Märchenhafte Figuren
Jay Sae Jung Oh erschafft neue Objekte aus Abfall und Leder
Als Designstudentin an der renommierten Cranbrook Academy of Art in Michigan hatte Jay Sae Jung Oh eine Erkenntnis, die sich nur schwer mit dem Erlernten vereinbaren ließ. Sie sollte Produkte entwickeln, die einen geringen ökologischen Fußabdruck haben und an nachhaltigen Prinzipien arbeiten. Doch auf dem Heimweg lief sie an Mülltonnen vorbei, in denen sich Abfälle auftürmten. Ihre Projekte und diese ernüchternde Realität konnte sie nur schwer in Einklang bringen und entschied sich daher für eine neue Herangehensweise. Sie sammelte die Reste ein und versuchte, sie in ihren Universitätskursen einzubringen. So entstand die Idee, Möbel zu gestalten. Und diese mündete schließlich in eine Serie namens Salvage.
Zunächst schnürte und klebte sie Objekte mit Jutebändern zusammen, inzwischen verwendet sie strapazierfähiges naturbelassenes oder schwarzes Leder. Die Materialien aus dem Abfall werden zunächst mit Epoxidharz übergossen und so zur einer Struktur vereint. Schließlich nutzt Jay Sae Jung Oh Klebstoff, um die Lederschnüre zu befestigen. Im finalen Schritt gibt eine Versiegelung dem Entwurf den letzten visuellen und konstruktiven Schliff. Eine haptisch spannende Textur überzieht die Sitzmöbel, Leuchten und Tische, die sie kreiert. Die Objekte sind funktional, aber erscheinen in ihrer Form wie aus Träumen oder Märchen entsprungen.
Neben Funden, die entsorgt werden sollten, setzt die Künstlerin auch Gegenstände ein, die aus ihrer Kindheit stammen oder die eine persönliche Bedeutung für sie haben. So kann man zum Beispiel die Form eines Teddybären an einem Pflanzengefäß erkennen. Die Verspieltheit, die erst nach und nach Einzug in ihre Arbeit hielt, stellt einen Kontrast zur glänzenden Regelmäßigkeit der Objektoberflächen dar. Jay Sae Jung Oh heißt auch die Brüche mit der Perfektion willkommen: die Kratzer, Dellen und Abnutzungspuren, die entstehen, wenn ihre Produkte ausgestellt werden. Die Tendenz zu mehr Chaos und Unregelmäßigkeit führt sie auf ihre Zeit im Studio des italienischen Designers und Architekten Gaetano Pesce zurück, die sie sehr geprägt hat.