Kopfüber verfaltet
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Wenn Designer und Architekten ihr Studio neu gestalten wollen, ist die Frage nach dem „Wer?“ leicht beantwortet: Selbst ist der Gestalter. Auf die Frage nach dem „Wie?“ hingegen öffnet sich ein ganzes Spektrum an Möglichkeiten. Die vier Köpfe hinter dem australischen Studio Assemble gingen ihr Studio-Make Over entspannt an und trafen sich erst einmal auf eine Runde Origami. In einer Reihe von Experimenten entwickelten sie eine der Falttechnik entlehnte Struktur, die einen Kontrast zu den rohen Betondecken im Büro bildet und gleichzeitig unansehnliche Funktionselemente wie Lüftungsrohre, Rauchmelder und Feueralarm verbirgt.
Wenn ein Büro umgebaut wird, müssen die Mitarbeiter die Schreibtische verlassen. Sie können vor dem Staub an schönere Orte flüchten – oder einfach die Ärmel hochkrempeln und selbst mit anpacken. Fürs Anpacken entschied sich das Quartett von Assemble aus Melbourne. Die Agentur, die an verschiedenen Projekten an der Schnittstelle von Architektur, Design, Stadtentwicklung, Verlagswesen und Finanzgeschäften arbeitet, hielt die Stellung, als das Tischler-Team zur Umsetzung der eigenen, am Computer und in der Bastelrunde entstandenen Pläne anrückte. Dabei machten beide Seiten ganz eigene Erfahrungen. Während die Wissensarbeiter erkennen mussten, dass bei der praktischen Umsetzung die Schwierigkeiten im Detail lauerten, war für Schreiner Wes Old der Direktor von Assemble Joachim Holland bald nur noch the fuzzy architect – der pedantische Architekt. Aber gerade in der professionsübergreifenden Zusammenarbeit vor Ort erkannten beide Seiten einen Vorteil. Detail für Detail einigte man sich auf Umsetzung und Konstruktion. Direkt am Möbel wurden Kopf und Hand zusammengeführt.
Falten für den (akustischen) Frieden
Vor dem Umbau arbeitete Assemble in einem Raum, der vor allem durch offen liegenden Beton und eine Glasfront bestimmt war. Rohre zogen sich über die Decke, die Akustik war miserabel. „Der Raum war eine Beleidigung für das Auge“, fasst ein Mitarbeiter den Zustand zusammen. Dennoch entschlossen sich die Gestalter, statt auf aufwändige kosmetische Maßnahmen auf Minimalinterventionen, Mobitekturen und passendes Mobiliar zu setzen – und damit nicht zuletzt das Budget zu schonen. Ausgangspunkt war eine Struktur aus fünf Dreiecken, die sich aus den anfänglichen Faltübungen ergeben hatte. Sie wurde gespiegelt, fünf Mal wiederholt und zieht sich jetzt als Deckenpaneel durch den Raum. Die grafische Erscheinung der dreidimensionalen Facetten setzt nicht nur dem starren Beton etwas entgegen, sondern trägt auch zur Schallreduktion bei.
So grün wie möglich
Weil das Studio bei allen seinen Projekten eine Umsetzung mit einem möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck erreichen will, sollte sich dieser Ansatz auch in den eigenen Arbeitsräumen widerspiegeln. Alle Elemente, von den Schränken bis zur Deckenverkleidung, sind aus Standard-Kiefernplatten gefertigt und kommen aus nachhaltigen Pflanzungen. Durch die konsequente Konzentration auf Holz ist eine warme Atmosphäre in dem hundert Quadratmeter großen Ein-Raum-Büro entstanden. Rollen unter den maßgefertigten Möbel-Unikaten sorgen für die nötige Flexibilität. Wenn Workshops stattfinden, Events veranstaltet werden oder Besprechungen in großer Runde erfolgen, sind die Möbel keine Blockade. Sie lassen sich einfach abschieben oder überraschen mit verborgenen Talenten. Der Raumteiler zwischen Eingangs- und Arbeitsbereich kann zur Notfall-Bank werden, das Sofa lässt sich in ein „produktivitätssteigerndes Tagesbett“ umwandeln. Und so ist es bei den Mitarbeitern mittlerweile zum favorisierten Ort für ein kurzes Nachmittagsnickerchen geworden.
FOTOGRAFIE Tanja Milbourne
Tanja Milbourne
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