Moderne Festung
Wohnhaus mit Showroom von Associates Architecture in Mexiko
Die mexikanische Stadt San Miguel de Allende glänzt durch vernakuläre Architektur: Architektur ohne Architekt*innen, traditionell, kollektiv. Inmitten des urbanen Labyrinths verbirgt sich ein nach außen schlichter Monolith, dessen Kern mit stringenter Eleganz besticht.
Der Hybrid aus Wohnhaus und Showroom, den das italienisch-südafrikanische Büro Associates Architecture entworfen hat, ist alles andere als extrovertiert. Verlässt man das Zentrum der historischen Stadt San Miguel de Allende, so eröffnet sich einem nach wenigen Minuten zu Fuß hinter nüchternen, weißen Wänden ein Mikrokosmos. Von Fenstern im Erdgeschoss fehlt jede Spur. Was nach außen verschlossen und festungsartig wirkt, entwickelt im Innenraum eine subtile Zartheit mit lichtdurchfluteten Patios. Nahezu das gesamte, trapezförmige Grundstück von rund 19 mal 12 Metern Größe ist überbaut. Lediglich ein kleiner Vorgarten im Westen setzt dem hellen, monolithischen Gebäude mit Kakteen etwas Organisches entgegen.
Fließende Raumzonen
Die Trennung zwischen innen und außen ist im Erdgeschoss besonders fließend. Über die gesamte Länge der nach Süden ausgerichteten Fassade erstreckt sich eine vollverglaste Fläche. Diese zarte Membran verbindet vielmehr den Wohnraum mit dem Garten, als diese voneinander zu trennen. Auf Wände zwischen Wohn-, Ess- und Kochbereich haben die beiden Architekt*innen Nicolò Galeazzi and Martina Salvaneschi verzichtet, nicht jedoch auf eine bewusste Raumzonierung. Der Boden des Wohnbereichs liegt etwa einen Meter tiefer. Die Umfassung dieser Beckentypologie mit eingebauten Sofas und einer niedrigen Brüstung zum Außenraum lässt Intimität entstehen.
Feinfühlige Inszenierung
Sowohl bei der Raumaufteilung als auch bei der Wahl der Materialien ließen die beiden Architekt*innen Disziplin und feinfühlige Eleganz walten. Die Wände und Böden sind in weichen Farbtönen von Weiß über Grau bis Beige gehalten. Die Glasfassade aus verschieb- beziehungsweise drehbaren Elementen besticht durch schlanke Edelstahlprofile, die lokal gefertigt wurden. Das dadurch entstehende Ambiente ist zurückhaltend und – dank der Texturen – organisch zugleich. Es ist ein Minimalismus, der trotz Stringenz nie Gefahr läuft, steril zu werden. Bei den Möbelstücken im Haus handelt es sich um Entwürfe der beiden jungen Designer*innen, die dort wohnen und ihr Zuhause somit zum Showroom machen.
Stein und Stahl
Die dezente Farbgebung setzt sich auch in der Materialwahl für Küchenblock und Waschtisch fort. Beide Objekte strahlen mit ihrer massiven Formensprache Präsenz aus und fügen sich gleichzeitig – dank der farblich passenden Kalksteinverkleidung – in den Raum ein. Passend zu den Stahlprofilen sind die Armaturen ebenfalls stahlfarben gewählt. Das Metallthema findet sich auch bei der Wendeltreppe wieder, deren reduzierte Geometrie einer lokalen Manufaktur zu verdanken ist. Erklimmt man über die Treppe das erste Obergeschoss, so gelangt man auf die Rückzugsebene mit Schlaf- und Badezimmern, die jeweils einen eigenen, begehbaren Patio haben.
Wohnraum als Schutzraum
Es ist ein Wechselspiel aus transparenten Fassaden innerhalb des Gebäudes und massiven Wänden zum Stadtraum hin. Durchbrochen wird die massive Wand des gesamtes Hauses von Tapetenfenstern und -türen mit schlanker Schattenfuge, die sich bei Bedarf aufklappen lassen und das akustische Geschehen der Stadt in den Innenraum einlassen. Auf der Dachterrasse angekommen, eröffnet sich ein spektakulärer Panoramablick über die Stadt. Der Kontrast könnte nicht größer sein, denn der zuvor introvertiert daherkommende Bau öffnet sich dort oben als extrovertierte Raum. Der Monolith mit Aussichtsplattform auf dem Dach erinnert an den Typus einer Burg, in die man sich zurückzieht, um sicher und geschützt vor Beobachtung von oben den Überblick zu genießen. Associates Architecture kombiniert in diesem Wohnbau ambivalente Wünsche – nach Geborgenheit, Klarheit und Ausblick.
FOTOGRAFIE Associates
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