Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Dean Levin von 22RE hat ein Studio-Büro für eine kalifornische Merchandising-Agentur entworfen. Dort werden Möbelklassiker der Moderne, James Bond und Japandi vereint sowie Sofainseln versenkt. Und wer den Waschraum besucht, erlebt ein blaues Wunder.
Culver City liegt im Los Angeles County zwischen Venice Beach im Westen und Hollywood im Osten. Diese Lage machte Culver City zum Schauplatz und zur Bühne der Filmindustrie an der amerikanischen Westküste, als sich dort in den 1920er-Jahren Studios wie MGM und Columbia Pictures ansiedelten. Heute hat dort nur noch Sony Pictures seinen Sitz. Zu dessen Kosmos gehört auch Ceremony of Roses, eine Musikagentur, die Merchandise für Künstler*innen wie Adele, Olivia Rodrigo, Lil Nas X, Pink oder Rosalia entwirft, produziert und vertreibt. Eine Industriehalle aus der Blütezeit der Filmindustrie in Culver wurde vom Architekturbüro 22RE in Zusammenarbeit mit Creative Director Madeline Denley von Never Far Studios in eine moderne Bürolandschaft und Visitenkarte des Unternehmens verwandelt. Ausgestattet mit vielen Vintage-Elementen und stilistischen Anspielungen auf die Fünfzigerjahre ist es eine Zeitreise und eine Hommage an die lokale Geschichte.
Best of Midcentury Starchitects
Das Büro der Agentur befindet sich in Hayden Tract, einem industriell geprägten Stadtviertel, in dem sich alte Fabriken und Lagerhäuser aneinanderreihen und das heute vor allem von Kreativen genutzt wird. Das Gebäude mit seiner gewölbten Decke wurde in den Fünfzigerjahren erbaut. Entsprechend hat sich Dean Levin, der Gründer von 22RE, für einen Stilkosmos entschieden, der die kalifornische und europäische Moderne zitiert. Flokati, Samt und Mohair der Siebzigerjahre treffen auf Teakholz, Stahl und Glas der Fünfzigerjahre – und die Vintage-Möbel sind ein Best-of des letzten Jahrhunderts. Stühle, Tische und Leuchten stammen von Meistern wie Joe Colombo, Achille Castiglioni, Le Corbusier oder Isamu Noguchi. Dazu passend entwarf Levin monumentale Einzelstücke wie den Aluminium-Couchtisch in der Lounge, für dessen Design sich der Gestalter von Oscar Niemeyer inspirieren ließ.
Versunkene Sofainsel
650 Quadratmeter ist das Büro groß und es bestand ursprünglich aus einem einzigen Raum, der von dem hölzernen Tragwerk überspannt wurde. Entlang der niedrigeren Seitenwände zogen die Planer*innen geschlossene Räume ein, der zentrale Kern dient als offener Gemeinschaftsarbeitsbereich mit sechs Arbeitsplätzen. Besucher*innen landen in einem geschickt seitlich platzierten Eingangsbereich, der noch keinen direkten Blick ins Innere freigibt. Erst müssen sie den Empfangstresen aus weißem Eichenholz passieren, bevor sie in der Lounge, dem Huddle Room, Platz nehmen können. Er ist eine bewusste Reminiszenz an die gepolsterten Sitzgruben der Siebzigerjahre. Das umlaufende Sofa verschmilzt optisch mit dem Teppichboden, während die Wände homogen mit Edelstahlpaneelen verkleidet sind. Erhellt wird die Komposition aus dunklen Grün-, Blau- und Grautönen von einer skulpturalen Akari-Leuchte von Isamu Noguchi.
Vinyl und Velours
Weil die Gäste der Agentur die vertretenen Musiker*innen sind, sind Besprechungs- und Konferenzzimmer der Agentur nicht unbedingt bürotypisch gestaltet. Man trifft sich im Listening Room. Dort können die Kreativen und Mitarbeitenden gemeinsam Musikstücken lauschen – bevorzugt auf Vinyl. Die Architektur soll dabei vor allem als Verstärker für den auditiven Sinn wirken und verzichtet deshalb auf visuelle Ablenkungen. Der Raum ist durchgängig in einem warmen Braun gehalten und nimmt die Gäste wie eine dunkle, einladende Höhle auf. Wände, Regale und der massive, organisch geschwungene Sockel des Sofas sind aus glänzend poliertem Walnussholz, das mit der matten Textur der Polsterauflagen aus Samt und dem Teppichboden kontrastiert. Die geneigte Decke optimiert mit ihren Winkeln den Klang und das Oberlicht über dem Sofa soll dazu einladen, die Hörposition auch mal in die Horizontale zu verlegen.
Blaues Wunder
Dean Levin hat alle Möbel, Materialien und Designelemente sorgfältig ausgewählt, um eine inspirierende, wohnliche und intime Umgebung zu schaffen. Insgesamt setzt der Gestalter eher auf große Gesten als auf überladene Details. Dadurch wirkt das Interieur edel, asketisch und mit seinen Stilzitaten aus der Moderne nahezu zeitlos. Die Arbeitswelt von Ceremony of Roses ist so zu einem gut organisierten Büro geworden, das dabei aber nicht wie ein Büro aussieht, sondern vor allem in den Rückzugsräumen eher wie das Set eines James-Bond-Klassikers. Zwischen Holz und Flor, Aluminiummobiliar und weiß verputzten Wänden hat Levin sich allerdings ein launiges Augenzwinkern erlaubt. Wer die Tür zum Badezimmer öffnet, landet in einer himmelblau gefliesten Zone, in der selbst die Türen zu den Toilettenräumen farblich exakt abgestimmt sind.
FOTOGRAFIE Yoshihiro Makino Yoshihiro Makino
Mehr Projekte
Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Flexibles New-Work-Office
Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Zirkuläre Metamorphose
Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Neue Rohheit
Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Mut zur Veränderung
INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

Alles im Kasten
Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne
Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach
Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz
Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik
Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise
Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon
Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau
Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte
Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne
Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte

Mut zur Transparenz
Architekturbüro Hawkins\Brown bezieht eine Londoner Ladenfläche

Geschmackvolle Pausenräume
Kantinen und Cafeterien mit Aufenthaltsqualität

Wohnliche Praxis
Clinique Monkland in Montreal von Atelier Échelle

Arbeiten im Wohlfühlbereich
Neugestaltung der Innenräume des Fiandre-Hauptsitzes von Iosa Ghini Associati

Neues Leben im alten Amt
Sanierung eines Dresdner Baudenkmals

Ruhe und Ratio
Ein ehrlich gemütliches Büro in Tokio von DDAA

Einschneidende Geste
Umbau des VdK-Büros in Stuttgart von Studio Alexander Fehre

Amtsstube mit Wohlfühlfaktor
Notariat in Affoltern am Albis von Hobiger Feichtner

Filmreife Kulisse
Ein Arbeitsplatz in Berlin-Kreuzberg als cineastische Hommage von RHO

Futuristisches Fachwerk
Holz-Hybrid-Gebäude in Heilbronn von Waechter + Waechter Architekten

Multifunktionaler Kulturtreffpunkt
1zu33 gestaltet ein Autohaus in Hamburg

Schutz vorm Schall
Wohnliches Büro von Kami Blusch in Berlin

Beton in Reinform
MAAS & PARTNER ziehen in alten Münsteraner Industriebau

Transparenz und Offenheit
Innenausbau eines Bürogebäudes in München von Lang Hugger Rampp Architekten
