Gebrannte Architektur
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Am Rand des Bremer Hochschulcampus steht seit kurzem ein Gebäude, das so gar nicht von dieser Welt zu stammen scheint. Die Haut, die sich um den Baukörper legt, schimmert wie der Panzer eines Reptils, und erst bei genauerem Hinsehen lässt sich sein menschlicher Ursprung erahnen. Dennoch bleibt die Materialität weiterhin im Ungewissen: Abertausende Kacheln, von denen jede eine eigene Oberflächenbeschaffenheit, eine eigene Farbe und einen eigenen Glanzgrad besitzt, verändern ihr Erscheinungsbild mit jedem Wetterumschwung und reflektieren ihre Umgebung und das Licht. Die perfekte Hülle für das neue Forschungslabor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.
Der Neubau des Architekturbüros Kister Scheithauer Gross ist über eine Verbindungsbrücke mit dem bereits vorhandenen Laborgebäude verbunden. Die besondere Herausforderung des Projekts lag darin, ein Haus zu konzipieren, das unterschiedliche Nutzerinteressen in sich vereint: Neben spezialisierten Entwicklungs- und Testlaboren mit hohen Sicherheitsstandards sollten Besucher die Möglichkeit eines Einblicks in die ihnen unbekannte Forschungswelt bekommen können.
Sandkästen und Spaceshuttles
Reinräume, Explorations- und Kryolabore: Das hört sich nicht nur nach Superman und anderen Abenteuern aus dem Weltall an, das sind tatsächlich Orte, in denen an neuen Raumfahrttechnologien geforscht wird. Und das bei teilweise extremen Bedingungen: ob Experimente bei Temperaturen von bis zu minus 263 Grad Celsius oder Versuche zu hohen Staubbelastungen in einem 40 Quadratmeter großen, innen liegenden Sandkasten. Besondere Inhalte erfordern eine besondere Verpackung, müssen sich die Architekten gedacht haben und entwickelten die Idee einer Keramikfassade, die ähnlich dem Schutzschild eines Spaceshuttles aus gebrannten Fliesen besteht, die das Gefährt vor der starken Hitze beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre schützen sollen.
Während des Herstellungsverfahrens der Keramikplatten wurde das Material durch eine Überhitzung „zum Kochen“ gebracht, wodurch sich die Oberflächenbeschaffenheit partiell veränderte und so zu unterschiedlichen Farb- und Helligkeitswerten der Fliesen führte. Nach diesen wurden die fertigen Produkte sortiert und in Fassadenfeldern mit verschiedenen Laufrichtungen und diagonalem Fugenbild verlegt. Das unregelmäßige Muster, in dem keine Kachel der anderen gleicht, erzeugt der Eindruck einer metallenen Reptilienhaut, die ihr Äußeres jede Sekunde verändert und sich einem Tarnkleid gleich seiner natürlichen Umgebung anpasst.
Planet Bremen
Die Material- und Farbsprache im Inneren ist dagegen weit nüchterner: glatte Sichtbetonflächen und inszenierte Lichträume richten den Fokus auf die Technik und Forschung. Von dem runtergedimmten Besucherrundgang aus, der sich im Obergeschoss befindet, gibt es immer wieder Einsichten in die Labore, die wie Theaterbühnen auf Zuschauer warten. Ob die Simulation von Sonnenstrahlung oder die Tieftemperaturforschung, zu sehen gibt es im Forschungsbau DLR-RY einiges. Ein besonderer Effekt findet sich in den fensterlosen Rückwänden der Besucherflure: In den Beton eingegossene Lichtleitfasern übertragen das Außenlicht als kleine Leuchtpunkte in den Innenraum und erzeugen so die Illusion eines Sternbildes. Willkommen auf dem Planeten Bremen!
Weitere innovative Materialien und Geschichten rund um die Sonderschau Innovation of Interior der Messe Interzum 2013 finden Sie in unserem Special.
FOTOGRAFIE Christian Richters
Christian Richters
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