Bunter Brutalismus
Büroausbau von Artem Trigubchak und Lera Brumina
Wie kann eine Bürogestaltung das Sortiment eines Betonherstellers widerspiegeln? Und wie kann dabei ein architektonischer Bogen zwischen Geschichte und Gegenwart gespannt werden? Mit ihrem Entwurf für den ukrainischen Baustoffproduzenten Kovalska würdigten Lera Brumina und Artem Trigubchak sowohl die sowjetische Architekturgeschichte als auch die Expertise ihres Auftraggebers.
„Mehr als siebzig Prozent der in der ukrainischen Hauptstadt durchgeführten Projekte werden mit dem Beton von Kovalska gebaut“, sagen die Architekten Lera Brumina und Artem Trigubchak. Tatsächlich präsentiert sich der Baustoffhersteller mit eindrucksvollen Zahlen: Mit acht Kraftwerken in den Außenbezirken Kiews und einer jährlichen Produktionskapazität von 4,6 Millionen Kubikmetern fertig gemischten Betons wurde das ukrainische Unternehmen zum Marktführer seines Landes.
Beton und Persönlichkeit
Es gibt nachhaltigere und ressourcenschonendere Baumaterialien als das Gemisch aus Sand, Kies, Zement und Wasser. Doch die Architektur der ehemaligen Ostblockstaaten beweist, dass Beton durchaus ästhetische Qualitäten besitzt. Und auch der Firmensitz von Kovalska stellt ein eindrucksvolles Beispiel dieser geschichtsträchtigen Architektur dar: Den Kiewer Bau ziert ein monumentales Mosaik, das ihm mit einem Mix aus kubistischen Geometrien und abstrahierten Figuren ein markantes Gesicht verleiht. Die Planer nutzten es als Ausgangspunkt für den Entwurf der Innenräume.
Auf 1.120 Quadratmetern – im ersten Stockwerk eine Verkaufsabteilung, im zweiten ein geräumiger Arbeitsbereich – bewiesen sie Respekt für die alte Substanz, verloren aber auch zeitgemäße Anforderungen nicht aus den Augen. „Wir lieben die Architektur der Sowjetzeit“, erklären Lera Brumina und Artem Trigubchak, die einen komfortablen Arbeitsraum schaffen wollten, ohne den architektonischen Kontext zu vergessen. Doch es ging um mehr, sollte doch auch der Auftraggeber gestalterisch gebührend repräsentiert werden.
Marmorsplitt und Pflasterstein
Was lag da näher, als die Materialien des Unternehmens für die Innenarchitektur und Möblierung zu verwenden? So können Besucher schon im Wartebereich die Beschaffenheit der Kovalska-Baustoffe in Augenschein nehmen. Viele der Möbelstücke sowie das Beleuchtungssystem stammen aus der Feder der Architekten. Die Sockel einer tannengrünen, gepolsterten Bank und eines dazugehörigen Ablagetisches wurden aus Pflastersteinen gefertigt. Für eine Trennwand in der Loungeecke nutzten Trigubchak und Brumina geschnittene Betonplatten. An anderen Wänden kamen Sand- und Marmorsplitt als dekorative Elemente zum Einsatz. Und auf den Böden findet man große Terrazzoflächen aus der Produktion des Bauherren. Dass das Interieur trotz der rauen Ästhetik der Steinprodukte ansprechend wirkt, liegt vor allem an einer durchdachten Farbpalette. Im Foyer wird mit den strengen Rastern der Deckenlichter und Regale die sachliche, geradlinige Handschrift der Architekten deutlich. Mit apricotfarbenen Displayflächen in den Regalen, sonnengelben Stühlen und einer warmen Beleuchtung nehmen sie der eher sachlichen Gestaltung jedoch an Strenge und erzeugen eine einladende Atmosphäre.
Farbliche Einheiten
Die weitläufigen Flächen teilten die Planer in einzelne Büroparzellen. Dafür nutzten sie halbtransparente Paneele, die das natürliche Licht auch in die inneren Bereiche dringen lassen. Aber auch für die Separierung der Räume arbeiteten die Architekten mit einem gezielt eingesetzten Farbkanon. In den Gemeinschaftsräumen kombinierten sie zarte Pastelltöne an den Wänden mit kräftigen Nuancen dieser Farben beim Mobiliar. So entstand ein stimmiges Gesamtkonzept, in dem die bauklotzartigen, kubischen Konturen der Möbel formellen Bezug auf die Fassade des Gebäudes nehmen.Mit ihren ausgewogenen Farb-, Form- und Materialentscheidungen realisierten Lera Brumina und Artem Trigubchak ein ausdrucksstarkes, aber zeitloses Interieur – wie eine Ode an die schlichten Materialien und ein Argument für einen bunten Brutalismus.
FOTOGRAFIE Dmitrii Tsyrenshchikov
Dmitrii Tsyrenshchikov
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