Im Rausch des Rasters
Groß- statt kleinkariert: Wie ein französischer Fallwind in Tokio für Furore sorgt.
So schön können Gitter sein: Auf 62 Quadratmetern realisierte der japanische Architekt Matsushima Junpei einen Geschenkeladen in Tokio, der auf wohltuende Weise aus dem Rahmen fällt. Der Grund: Das Raster bildet kein Korsett, sondern eine spielerische Erzählebene, die zum ausgiebigen Erkunden einlädt.
An der französischen Mittelmeerküste kann es ganz schön ungemütlich werden. Mistral heißen die starken Fallwinde, die von der Bretagne nach Südwesten ziehen und auf ihrem Weg nicht nur ungemein an Geschwindigkeit gewinnen. Sie bringen kalte Luftmassen in den Süden und peitschen das Meer vor Marseille zu stürmischen Wogen auf. Auch im fernen Osten sind starke Winde an der Tagesordnung. Doch in Tokio vermag ein Mistral gänzlich andere Bahnen zu nehmen als im Süden Frankreichs – zumindest, wenn es nach dem jungen Architekten Matsushima Junpei und seinem Büro JP Architects geht.
Raum aus einem Guss
Mistral heißt eine im Oktober eröffnete Geschenkboutique im Tokioter Stadtteil Hiroo, die mit eindrucksvollen grafischen Qualitäten aufwartet. Der gesamte Innenraum ist einem weißen Gitternetz unterworfen, das die Oberflächen von Schränken, Regalen und Tischen gleichermaßen überzieht, als wäre ein stark vergrößertes Millimeterpapier entlang der Raumachsen gefaltet worden. „Das Interieur erzeugt Ordnung und Frische für die ausgestellten Produkte, die täglich wechseln“, erklärt Matsushima Junpei seinen Ansatz. Fünfzehn Millimeter sind die weißen Markierungen breit – breit genug, um nicht übersehen zu werden und schmal genug, um nicht allzu dominant zu wirken. Das Gitter tastet sich an den Raumkoordinaten entlang, springt von der Horizontalen in die Vertikalen und erzeugt immer wieder unerwartete Sichtachsen. Weil der Boden und die Wände in das Spiel mit einbezogen werden, entsteht ein Raum aus einem Guss.
Groß- statt kleinkariert
Das Ergebnis ist eine neutrale Bühne, die den Objekten Vortritt lässt und dennoch selbst im leeren Zustand funktioniert. Denn trotz aller Klarheit gingen Matsushima Junpei und sein Team keineswegs wie Erbsenzähler ans Werk. Das Raster bildet kein Korsett, sondern vielmehr eine spielerische Erzählebene. Weil die weißen Markierungen auf dem großen, mittigen Tisch immer wieder aus den Gitterfluchten vor- und zurückspringen, entsteht ein spannendes Spiel für die Augen. „Findet die Fehler“, lautet die Losung, mit der die Besucher auf eine Entdeckungsreise zwischen die ausgestellten Produkte geleitet werden. Sie bleiben gewiss weit länger, als anfangs vorgenommen.
Beschleuniger von Farben und Formen
Entscheidend für das Gelingen der Inszenierung ist die Farbe des Hintergrunds. Das markante Dunkelblau wirkt frisch, neutral und dennoch prägnant. Wie ein Beschleuniger der Farben und Formen lässt es puristische Parfümflakons ebenso zur Geltung kommen wie quietschbunte Vasen oder Schmuckobjekte. Das Blau ist zugleich die Hausfarbe der Boutique und findet sich in der gesamten Kommunikation sowie auf allen Verpackungen wieder. Ein charmantes Detail bilden zudem die Oberflächen der Möbel, unter deren blauer Farbe die Maserung des Holzes hervorscheint. Das Fazit dieses rundum gerasterten Einkaufbummels: Ganz gleich, welche Winde draußen durch die Straßen fegen mögen, in diesem Mistral bleibt alles in bester Ordnung.
FOTOGRAFIE Takumi Ota
Takumi Ota
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