war ich fasziniert von der überwältigenden Farbenvielfalt in den Straßen. Das war der Moment, in dem ich beschloss, nach Japan zu ziehen."
Dreidimensionaler Farbverlauf
Straßenschilder, Leuchtreklamen und Strommasten, dahinter die unterschiedlich geformten Volumen der Hochhäuser: Für Emmanuelle Moureaux sind diese Stadtbausteine „unauslöschliche, dreidimensionale Layer", die eine Inspiration für ihr Projekt 100 colors darstellten. Die Farbenflut der Tokioter Straßen kreiert „eine komplexe Tiefe“ und teile nicht nur, sondern „schaffe auch Raum“, sagt die Architektin. Für die Installation wählte sie beim traditionellen, japanischen Papierhersteller Takeo 100 Farben aus einem Sortiment, das mehrere tausend kolorierte Muster umfasst. Jeweils acht Bögen ordnete sie zu einer Reihe an und befestigte sie mit transparenten Fäden an der Decke. Wie ein dreidimensionaler Farbverlauf, der durch jeden Windhauch ins Wanken gerät, schwebt das Werk im Eingangsbereich des Hochhauses und löst bei den Betrachtern fast kindliche Gefühle aus: Büroangestellte setzen sich minutenlang auf die unter der Installation verteilten Sitzsäcke und verlieren sich in den Papierreihen; oder sie versuchen das Objekt durch heftiges Pusten in Bewegung zu bringen.
Finde Deine Lieblingsfarbe
Die Besucher sollen die Arbeit Moureauxs aber nicht nur konsumieren, sie sollen auch partizipieren: An der längs entlanglaufenden Wand wurden 100 Farbpunkte befestigt, und jedem Ausstellungsgast wurde angeboten, einen kleinen, runden Aufkleber neben seiner Lieblingsfarbe zu hinterlassen. So entstand über Wochen hinweg ein sich stetig veränderndes Kunstwerk, das noch dazu eine visuelle Aussage über den aktuellen Farbtrend Tokios offenbart. Für Emmanuelle Moureaux war das erst der Anfang: Die Ausstellung wird in verschiedene Städte rund um den Globus wandern – Lieblingsfarben sind schließlich überall verschieden.
Mehr von unserem Farb-Special: Hier geht es zur Übersichtsseite ...
FOTOGRAFIE Daisuke Shima, Nacasa & Partners
Daisuke Shima, Nacasa & Partners
Mehr Projekte
Leben im Schweinestall
Historisches Stallgebäude wird modernes Familienheim

Surferträume im Reihenhaus
Umbau eines Sechzigerjahre-Wohnhauses in Norwegen von Smau Arkitektur

Ästhetik trifft Funktion
Küchenoberflächen und -materialien im Fokus

Wabi-Sabi am Hochkönig
Boutiquehotel stieg’nhaus im Salzburger Land von Carolyn Herzog

Faltbarer Transformer
Ein ländliches Wochenendhaus in Argentinien von Valentín Brügger

Funktionale Fassaden
Verschattung im Bestand und Neubau

Schwarze Hülle, weißer Kern
Abstrakter Umbau eines Schwimmbads in der Bretagne von Atelier RAUM

Lebendiges Labor
Umbau einer Büroetage zum dynamischen Testumfeld

Mehr Stimmung als Stromverbrauch
Innovative Beleuchtung von Fagerhult im Bol-Headquarter

Wohnhaus in Kurvenlage
Neubau mit rundem Garten in Südkorea von Sukchulmok

Architektur zum Anbeissen
MoDusArchitects verwandeln das Loacker-Flaggschiff in Heinfels in eine räumliche Erlebniswelt

Palazzo mit Patina
Umbau eines apulischen Anwesens durch das Architekturbüro Valari

Alte Scheune, neues Leben
Historisches Gebäude in Tübingen wird zu modernem Wohnraum

Ein Office für alle Fälle
Ippolito Fleitz Group und Brunner gestalten den Beiersdorf Campus in Hamburg

Gebaut für Wind und Wetter
Ferienhaus im schwedischen Hee von Studio Ellsinger

Ein Dorfhaus als Landsitz
Wohnumbau von Ricardo Azevedo in Portugal

Ein offenes Haus
Feministischer Wohnblock Illa Glòries von Cierto Estudio in Barcelona

Harte Schale, weicher Kern
Unkonventionelles Einfamilienhaus in Mexiko von Espacio 18 Arquitectura

Zwischen Bestand und Zukunft
Umbau einer Kölner Doppelhaushälfte durch das Architekturbüro Catalanoquiel

Transparenter Lückenfüller
OPA gestaltet das Restaurant Plumbago in Mexiko-Stadt

Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur

Baden unter Palmen
Studio Hatzenbichler gestaltet ein Wiener Loft mit Beton und Grünpflanzen

Charlottenburger Altbau(t)räume
Office Space von BBPA am Berliner Fasanenplatz

Maßgeschneidertes Refugium
Georg Kayser Studio verbindet in Barcelona Altbau-Charme mit modernem Design

Rückzugsort im Biosphärenreservat
MAFEU Architektur entwirft ein zukunftsfähiges Reetdachhaus im Spreewald

Im Dialog mit Le Corbusier
Umbau eines Apartments im Pariser Molitor-Gebäude von RREEL

Zwischen Ehrfurcht und Erneuerung
Neuer Clubraum im Spiegel-Verlag Hamburg von Besau Marguerre inspiriert von Verner Panton

Transparenz und Diskretion
Neue Arbeitswelt der Sparda-Bank in Dresden von Architekten Hoppe

Warschauer Retrofuturimus
Apartment mit markantem Raumteiler von Mistovia Studio

Gestalten im Dreieck
Multifunktionale Section80 Bar in Mailand von Studio Wok
