Geometrie und Abenteuer
Indoor-Spielplatz in Brooklyn von Architensions
Der ideale Spielplatz sei die Wildnis, heißt es. Doch was, wenn die kindliche Entdeckerfreude in den Innenraum verlegt wird? In Brooklyn hat das Architekturbüro Architensions einen Indoor-Spielplatz entworfen, der sich die Natur zum Vorbild nimmt – und mit Sinn für Ästhetik punktet.
Die beiden Gründungspartner von Architensions Alessandro Orsini und Nick Roseboro agieren als Planer an der Schnittstelle zur Forschung. Ihr Büro mit Sitz in Rom und New York ist spezialisiert auf Sozialverhalten und Architektur im urbanen Kontext. In Brooklyn entstand ihr erster Spielbereich im Auftrag eines Unternehmers aus dem Wellness-Sektor, der einen Interaktion und Kreativität fördernden Raum für kleinere Kindergruppen wünschte.
Spiel mit Ästhetik
Der Entwurfsprozess warf viele Fragen auf, erklärt Orsini. Etwa wie die gebaute Umgebung die kindliche Vorstellung, die kognitive Entwicklung und den Sinn für Ästhetik gleichermaßen anregen könne. Und vor allem: Ob es durchführbar sei, Ästhetik und Funktion so miteinander verschmelzen zu lassen, dass es auf Kinder anziehend wirke. Antworten fanden die Gestalter zum einen in der Natur mit ihrer Vielfalt an sinnlichen Erlebnismöglichkeiten. Zum anderen ließen sie sich von einflussreichen Pionieren der Spielplatzarchitektur wie Aldo Van Eyck und Isamu Noguchi inspirieren. Van Eycks wegbereitende Spielplätze der Nachkriegszeit in Amsterdam stehen geradezu sinnbildlich für das anregende Spiel mit Geometrie und Raum, während Noguchi mit seinen befreiend experimentellen Spiellandschaften aus Hügeln, Vertiefungen und abstrakten Formen (Contoured Playground) dem kindlichen Bedürfnis nach Bewegung und Abenteuer entgegenkommt.
Sinnliche Geometrien
Auf 81 Quadratmetern haben Orsini und Roseboro eine dynamische Spiellandschaft geschaffen, die aus drei gänzlich unterschiedlichen Strukturen besteht. Ein halbkreisförmiger, rund sechs Meter langer Tunnel aus Sperrholz führt die Kinder über verschiedene Höhenebenen und wirkt wie ein verbindendes Element im Zentrum des Raums. Fenster in verschiedenen Formen durchbrechen die sonnengelben Wände des Tunnels und eröffnen den Spielenden wechselnde Ausblicke. Das transluzente, orangene Dach filtert das Licht und verleiht dem Inneren einen warmen Schein.
Zur Straßenseite neben einem großzügigen Schaufenster befindet sich ein zylinderförmiges Gerüst aus grünem Sperrholz, das mit grünem Netzgewebe bespannt ist. Wie in einem Baumhaus können die Kinder im Inneren über Stufen klettern, während das Netz das einfallende Tageslicht ähnlich wie Blattwerk filtert. Wandmalereien von Bäumen erzeugen die Illusion eines Waldes.
Auf der entgegengesetzten Seite des Raums lädt ein kegelförmiger, mit weißem Japanpapier bespannter Pavillon zum Verweilen ein. Seine Form erinnere an ein Iglu, erklären die Architekten: „In seinem Inneren erleben die Kinder eine besondere Lichtsituation, die dem Effekt von glitzerndem Schnee ähnelt.“ Metallisch schimmernde Vorhänge an der Wand erzeugen darüber hinaus den Eindruck von reflektierendem Wasser, während wolkenähnliche Schaumstrukturen an der Decke den Himmel imitieren. Ein weicher, brauner Gummiboden federt jeden Schritt ab.
Während Indoor-Spielplätze gewöhnlich einem ästhetischen Alptraum gleichkommen, besticht dieses Projekt durch seine subtile Gestaltung. Reizüberflutung? Fehlanzeige. Architensions beweisen hier erfolgreich, dass drinnen spielen (fast) so schön wie draußen sein kann.
FOTOGRAFIE Cameron Blaylock
Cameron Blaylock