Das Mondholzhaus
Graubündener Waldhütte von Gion A. Caminada feiert die Natur

Partner: Girsberger
Es gibt sie, diese Orte, die eigentlich keiner Architektur bedürfen. Und doch passiert es manchmal, dass ein Haus solch einen Platz komplettiert, eine Symbiose mit ihm eingeht. Genau das ist auf einer kleinen Bergwiese im Schweizer Kanton Graubünden geschehen. Für die Plong Vaschnaus (Schafswiese) genannte Lichtung entwarf der Schweizer Architekt Gion A. Caminada eine Waldhütte, die eine wunderbare und einzigartige Fusion aus Raum, Topografie, Material und Konstruktion bildet.
Die Tegia da vaut Domat-Hütte ist eine Schule im Wald: Hier sollen alle in Waldberufen tätigen Menschen der Region naturnah unterrichtet werden. Aber auch interessierte Schulklassen und Vereine können sich hier über die Besonderheiten der regionalen Landschaft und ihrer Tierwelt informieren. Naheliegend, dass der Architekt das Baumaterial in der unmittelbaren Umgebung gewinnen wollte.
Kurviges Schindelgewand
Das auf einer leicht abfallenden Wiese, südlich der Gemeinde Domat/Ems, gelegene Gebäude strahlt eine angenehme und ruhige Selbstverständlichkeit aus – und dennoch ist es keine einfache Waldhütte. Dafür sorgt alleine die geschwungene Geste des Daches. Fast wie bei einem japanischen Teehaus kragt die Hausbedeckung aus und beschreibt eine leichte Kurve nach oben, entgegengesetzt zum abfallenden Gelände. Von der Dachkante hinab legen sich Holzschindeln wie ein weiches Gewand an die Fassade und verleihen der Tegia da vaut Domat ihren heimeligen, einladenden Charakter. Während sich der Bau zu drei Seiten fast komplett verschließt, öffnet er sich an einer Front mit großformatigen Fenstern zum Wald hin. Der Einschnitt im Gebäude wird durch einen tiefen Rücksprung geschützt, der eine schmale Terrasse ausbildet. Durch die bodentiefen Fenster strömt nicht nur Tageslicht hinein, sie bilden die außen liegende Natur wie auf Leinwänden ab und lassen Haus und Landschaft verschmelzen.
Alles Holz
Für den Architekten Gion A. Caminada haben „der Ort selber und die darin vorgefundenen Baustoffe“ die Idee der Tegia da vaut Domat geformt. Das Material Holz, und damit das in die Verarbeitung einbezogene Handwerk, spielte von Anfang an eine große Rolle: „Der fähige Handwerker versteht es, den Eigenschaften eines Materials Ausdruck zu geben“, beschreibt Caminada. Für die Konstruktion der Hütte wurden fast alle Bestandteile der – für den Bau gefällten Weißtannen – genutzt, die alle aus dem gleichen Mondholzschlag stammen. Nichts erschien unbrauchbar. Dank unterschiedlicher Verarbeitungstechniken bekam jede Holzoberfläche ihr eigenes Gesicht: glatt, strukturiert, geschichtet, gebogen, mit und ohne Details. Das Material bildet den Raum und schafft eine warme Atmosphäre. Sogar die Akustik ähnelt der eines Waldes: Geräusche werden durch die weiche Oberfläche der Weißtanne geschluckt, Gespräche gedämpft.
Auch das Mobiliar, eine Sonderanfertigung des Schweizer Möbelherstellers Girsberger, fügt sich nahtlos in das Gesamtbild ein und trägt mit zu dem Gefühl von Geborgenheit bei, das den Besucher sofort erfasst, wenn er die Hütte betritt. Für Jürg Girsberger und „insbesondere die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Firma war es daher Herausforderung und Freude zugleich, das eigenständige Mobiliar für diesen außergewöhnlichen Raum mit seiner sinnlichen Atmosphäre zu fertigen.“ Innerhalb von nur drei Monaten wurden ein völlig neuer Stuhl sowie eine darauf abgestimmte Bank und ein Tisch entwickelt, die aus dem gleichen Holz gefertigt sind wie das restliche Baumaterial. Genau wie das Dach ist die Sitzfläche leicht geschwungen. Verbunden mit einem Gestell aus rohen, ebenfalls gebogenen Eisenstangen mit sichtbaren Schweißnähten, entstand ein Objekt, das – genau wie die Architektur – so wirkt, als wäre es schon immer da gewesen. Vielleicht hat aber auch einfach nur das Material seinen angestammten Platz im Wald zurückerhalten, in einer Architektur, die eine einmalige Nähe zur Natur schafft.
FOTOGRAFIE Ralph Feiner
Ralph Feiner
Mehr Projekte
Alles im Kasten
Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne
Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach
Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz
Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik
Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise
Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon
Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau
Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte
Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne
Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte

Mut zur Transparenz
Architekturbüro Hawkins\Brown bezieht eine Londoner Ladenfläche

Geschmackvolle Pausenräume
Kantinen und Cafeterien mit Aufenthaltsqualität

Wohnliche Praxis
Clinique Monkland in Montreal von Atelier Échelle

Arbeiten im Wohlfühlbereich
Neugestaltung der Innenräume des Fiandre-Hauptsitzes von Iosa Ghini Associati

Neues Leben im alten Amt
Sanierung eines Dresdner Baudenkmals

Ruhe und Ratio
Ein ehrlich gemütliches Büro in Tokio von DDAA

Einschneidende Geste
Umbau des VdK-Büros in Stuttgart von Studio Alexander Fehre

Amtsstube mit Wohlfühlfaktor
Notariat in Affoltern am Albis von Hobiger Feichtner

Filmreife Kulisse
Ein Arbeitsplatz in Berlin-Kreuzberg als cineastische Hommage von RHO

Futuristisches Fachwerk
Holz-Hybrid-Gebäude in Heilbronn von Waechter + Waechter Architekten

Multifunktionaler Kulturtreffpunkt
1zu33 gestaltet ein Autohaus in Hamburg

Schutz vorm Schall
Wohnliches Büro von Kami Blusch in Berlin

Beton in Reinform
MAAS & PARTNER ziehen in alten Münsteraner Industriebau

Transparenz und Offenheit
Innenausbau eines Bürogebäudes in München von Lang Hugger Rampp Architekten

Wohldosiertes Grün
Durchdachtes Office-Konzept in Siegsdorf von raumweltenheiss

Die Stadt im Blick
MRDK gestaltet Office in Montrealer Hochhausikone

New Work und die Schokoladenfabrik
Blockfarbenbunte Bürowelt für Ritter Sport von Ippolito Fleitz

Ressourcenschonende Spinnerei
In Kolbermoor wird ein Industrieareal zum neuen Stadtquartier

Pool, Party, Panorama
Kinzo gestaltet eine Bürofläche im Berliner Admiralspalast

Sakrale Tagungsräume
Umbau des Klosters Johannisberg im Rheingau zum Veranstaltungsort
