Mobile Miniarchitektur
Minihaus mit tausend Möglichkeiten von Beatrice Bonzanigo.
Wie sieht eine Architektur aus, die ein Wohnen im Gleichgewicht mit der Umwelt zulässt? Wie können wir mobiler leben? Auf wieviel Raum lässt es sich bequem hausen? Die mobile Miniarchitektur Casa Ojalá der Architektin Beatrice Bonzanigo vom Mailänder IB Studio beantwortet solche Fragen und zeigt, wie auf 27 Quadratmetern alles, was für eine moderne Herberge benötigt wird, untergebracht werden kann. Ihr Hausentwurf, der im Rahmen der Milan Design Week 2019 als 1:10-Modell präsentiert wurde, stellt nicht nur einen Gegenentwurf zur sesshaften Wohnform dar. Neben der freien Wahl der Adresse birgt er selbst unterschiedliche Möglichkeiten seiner Nutzung.
Der kleine Bau enthält laut der italienischen Architektin mehr als tausend Einrichtungslösungen, die synchron funktionieren, ohne die Grundstruktur zu verändern. Sein runder Grundriss fasst einen Raum, der sich flexible verwandeln kann. So verfügt das Minihaus über zwei Schlafzimmer, eines mit Doppelbett, eines mit Einzelbett, ein Badezimmer, eine Terrasse, eine Küchenzeile und ein Wohnzimmer, die sich ineinander umformen lassen. Casa Ojalá kann auch zu einem Haus ohne Wände, zu einer Plattform werden oder zu einem Haus ohne Dach, sogar ohne Boden.
Ermöglicht wird die enorme Formbarkeit durch ein manuell zu bedienendes System aus Seilen, Rollen und Kurbeln, dessen Mechanik es zulässt, dass sich das Haus den gegebenen Bedingungen anpassen kann wie ein Segelboot, das nach Wellen und Wind ausgerichtet wird. Schiebewände aus zwei verschiedenen Materialien – zum einen aus Stoff zum anderen aus Holz – lassen den Raum variabel unterteilen. Als „Wohngebäude mit hoher Flexibilität“ ließ Beatrice Bonzanigo ihr Projekt patentieren.
Was Bonzanigo zum Entwurf dieses Minihauses inspirierte, war die Nachfrage von Anbietern für Luxusherbergen, die nach neuen Reiseerlebnissen und anderem Wohnen suchten und dabei feststehende Neubauten meiden wollten. Der Natur nah zu sein, mit und in ihr zu leben, war ausschlaggebendes Kriterium. Die Architektin platziert ihren Entwurf in offene Landschaften: Bergen, Lagunen, Wäldern, Wiesen, Wüsten, dort, wo die Natur unbeschadet scheint und erfüllt die Sehnsucht der Menschen nach einer friedlichen Idylle.
Der verwendete Projekttitel Ojalá (o-ha-lá, aus dem alten spanischen oxalá, arabisch wašāʾa llāh) ist ein Begriff, der das Konzept unendlicher Chancen und Hoffnungen beinhaltet – einen Raum unterschiedlicher Möglichkeiten. Casa Ojalá umfasst einen begrenzten Raum, der sich in ein weitläufiges Zuhause verwandelt, indem architektonischen Grenzen verschwinden: Die umgebende Landschaft bildet Aussicht und Wand in einem.