Projekte

Co-Working im Container

TOOP Architectuur entwickelte ein Konzept für Minibüros im Schiffscontainer

Das Thema Homeoffice liegt im Trend. Doch, was sich verlockend lässig anhört – arbeiten in Jogginghose, auf dem Sofa oder im Café –, braucht in Wahrheit echte Disziplin und eine ausgeklügelte Work-Life-Balance. Schnell wird klar: Die gewohnte Struktur eines stationären Büros hat durchaus ihre Vorteile. Was hingegen wäre, wenn das Büro flexibel wäre? Wenn man es an jedem beliebigen Ort in der Stadt oder auf dem Land aufstellen könnte? Das fragten sich die Architekten des belgischen Studios TOOP und entwarfen ein Lösungskonzept mit echten Mehrwerten.

von Nina C. Müller, 11.03.2020

Wie kann man flexible Büroräume schaffen? Wie sollte ein Raum mit seiner Umgebung interagieren, und wie kann man sich als Architekten einer potentiellen Kundschaft präsentieren? Das  fragten sich unter anderem die Planer Laurent Temmerman und Jens Theuwen vom flämischen Architekturstudio TOOP. „Wir benötigten mehr Arbeitsfläche für zwei unterschiedliche Standorte, und so versuchten wir, Antworten auf dringende Fragen unserer Zeit zu liefern.“ Auch die Themen Wiedererkennungswert und Skalierbarkeit trieb sie um – typisch für heutige Architekturbüros. Eher untypisch fiel die Antwort aus.

Erfindergeist 
Kaum mehr kann man sich einen Hafen ohne Container vorstellen. Doch bevor Malcolm McLean Mitte im letzten Jahrhunderts die Transportboxen erfand, wurden Waren in Säcken und Kisten bewegt. Ein mühsamer und kleinteiliger Prozess, oft verbunden mit langen Warteschleifen. Erst mit der Erfindung des US-amerikanischen Spediteurs konnte der Transport in standardisierten, stählernen Kästen beginnen – und mit ihm die Globalisierung. Inzwischen werden Millionen von Containern – hocheffizient und vollautomatisiert – rund um den Globus bewegt. Dass diese schlichten Boxen auch der Arbeitswelt dienen können, überrascht. Dabei bieten sie gleich mehrere Vorteile: „Man bekommt sie in diversen Größen, wodurch sie sich für verschiedene Orte eignen. Außerdem lassen sie sich leicht transformieren“, erklären die Architekten.

Büro mit Identität
Konkret heißt das eine flexible Aufteilung des Raums. Öffnungen können an diversen Stellen vorgesehen werden, ohne dass das visuelle äußere Raster gestört wird. Hier liegen weitere Vorzüge: Sie hätten „eine starke formale Identität“, so Theuwen und Temmerman. Das liegt vor allem an den wiedererkennbaren Dimensionen der simplen, kostengünstigen Boxen. Für ihre Büros wählten die Planer zwei handelsübliche Exemplare, eines mit 23, das andere mit 30 Quadratmetern Fläche.

Während ihre Grundidee aus so weltlichen Kontexten wie dem Handel kommt, stammt eine weitere gestalterische Inspiration aus religiösen Zusammenhängen. Die Zweiteilung leitet sich ab vom sogenannten Diptychon, ein Gemälde oder eine Relieftafel zum Aufklappen. Im Fall der Büros ermöglicht diese Gliederung flexible Raumaufteilungen und rhythmische Fassadengestaltungen, die die Umgebung miteinbeziehen können. Sinnvoll, da eines der beiden Büros für ein typisches Reihenhausgrundstück im Stadtzentrum entworfen wurde und sich das andere einer ländlichen Umgebung anpassen sollte.

Spieglein, Spieglein
Seine Hülle aus verspiegeltem Aluminium reflektiert einen nahegelegenen Hügel und einen kleinen Wald am Ende der umliegenden Wiese. „Auf diesem schönen Grundstück strebten wir ein möglichst unsichtbares Büro an, das die Landschaft für sich sprechen lässt“, sagen die Belgier, die die Natur auch im Innenraum den Ton angeben ließen. Hier wurden alle Wände mit Meranti-Sperrholz verkleidet. Die rötliche Färbung des tropischen Laubholz verleiht dem Büroraum eine warme Atmosphäre und, trotz der geringen Anschaffungskosten, eine edle Maserung auf Böden, Wänden und Decken.

Für die Ausstattung dieses ländlichen Container-Offices wählten die Architekten eine formreduzierte Sprache sowie multifunktionale und skulptural geformte Möbel wie einen runden Tisch aus Naturstein oder Stühle von Arne Jacobsen und Verner Panton. Ein Bücherregal fungiert gleichsam als Auslage für Architekturmodelle und als Memo-Tafel. So sorgen die Planer für eine natürliche, formal einheitliche Anmutung des gesamten Interiors, das nicht von den attraktiven Aussichten ablenkt.

Dieses Konzept des Raumlabors könnte leicht auf andere Orte adaptiert werden, kommentieren Temmerman und Theuwen ihre Entwürfe. Dann wäre auch ein Triptychon oder gar ein Polyptychon, also eine mehrteiliges Objekt, denkbar. In jedem Fall zeigen diese Beispiele, dass auch kleine Räume vielseitig anwendbar und höchst funktional sein können. TOOP macht vor, was den Hafentransport und den Welthandel revolutioniert hat, kann auch in der Arbeitswelt nicht verkehrt sein. Also: volle Kraft voraus, kleine Räume!

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Architekten

TOOP

www.toop.be

Mehr Projekte

Berlin macht Blau

Das neue Relaxound-Office von Ester Bruzkus Architekten

Das neue Relaxound-Office von Ester Bruzkus Architekten

Vergangenheit neu belebt

Umbau eines historischen Verlagshauses in Sydney von Hülle & Fülle

Umbau eines historischen Verlagshauses in Sydney von Hülle & Fülle

Unter dem Mond Spaniens

Die surreal-industrielle Welt des Reisinger-Studios

Die surreal-industrielle Welt des Reisinger-Studios

Kreativ in Kortrijk

Minimalistischer Office Space von Markland Architecten und Stay Studio

Minimalistischer Office Space von Markland Architecten und Stay Studio

Japanische Offenheit

Neugestaltung des Firmensitzes von L’Oréal Japan in Tokio von The Design Studio

Neugestaltung des Firmensitzes von L’Oréal Japan in Tokio von The Design Studio

Lernen in der Alten Post

Campus der BSBI in Berlin setzt auf flexibles Interior

Campus der BSBI in Berlin setzt auf flexibles Interior

Effizienter Holzbaukasten

Büroneubau in Oslo mit durchdachter Lichtplanung

Büroneubau in Oslo mit durchdachter Lichtplanung

Akustische Glanzleistung

Sanierung der Bestuhlung im Neumarkter Reitstadel von Girsberger

Sanierung der Bestuhlung im Neumarkter Reitstadel von Girsberger

Zweite Auflage für eine Druckerei

Büro mit Tatami-Raum von INpuls in München

Büro mit Tatami-Raum von INpuls in München

Lebendige Präsentation

Neu gestalteter Showroom von Goldbach Kirchner

Neu gestalteter Showroom von Goldbach Kirchner

Infrastruktur fürs Glück

Bibliothek in Kirkkonummi von JKMM

Bibliothek in Kirkkonummi von JKMM

Möbel nach Maß

Nachhaltig transformiertes Cartier-Headquarter von Atelier Nova

Nachhaltig transformiertes Cartier-Headquarter von Atelier Nova

Das Regenbogen-Büro

Innovationsraum Space in Hamburg von Studio Besau-Marguerre

Innovationsraum Space in Hamburg von Studio Besau-Marguerre

Haus im Haus

Studio Alexander Fehres „Herzzone” für ein Büro von Roche

Studio Alexander Fehres „Herzzone” für ein Büro von Roche

Eine Ausstellung, die Stellung bezieht

Fotografiska Berlin im einstigen Tacheles von Studio Aisslinger

Fotografiska Berlin im einstigen Tacheles von Studio Aisslinger

Vom Sehen und Gesehenwerden

Eine Naturheilpraxis auf den Azoren von Box Arquitectos

Eine Naturheilpraxis auf den Azoren von Box Arquitectos

Besondere Böden

Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

In eigener Sache

Ein Büro-Makeover vom Office-Spezialisten CSMM in Düsseldorf

Ein Büro-Makeover vom Office-Spezialisten CSMM in Düsseldorf

Ein sportliches Haus

Das neue Headquarter von Spillmann Echsle für On Running

Das neue Headquarter von Spillmann Echsle für On Running

Geflieste Exzentrik

Das neue Büro des kanadischen Fashion-Studios M.A.D.

Das neue Büro des kanadischen Fashion-Studios M.A.D.

Arbeiten unter Palmen

Amsterdamer Büro mit begehbaren Möbeln von Studioninedots

Amsterdamer Büro mit begehbaren Möbeln von Studioninedots

Grüne Arbeitsstruktur

Co-Working-Space in Barcelona von Daniel Mòdol

Co-Working-Space in Barcelona von Daniel Mòdol

Moderner Triumphbogen

Gebäudekomplex von Nikken Sekkei in Dubai

Gebäudekomplex von Nikken Sekkei in Dubai

In altem Glanz

Restaurierung einer historischen Villa in der italienischen Provinz Modena

Restaurierung einer historischen Villa in der italienischen Provinz Modena

Inspirationen statt Emissionen

Nachhaltiger Büroneubau von Studio Daytrip in London

Nachhaltiger Büroneubau von Studio Daytrip in London

Außen Altbau, innen New Work

Berliner Juris-Dependance am Ku’damm von de Winder Architekten

Berliner Juris-Dependance am Ku’damm von de Winder Architekten

Viel Platz für Veränderung

Atelier Gardens in Berlin-Tempelhof von MVRDV

Atelier Gardens in Berlin-Tempelhof von MVRDV

Dialog mit der Stadt

Das Verwaltungszentrum Brucity in Brüssel

Das Verwaltungszentrum Brucity in Brüssel

Bunter Community-Space

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

Facettenreiche Bürolandschaft

Vielschichtiger Workspace von SCOPE Architekten in Dresden

Vielschichtiger Workspace von SCOPE Architekten in Dresden