Projekte

Die Königin der Fototapeten

von Jasmin Jouhar, 23.03.2009


Dieses Haus ist ganz Oberfläche. Doch zugleich geht der „Frog Queen“ genannte Bau mehr in die Tiefe als manch skulpturale Architektur. Wie das den Architekten des Grazer Kollektivs Splitterwerk gelang? Nun, sie haben sich bei der Planung des Firmensitzes eines Maschinenbauunternehmens in Graz ganz auf die Sogwirkung von Bildern verlassen. Und so sind sowohl die Fassade des würfelförmigen Gebäudes als auch die Innenräume überzogen mit grafischen Mustern aus Bildpunkten. Außen verdichten sich diese Punkte zu einem abstrakten Schwarz-Weiß-Raster, das zwischen Flächigkeit und Tiefe oszilliert. Innen fügen sich die Bildpunkte dagegen zu farbigen Landschaftsansichten, die wie Fototapeten die Wände der Büros bedecken. Als visueller Ruheraum dazwischen funktioniert das Atrium, dessen Oberflächen komplett mit einer silbrig-glänzenden Beschichtung überzogen sind.

Seinen ungewöhnlichen Namen verdankt das ungewöhnliche Haus den bisherigen Projekten von Splitterwerk, denn sie haben die bisher von ihnen gestalteten Gebäude nach verschiedenen Laubfroscharten benannt. Jetzt fanden es die Architekten an der Zeit, eine Königin unter den Fröschen  –  die besagte Frog Queen –  zu küren.
Ganz zu unrecht trägt dieser in einer zersiedelten Vorstadtlandschaft abgestellte Würfel seinen Namen nicht, denn zumindest von außen wirkt er autonom und unnahbar wie eine Könign. Der Eingang zum Gebäude tritt erst beim Näherkommen aus dem Pixel-Muster hervor – Fensteröffnungen lassen sich nur bei genauerem Hinsehen ausmachen. Vom Entree gelangen Mitarbeiter und Besucher direkt in einen Lift, der sie in das Atrium im ersten Obergeschoss bringt.
Im Erdgeschoss liegt die Prüfhalle, in der die Ingenieure der Firma ihre Entwicklungen testen – aus Gründen der Geheimhaltung abgeschottet und für Gäste nicht sichtbar. Der ganze Außenbau zeichnet sich deshalb durch seinen hermetischen Charakter aus, entsprechend der Vorstellungen des Bauherrn, der die sensiblen Informationen seines Unternehmens geschützt wissen will.

Wechselspiel zwischen nah und fern


Die abweisend erscheinende Fassade des Würfels erweist sich aus der Nähe als grafisches Meisterstück: Sie ist mit quadratischen Aluplatten in Schwarz und Weiß verkleidet, auf die im Siebdruckverfahren ein Raster aus Bildpunkten in Form von winzigen stilisierten Zahnrädchen gedruckt wurde. Je größer die Entfernung, desto mehr verschwimmen die einzelnen Bildpunkte zu einer einfarbigen Fläche. Von weitem betrachtet ist lediglich ein grobes Raster aus weißen, schwarzen und grauen Quadraten zu sehen – die Fenster und Türen verschwinden darin. Und die Froschkönigin erscheint wieder so unnahbar, wie es sich für eine Herrscherin gehört.

Liebliche Landschaften

Das Herz des mit einem Contractworld-Award ausgezeichneten Hauses ist das silbrig-glänzende Atrium, das sich vom ersten Obergeschoss zwei Stockwerke nach oben erstreckt. Durch kleine Öffnungen im Dach fällt natürliches Licht ein und wird von der Silberbeschichtung der Oberflächen vielfach reflektiert.
Die beiden oberen Etagen werden vom Atrium aus über massive, umlaufende Balkone erschlossen. Der Blickfang in dem ansonsten monochrom-kühlen Innenraum ist der Empfangstresen gegenüber dem Aufzug: Der Tresen selbst und die Wand dahinter sind mit dm Foto einer grünen Wiese und Obstbäumen überzogen. Nur die kleinen Fensteröffnungen bleiben ausgespart.
Hier klingt zum ersten Mal an, was sich in den anderen Räumen des Hauses fortsetzt: In einem „All-Over“ erstrecken sich farbige Fotografien von lieblichen Landschaften über alle vier Wände der Büros und Besprechungsräume, als hätte Splitterwerk den Begriff „Bürolandschaft“ neu interpretieren wollen. Die Motive der Fototapeten stammen aus der ost-steirischen Heimat des Firmenchefs.

Fleckenwolken und Lochraster


Die Landschaften setzen sich aus unzähligen kleinen Bildelementen zusammen. Aus gewissem Abstand betrachtet verschmelzen diese zu einem Gesamtbild – entsprechend dem Prinzip der additiven Farbmischung. Splitterwerk hat die Motive jedoch nicht einfach in Pixel aufgelöst: Jedes Motiv ist aus anderen Einzelelementen zusammengesetzt. Mal sind es in pointillistischer Manier farbige Fleckenwolken, mal sind es kleine Quadrate, mal eine über das Foto gelegte zweite Schicht aus einem Lochraste. In der Nahsicht entpuppen sich die Fototapeten als kleine grafische Kunstwerke.

Zimmer mit doppeltem Ausblick

Die lose über die Wände verteilten Fenster wiederum, die rechteckige Öffnungen in die Fototapeten schneiden, zeigen eine ganz andere, weniger liebliche Landschaft. Doch in den Büros der Froschkönigin wirkt die Welt da draußen unwirklich, weil sie wie ein gerahmtes Bild auf den fotografierten Landschaften zu schweben scheint.
Die Mitarbeiter der Maschinenbaufirma fühlen sich in ihren Zellenbüros mit dauerhaftem Ausblick auf Blumenwiesen und Getreidefeldern übrigens ganz wohl, wie Splitterwerk-Architekt Mark Blaschitz betont. Obwohl die Ingenieure ihre Arbeitszeit hochkonzentriert mit komplizierten Berechnungen verbringen, herrsche in den Räumen eine heitere und entspannte Stimmung.

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Links

Projektarchitekten

Splitterwerk

www.splitterwerk.at

Contractworld

Contractworld-Award 2009

www.designlines.de

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BauNetz Wissen

Orangerie d'Or in Graz

www.baunetzwissen.de

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