Fenster zum Maschinenpark
1 / 10

Ein kleines Städtchen in Flandern ist im Fieber. Fast jedes Hotel, jeder Bewohner und auch die dort ansässigen Firmen haben sich angesteckt – mit dem Designvirus. Wir sind in Kortrijk, dem Schauplatz der Interieur, einer der wichtigsten Designmessen der Welt. Der ästhetische Anspruch gehört hier zur städtischen Identität – selbst eine Druckerei wird architektonisch ambitioniert umgesetzt. Zu Besuch in einer industriellen Themenlandschaft aus ausrangierten Schiffscontainern.
Die Firma Drukta ist eine Druckerei, Formail dagegen ist ein Spezialist für digitale und analoge Post, der sich zum Beispiel um Info- oder Werbebriefe kümmert. Die beiden Kortrijker Firmen haben sich zugunsten einer gemeinsamen Zukunft von ihrem Einzelkämpferdasein verabschiedet und nun eine gemeinsame Anschrift. Mit der Adressen-Fusion verzahnt sich die Palette ihrer Leistungen. Trotzdem bleiben beide Unternehmen unabhängig, verfügen über einen separaten Eingang und eigene Büroräume. 4000 Quadratmeter ist das neue Zuhause groß, bis vor Kurzem waren die Hallen noch das Warenlager eines Textilunternehmens.
Willkommen im Druckwerk
Drukta und Formail wollten mit dem Umzug im übertragenen Sinne auch die Rolltore ihrer neuen Repräsentanz öffnen. Statt nur funktionale Produktionsstätte zu sein, wünschten sie sich einen offenen Ort, an dem die Kunden vorbeikommen und Konzepte besprechen oder die Produktion begleiten können. Eine Werkstatt mit Erlebnisqualität, die auch als Büro genutzt wird und ein positives Image transportiert. Das ebenfalls in Kortrijk ansässige Designatelier Five AM schien dafür der richtige Partner, schon vorher hatte Five AM in einer großen Industriehalle eine Kunstausstellung realisiert und dafür alte Schiffscontainer als temporäre Architekturen eingesetzt.
Von Schiffen zum Shipping
Die Idee, solche Container in eine bestehende Gebäudehülle zu integrieren, ist natürlich nicht neu. Trotzdem entwickeln die gestapelten Wellblechquader, die sich jetzt in der weitläufigen Halle um den ratternden Maschinenpark von Drukta erheben, einen authentischen Charakter. Und mit kaum einer anderen Lösung hätten die Architekten so schnell und so günstig allen Ansprüchen ihrer Auftraggeber gerecht werden können. Die Container sind teilweise so in die Fassade eingesetzt, dass sie die Gebäudehülle bis zu einem halben Meter nach außen durchdringen. An den Frontseiten sind sie mit Fenstern ausgestattet, einer der Container dient als Eingang. Die innenliegenden Büros bekommen in der ansonsten künstlich beleuchteten Halle Tageslicht und bieten gleichzeitig den Ausblick auf den Produktionsbereich. Vom Lärm hingegen sind sie abgeschirmt.
Upcycling
Alle Beteiligten waren sich einig, dass das Projekt nachhaltig umgesetzt werden sollte. Die Entscheidung, gebrauchten und ausgemusterten Containern hier zu einer zweiten Existenz zu verhelfen, stand schnell fest. Deshalb reiste ein Mitarbeiter des Architekturbüros in den Hafen von Antwerpen und suchte jeden einzelnen Container sorgsam aus. Die ausgewählten Module kamen auf dem Schienenweg nach Kortrijk und wurden zuerst außerhalb der Halle testweise in verschiedenen Kombinationen zusammengefügt, um die optimale Anordnung festzulegen. Für den finalen Einbau wurden die Container in den Markenfarben der Unternehmen lackiert: in Gelb und Schwarz für Formail, in Schwarz für Drukta. Damit setzen sie sich äußerlich vom Betonboden der Produktionshalle ab. Die Innenräume beider Unternehmen sind in Weiß gehalten, wodurch eine einladende und helle Raumstimmung entsteht. In diesem Ambiente und fernab des Radaus der Druckmaschinen wird dann auch der Ausblick auf die Maschinenhalle zum kontemplativen Moment.
Noch mehr Schönes und Überraschendes aus Papier finden Sie in unserem Special.
FOTOGRAFIE Thomas de Bruyne
Thomas de Bruyne
Mehr Projekte
Arbeiten wie aus einem Guss
Fellowes stattet elf ergonomische Arbeitsplätze in der Hamburger Speicherwerkstatt aus

Inspirationen am Fleet
Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg

Eine Stadt aus Räumen
Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien

Tabula Casa
Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao

Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam

Arbeiten in neuem Licht
BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert

Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Kreative in der Konservenfabrik
Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom

Büro auf Abruf
Meeting Suites by Bene in Wien

Rohbaucharme und Ruhezone
Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava

Bestand und Weitblick
Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten

Massivholz und Mixed-Use
Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln

Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Flexibles New-Work-Office
Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Zirkuläre Metamorphose
Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Neue Rohheit
Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Mut zur Veränderung
INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

Alles im Kasten
Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne
Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach
Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz
Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik
Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise
Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon
Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau
Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte
Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne
Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte
