Wohnliche Exzentrik
Fabian Freytag gewinnt Best of Interior Award 2023
In diesem Jahr wurden erneut Innenarchitekt*innen und Interiordesigner*innen mit dem „Best of Interior Award“ des Callwey Verlags ausgezeichnet. Der 1. Preis ging an den Berliner Architekten Fabian Freytag, der im „Apartment Phoenix“ die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts aufleben ließ. Das Buch zum Award ist ab dem 18. Oktober erhältlich.
Was macht einen Wohnraum zu einem Ort mit hoher Aufenthaltsqualität? Welche Faktoren sind nötig, damit ein Apartment oder Gebäude zu einem echten Zuhause wird? Im Rahmen des Best of Interior Awards, ausgelobt vom Callwey Verlag, werden diese Fragen alljährlich neu beantwortet und in einem Buch versammelt. Es umfasst 50 Projekte, die von einer Fachjury aus allen Einreichungen ausgewählt wurden. Fünf davon wurden mit einer Anerkennung und eines wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Außerdem wurden fünf Produkte des Jahres in der Kategorie „Architects’ Choice“ gekürt und ein Fotografiepreis vergeben.
Der Mailänder Architekt und Designer Hannes Peer hatte im Jahr zuvor mit der Gestaltung eines Apartments namens Casa Ortello die Jury überzeugt und durfte dieses Jahr Teil der sechsköpfigen Entscheiderrunde sein. An der Seite von Pia A. Döll (bdia), Johannes Hünig (Schöner Wohnen), Ute Laatz (Freie Redakteurin), Johanna Neves Pimenta (md Interior Design Architecture) und Annette Schimanski (Redakteurin baunetz interior|design) kürte er die diesjährigen Gewinner*innen. Dieses Jahr ging der Hauptpreis an Fabian Freytag.
Historische Exzentrik
Der Name Apartment Phoenix legt den Gedanken an Wiederauferstehung nahe – und das trifft bei diesem Renovierungsprojekt in Berlin-Charlottenburg durchaus zu. In einem Gebäude, das aus den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts stammt, erschuf Fabian Freytag ein glanzvolles Materialwunder auf 130 Quadratmetern. Es ist eine Parallelwelt, ein Rückzugsort vom Berliner Leben. Das Gestaltungskonzept nimmt aber auch Bezug auf die Historie des Ortes, denn Assoziationen von Prunk und Party der Goldenen Zwanziger stehen unmittelbar im Raum – und zwar wortwörtlich. Edles Nussbaumholz, Texturen und Marmor umgeben einen im Herzstück des Apartments, dem Koch- und Wohnbereich. Perfekt eingehüllt wird die Szene durch pistaziengrüne Wände und smarte Einbauten. An der Decke wird durch Farbe die Illusion eines Zeltdachs erzeugt. Fabian Freytag gelingt es, Gold und Glamour der Zwanziger mit einem erstaunlichen Feingefühl für den Bestand und für Materialien in die heutigen Zwanzigerjahre zu übersetzen.
Subtile Farbigkeit
Die Interiordesignerin Constanze Ladner verwandelte in Mainz ein altes Pfarrhaus in ein Zuhause für ihre Familie. Dabei verwendete sie drei Erfolgswerkzeuge, wie Johanna Neves Pimenta in ihrer Laudatio schreibt, und zwar „Mut zur Farbe, Materialgespür und gezielter Innenausbau“. Besonders das Farbkonzept wird in diesem Projekt zum Schlüsselmoment: Rosa, Rot, Salbeigrün oder ein leuchtendes Gelb verleihen den Räumen, die zum Teil nur wenig Tageslicht erhalten, eine neue Strahlkraft. Klug gedachte Maßeinbauten, neue Sicht- und Raumachsen – ohne große Eingriffe in den Grundriss – und eine angenehme Materialpalette schaffen Aufenthaltsqualitäten und eine Wohlfühlatmosphäre.
Leiser Luxus
In der Einfachheit liegt häufig eine besondere Kraft, was in einem Münchner Apartment deutlich zum Ausdruck kommt. Die kleine Single-Wohnung mit nur 49 Quadratmetern benötigte ein ausgeklügeltes Konzept, das das Team von Studio Holzrausch mit einigen Tricks und einer großen Portion Detailverliebtheit entwickelte. Einbauten aus der hauseigenen Werkstatt werden zu Stauraum, Ablage- und Sitzfläche. Um das Bad mit Tageslicht zu versorgen, wurde ein Durchbruch zur Küche geschaffen. Durch diesen Eingriff wird ein Element aus Nagelfluh-Naturstein zum Waschtisch und Spülbecken zugleich. Ein zurückhaltendes Farbkonzept verbindet alle Räume miteinander und sorgt für einen stillen Luxus, der genug Möglichkeit zur Individualität lässt.
Authentisch in den Bergen
In den Südtiroler Bergen gestalteten RP Architects einen Ferienort, der sich gegen Klischees wehrt und stattdessen auf Zeitlosigkeit setzt. Das Bewahren der historischen Bausubstanz sowie eine Naturverbundenheit standen dabei im Vordergrund. Dabei wurden unter anderem heimische Hölzer für die Erneuerung verwendet, um den ursprünglichen Charme des ehemaligen Gehöfts in neuem, modernem Gewand wiederherzustellen. So gelang eine unprätentiöse Symbiose aus Alt und Neu, die Erholungsuchende anlocken und entspannen soll.
Vision aus Holz
Die Innenarchitektin Katja Ewich plante ihr eigenes Zuhause in Hösbach bei Aschaffenburg als ganzheitliches Konzept von innen nach außen. In dem Familiendomizil treffen Beton und Holz in einer besonderen Symbiose aufeinander. Die Betonflächen an Wänden und Boden sind nur imprägniert worden, es wurde auf Estrich oder Fliesen verzichtet. Einen Kontrast bilden die Einbauten und Verkleidungen aus Fichte und Birkensperrholz, die die Innenarchitektin sorgfältig plante und von ihrem Partner, einem Schreiner, mit einer CNC-Fräse umsetzen ließ. Räume mit unterschiedlichen Deckenhöhen sorgen für ein spannendes Raumgefühl. Eine kreisrunde Aussparung in der Decke gibt den Blick auf den Himmel frei und leitet zusätzliches Tageslicht ins Innere.
Raum zum Träumen
In einem Berliner Townhouse schuf Studio Lineatur auf 42 Quadratmetern einen klug konzipierten Treffpunkt für eine Familie und deren Freunde. Der weitläufige Raum mit einer Deckenhöhe von 4,5 Metern wurde zoniert und erhielt einen Barbereich sowie eine großzügige Sitzlandschaft. Das Materialkonzept mit hellem Holz, Kalkputz und creme-beigefarbenen Möbelstücken schafft Wärme und Aufenthaltsqualität. Hochwertige Einbauten und der maßgefertigte Bartresen verleihen dem Raum eine einheitliche Wirkung, die zu gemütlichem Beisammensein einlädt – ohne dass dabei die Praktikabilität oder Funktionalität auf der Strecke bleibt.
Warme Lichtstimmung
Für ihren besonderen Blick wurde die Fotografin Marina Denisova von der Jury mit dem Fotografiepreis ausgezeichnet. Sie schaffte es, in dem Berliner Townhouse von Studio Lineatur das natürliche Licht einzufangen und es wie ein eigenes Gestaltungsmittel wirken zu lassen, schreibt der Laudator Johannes Hünig.