Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Wo einst Rückzug regierte, ist heute Raum für Begegnung: BAT Germany hat sein Stammhaus mithilfe von Ratschko Architekten radikal transformiert – zu einem offenen Ort für New Work an der Hamburger Außenalster. Über einen Neuanfang mit Geschichte.
Das siebengeschossige Gebäude am Hamburger Alsterufer besetzt seit fast einem Jahrhundert eine prominente Adresse. Und auch im Inneren war bis vor Kurzem noch vieles so, wie man es aus einer anderen Ära kennt: Zellenbüros, lange Flure, verschlossene Blickachsen – Relikte aus einer Zeit, in der Rückzug wichtiger war als Austausch. Doch das Tabakunternehmen BAT Germany (British American Tobacco) wollte mehr als einen Umbau. Gesucht wurde ein architektonischer Rahmen für den Kulturwandel – ein Ort, an dem New Work nicht nur möglich, sondern selbstverständlich wird.
Radikale Klarheit im Umbau durch Ratschko Architekten
Diesen Rahmen hat das Hamburger Büro Ratschko geschaffen. Bereits 2008 hatte das Team eine erste Umgestaltung des Gebäudes vorgenommen. Nun stand ein radikalerer Schritt an. „Unser Ansatz war einfach: Alles Überflüssige weglassen, alles Notwendige und Nützliche behalten“, beschreibt Kai Ratschko die Grundidee. Das bedeutete: eine fast vollständige Entkernung bis auf den Rohbau, Neuordnung von Brandabschnitten, komplette Erneuerung der Haustechnik und eine grundsätzliche Neuprogrammierung der Fläche.
Räume ohne Raster: Offenheit schafft Verbindung
In 26 Monaten entstand auf 8.500 Quadratmetern eine hochfunktionale Arbeitswelt für die Mitarbeiter*innen – im laufenden Betrieb. Herzstück des Konzepts ist ein Activity-Based-Working-Modell. Statt fester Arbeitsplätze gibt es nun eine Vielfalt an Raumangeboten: Teamzonen, Rückzugsräume, Telefonboxen, Konzentrationsplätze, Sitzgruppen, Alkoven. Jede Etage verfügt über eine zentrale Gemeinschaftsküche mit einem langen „Familientisch“ – ein Symbol für die neue Unternehmenskultur.
Offen, flexibel, vernetzt – Architektur für moderne Arbeitswelten
Diese Architektur denkt nicht in festen Hierarchien, sondern in Beziehungen. Sichtachsen über die gesamte Gebäudetiefe, fließende Übergänge zwischen den Bereichen und kurze Wege fördern die Kommunikation und den informellen Austausch. Die offenen Flächen sind nicht nur lichtdurchflutet und akustisch durchdacht, sondern auch so angelegt, dass sie sich mit minimalem baulichen Aufwand an neue Bedarfe anpassen lassen. „Das gehört zu unserer Auffassung von Nachhaltigkeit“, sagt Kai Ratschko.
Mehr als ein Büro: Konferenzbereiche, Clubrestaurant und „Blackbox“
Die Transformation endet nicht bei den Regeletagen. Auch das Erdgeschoss und das siebte Obergeschoss wurden grundlegend umgestaltet. Eine repräsentative Lobby, ein begrünter Innenhof sowie die sogenannte „Blackbox“ – ein multimediales Auditorium im ehemaligen Rechenzentrum – erweitern das Nutzungsprofil des Hauses. Im obersten Geschoss lädt heute ein Clubrestaurant mit Dachterrasse und Alsterblick zum Austausch in informeller Atmosphäre ein.
Kooperative Planung schafft Identifikation
Dass dieser Wandel nicht top-down verordnet wurde, sondern im Dialog mit den Mitarbeitenden entstand, ist ein zentrales Erfolgskriterium. „Das gesamte Projekt war ein kooperativer Prozess“, erklärt Ratschko. „Es läuft nicht so, dass einer kommt und die Lösung aus dem Hut zaubert.“ Das Ergebnis: hohe Identifikation und Akzeptanz. „Früher haben die Mitarbeitenden ‚Ich gehe in mein Büro‘ gesagt und dabei an ihr Einzelbüro gedacht. Heute meinen sie damit die gesamten 8.500 Quadratmeter.“
Mein Büro, unser Ort
Mit der Transformation des BAT-Stammhauses ist es Ratschko Architekten gelungen, ein bauliches Erbe in die Gegenwart zu überführen – nicht durch Anpassung an kurzfristige Trends, sondern durch ein zukunftsgerichtetes, robustes Konzept. So wird aus einem Traditionshaus ein lebendiger Ort für neue Arbeitskultur. Und aus geschlossenen Einzelbüros ein dynamisches Netzwerk – offen und wandelbar.
FOTOGRAFIE Jakob Boerner
Jakob Boerner
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