Ab ins Beet
Bürolandschaft in Japan von DDAA für Kokuyo
Das Tokioer Architekturbüro DDAA hat das Office eines Schreibwarenherstellers in ein Labor für Lernen und Austausch verwandelt. Sitznischen, grüne Rückzugsbereiche und eine „Lichtung“ mit Snackbar im Pflanzen-Dickicht lassen die Arbeit wie eine Expedition durch einen Indoor-Urwald erscheinen.
„Lernen ist ein Prozess, der es uns ermöglicht, die Welt in höherer Auflösung zu sehen“, sagt Daisuke Motogi, Gründer des in Tokio ansässigen Architekturbüros DDAA. Dass er sich grundlegende, beinahe philosophische Gedanken über die pädagogische Qualität von Räumen macht, hat einen konkreten Anlass: Der japanische Schreibwarenhersteller Kokuyo beauftragte ihn mit der Gestaltung eines Orts für Mitarbeitende – eines Raums, in dem sie Interessen nachgehen, Wissen erweitern und über Abteilungen und Disziplinen hinweg in den Austausch treten können. Kurz: Gewünscht war ein Ort des Lernens, der Konzentration und der Kommunikation. Die zentrale Herausforderung für Motogi: „Auch wenn sich eine pädagogische Funktion durch das Vermitteln von Informationen herstellen lässt, können Neugier und Forschergeist nicht von außen gesteuert werden.“ Sein Ansatz zielt daher darauf ab, spontanes Lernen durch architektonische Inszenierung zu fördern.
Learning by doing
Schon die Entwurfsphase selbst wurde zu einem Lernprozess für beide Seiten. Das Team von DDAA vermittelte den Mitarbeitenden zunächst die studioeigene Designmethodik, während die Mitarbeitenden dem Architekturbüro Einblicke in ihre Arbeitsweise und Unternehmensstruktur gaben. Beide Seiten formulierten schließlich eine gemeinsame Zielsetzung: die Gestaltung eines Raums, der das Miteinander stärkt, zugleich Rückzug ermöglicht und Partizipation fördert. Inspiriert wurde Daisuke Motogi dabei von der Typologie japanischer „Familienrestaurants“ (Famiresu), deren räumlicher Charakter zahlreiche Freiheiten bei der Nutzung lässt. Ein Famiresu ist ein Alltagsrestaurant mit demokratischen Preisen, langen Öffnungszeiten und einer entspannten, wohnlichen Atmosphäre. „Man lernt dort mit Freunden für Prüfungen, konzentriert sich auf die Arbeit oder führt Gespräche zu zweit. Und jedes Wort, das man am Nachbartisch aufschnappt, kann ein Impuls für etwas Neues sein“, erklärt Motogi.
Topographische Raumordnung
Um die Typologie der Famiresu zu verstehen, führte DDAA eine detaillierte Analyse durch und identifizierte wiederkehrende räumliche Prinzipien. So wird die Fläche beispielsweise in gemeinschaftliche und privatere Zonen gegliedert. Die Wegeführung fördert zufällige Begegnungen, während das Mobiliar auf die Bedürfnisse sowohl einzelner Gäste als auch größerer Gruppen präzise abgestimmt ist. Übertragen auf Kokuyos „Raum des Lernens“ wurden die Sichtachsen bewusst gesetzt und durch Einbauten sowie gezielt platzierte Grünpflanzen gelenkt. Vom Zentrum des Raums steigen diese in ihrer Höhe zu den Wänden hin an, sodass die mittig sitzenden Kolleg*innen gut geschützte Nischen vorfinden, während eintretende oder vorbeigehende Personen weiterhin den Raum überblicken können. Teppich, Bänke, Stühle und Tische sind in fein abgestimmten Grüntönen gehalten und formen so eine zweischichtige Raumstruktur. Konzentration liegt im grünen, erdverbundenen Bereich, während sich die Qualität des Austauschs in die helleren, offeneren Zonen verlagert.
Lichtung im Dickicht
Eine offensichtliche Adaption sind die Sitznischen im Diner-Stil, die sich so auch im Famiresu finden. Übertragen auf die Arbeitssituation ergeben sich Rückzugsräume, in denen die Kolleg*innen alleine Unterlagen ausbreiten, mit dem Laptop sitzen oder innerhalb der Gruppe in den Austausch gehen können. Gleichzeitig haben die Architekt*innen bewusst Bereiche geschaffen, die zum Aufstehen und Bewegen einladen. Auf den zwei Etagen mit insgesamt fast 500 Quadratmetern wurden eine Bibliothek und eine Arbeitsmittelstation, eine kleine Cafeteria, ein Getränkestand sowie eine Snackbar eingerichtet. Letztere spielt mit dem Motiv des Dickichts. Wie auf einer Lichtung stehen handgetöpferte Schalen und Körbchen in einem eingefriedeten Steingarten-Hochbeet zwischen den Pflanzen. Die Kaffeepause wird so zur erlebnisreichen Brötchen- und Obsternte. Damit treffen die Gestalter*innen von DDAA den Charakter des Orts – denn wo ließe sich informeller ins Gespräch kommen als beim gemeinsamen Essen?
FOTOGRAFIE Kenta Hasegawa Kenta Hasegawa
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