Multifunktionsschlauch mit Atmosphäre
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Je kleiner die Bauaufgabe, desto größer die Liebe zum Detail: Dass diese Gleichung aufgehen kann, beweist das gerade fertig gestellte Projekt von PSA (Pschill Seghatoleslami Architektur) aus Wien. PSA verwandelten den 18 Meter langen Flur einer Anwaltskanzlei in einen zweifarbig-schwingenden Multifunktionsschlauch mit minutiös ausgeführten Einbauten aus Corian und Nussbaum.
Der Auftraggeber, die Anwaltskanzlei Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer, wollte ihre Büroetage in der Wiener Innenstadt um einige Räume erweitern. Der dabei zwangsläufig entstandene lange und schmale Flur sollte zusätzlich zu seiner Funktion als Verteiler vielfach nutzbar gemacht werden, etwa als Empfangszone oder Treffpunkt. Denn immerhin macht der Korridor rund zehn Prozent der Gesamtfläche der Büroräume aus. Die Lösung lag darin, die beiden Längswände des Flurs komplett zu verkleiden und in die Einbauten verschiedene Nutzungen wie Kühlschrank, Abstellraum und Netzwerkschrank zu integrieren. Vor allem aber ist es PSA gelungen, die funktionalen Aspekte mit einer atmosphärischen und lebendigen Rauminszenierung zu verbinden, die so gar nichts mit der dunklen und wenig einladenden Stimmung vieler Flure zu tun hat.
Ein schwingender Raum
Der Charakter des Projekts wird bestimmt vom starken Farbkontrast zwischen den beiden Flurwänden: Während die eine komplett mit Lamellen aus weißem Corian verkleidet ist, verschwindet die andere ebenso flächendeckend hinter einer Lamellenschicht aus Nussbaumfurnier – jeweils nur unterbrochen von den Türen, die zum Aufzug, zu den Büros und zum Konferenzraum führen. Der lebendige Raumeindruck entsteht einerseits dadurch, dass die Wandverkleidungen wie Wellen in den Raum hinein- und hinauslaufen. Andererseits sind die Lamellen nicht einfach horizontal oder vertikal, sondern sich bogenförmig auffächernd angeordnet. Dadurch überlagern sich zwei Bewegungen und der Raum beginnt zu schwingen. Ein Übriges zur einladenden Atmosphäre tut die 31 Quadratmeter große, nahtlose Lichtdecke, die den Korridor in ein gleichmäßiges, angenehmes Licht taucht. Der Boden ist aus grau durchgefärbtem Quarzsandguss gefertigt.
1270 Dübel und eine CNC-Fräse
Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Wandverkleidungen als handwerkliche Meisterstücke. Sie sind 2,80 hoch, insgesamt 15 Meter lang und schwingen bis zu 60 Zentimeter in den Raum aus. In der Planung und Ausführung wurde Präzisionsarbeit geleistet, bestehen die Wände doch aus 543 unterschiedlichen, mit der CNC-Fräse zugeschnittenen Einzelteilen. 1270 Dübel halten das Ganze zusammen.
Wandverkleidung mit Innenleben
Die Oberfläche der Corian- und Nussbaumverkleidungen erscheint zunächst vollkommen geschlossen. Doch auf den zweiten Blick lassen sich hier und da Fugen ausmachen: In die Lamellenwände wurden Türen eingebaut, hinter denen sich verschiedene Nutzungen verbergen: So gibt es eine Kücheneinheit mit Kühlschrank und Espressomaschine sowie einen Schrank für Gläser und Tassen. Die in Bürofluren üblicherweise angebrachten Installationen wie Boiler, Elektroverteiler oder Netzwerkschaltstelle verschwinden hier ebenso wie die Steuerungseinheit für die Lichtdecke in der Wandverkleidung. Aus der Corianwand kragt zudem eine Konsole aus – sie soll als informeller Treffpunkt der Mitarbeiter und erste Anlaufstelle für wartende Klienten dienen. Die Tasse mit dem frisch gebrauten Espresso kann darauf bequem abgestellt werden.
Ohne aufwändige Planung wären die Präzisionseinbauten kaum zu realisieren gewesen – die Liebe zum Detail bringt leider immer mühevolle Kleinarbeit mit sich. Aber auch diese Gleichung geht hier auf: Je mehr Energie in die Kleinigkeiten investiert wird, desto schöner das Ergebnis.
FOTOGRAFIE Hertha Hurnaus
Hertha Hurnaus
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