Moderner Jugendstil
Matteo Thun gestaltet das Hotel The Julius in Prag
In Prag ließ sich der Mailänder Architekt Matteo Thun von zwei tschechischen Künstlern des Jugendstils inspirieren, um Tradition und Moderne bei der Gestaltung des Hotel The Julius verschmelzen zu lassen.
Die Spuren seiner Vorfahren führten den Erben einer großen österreichischen Lebensmittelhandelskette mitten in das Zentrum von Prag. Julius Meinl VI, der das gleichnamige, 1862 gegründete Unternehmen leitet, entschied sich, seiner Familie an einem belebten Platz der tschechischen Hauptstadt ein Denkmal zu setzen. So entstand in einem renovierungsbedürftigen Neorenaissance-Gebäude das Hotel The Julius, das im Sommer 2022 eröffnete. Der Mailänder Architekt Matteo Thun, den eine langjährige Freundschaft mit Meinl verbindet, wurde mit der Gestaltung beauftragt. Das wichtigste Ziel war das Gleichgewicht zwischen der Erhaltung des historischen Bestands und einem zeitgemäßen Interieur, das den Ansprüchen der Reisenden gerecht wird.
Tschechische Historie
Im The Julius sollen Gäste einkehren, die Prag erkunden wollen oder auf der Durchreise sind, aber das Hotel möchte vor allem Menschen entgegenkommen, die sich selbst als moderne „Nomaden“ wahrnehmen. Es gibt Lounge- und Gemeinschafts-, aber auch Co-Working-Bereiche. Die insgesamt 168 Zimmer sind mit Küchenzeilen und Essbereichen ausgestattet, um einen längeren Aufenthalt zu ermöglichen. Mit einem zeitlosen Konzept, das für eine heimisch-gemütliche Atmosphäre sorgen soll, wollte Matteo Thun die Wohnlichkeit bereits in der Lobby beginnen lassen.
Upgrade für den Jugendstil
Um die böhmische Vergangenheit und landestypische Geschichte in das Hotel zu implementieren, holte sich der Architekt Inspirationen bei tschechischen Künstlern des Jugendstils wie Alfons Mucha und František Kupka. Eine warme Farbpalette sowie organische Formen bis hin zur Abstraktion zeichnen das Werk beider Persönlichkeiten aus. So steht im Eingangsbereich des The Julius ein gesättigtes Blau-Grün im Mittelpunkt, das sich über Wände, Vorhänge von Abitex und Sitzmöbel mit Bezügen von Kvadrat erstreckt. Rundbögen, die mit Edelstahl betont wurden, bilden einen Kontrast dazu. Sessel in intensivem Orangerot laden zum Verweilen oder Arbeiten ein. An diesen Bereich schließt eine Bar an, die mit dunklen Fliesen wie eine Insel inmitten der kräftigen Farben wirkt und von Leuchten der tschechischen Marke Preciosa erhellt wird.
Ruhepol aus italienischer Keramik
Die intensiven Farben werden durch helle, weiße Böden ausbalanciert, die wie Marmor aussehen. Tatsächlich handelt es sich um großflächige Keramikfliesen des italienischen Herstellers Florim, die durch unterschiedlich bedruckte Oberflächen unter anderem Natursteinoptiken erzeugen können. Matteo Thun entschied sich bei diesem Projekt für die Version Calacatta Gold aus der Kollektion I Classici, die in der Lobby, der Bar und den öffentlichen WC-Räumen verbaut ist. In den Hotelzimmern dienen die robusten, leicht zu reinigenden Fliesen als Arbeitsplatte und Bodenbelag im separierten Küchenbereich. Außerdem umgeben sie die Gäste in den Bädern von allen Seiten und schaffen so Räume mit homogener Gestaltung, die wie private Spas anmuten.
Kunstvolle Kombinationen
Die restliche Einrichtung der Zimmer nimmt erneut Bezug zur Kunst von Alfons Mucha. Karamell- und Terrakotta-Töne wurden mit organischen Formen, angenehm weichen Textilien und handgefertigten Teppichen kombiniert. Böden sowie Einbauten aus Eichenholz neutralisieren und runden die Palette an Farben und Oberflächen in den Gästeräumen ab. Erdig-rote Töne, Eichenholz sowie die marmorierten Florim-Fliesen ziehen sich als roter Faden durch das Haus und finden sich sowohl im Hotelrestaurant als auch im sogenannten Wintergarten, der das Herzstück der Anlage inmitten eines Innenhofs bildet, wieder.
Sanfte Ankündigung
Die Fassade musste trotz geringer Eingriffe in Abstimmung mit dem Denkmalschutz der Stadtverwaltung gestaltet werden. Eine neue Beleuchtung hebt die entscheidenen Merkmale des Neorenaissance-Gebäudes hervor. Die Gäste betreten unter einem bronzefarbenen Vordach das Hotel, das die an den tschechischen Jugendstil angelehnte, warme Farbpalette des Interieurs bereits subtil ankündigt. Nach Absprache durfte der Unternehmer Julius Meinl seinen Namen auch auf dem Gehweg vor dem Bau verewigen.
FOTOGRAFIE Gionata Xerra Gionata Xerra
Projektname: | The Julius |
Bauherr | Julius Meinl |
Entwurf | Matteo Thun |
Typologie | Hotel |
Ort | Prag |
Fläche | 8170 m² |
Fertigstelltung | 2022 |