Nachhaltig schwungvoll
Bewegung ist manchmal die beste Heizung. Doch selbst in einer Turnhalle ersetzen ein paar Kniebeugen noch kein verbrauchsoptimiertes Energiekonzept. Der Entwurf von Ludloff + Ludloff Architekten (Berlin) für die Modernisierung einer Grundschul-Turnhalle in Berlin-Tempelhof beschränkt sich daher nicht auf die Reduzierung der Heizenergie, sondern stellt ein breites Programm nachhaltiger Maßnahmen zur Energieoptimierung auf. Die Turnhalle kommt dadurch nicht nur unter ökonomischen Aspekten im 21. Jahrhundert an, die Architekten verstärkten gleichzeitig die schwungvolle Leichtigkeit, die den Fünfziger-Jahre-Bau einst auszeichnete, diesem jedoch durch zahlreiche Umbaumaßnahmen über die Jahre hinweg abhanden gekommen war.
Die Nachkriegsmoderne zählt bekanntlich zu den Stiefkindern des Denkmalschutzes: zu günstig die Baumaterialien, zu einfach die Konstruktionsweisen, zu pragmatisch die Konzepte. Die Turnhalle der Grundschule am Tempelhofer Feld wurde in den späten Fünfzigerjahren als verhältnismäßig aufwändige Halle unter anderem mit Fassadenbildern errichtet, ihr architektonischer Wert jedoch mittels patchworkartiger Teilsanierungen beständig geschmälert. Ludloff + Ludloff setzten bei der ihnen gestellten Sanierungsaufgabe einerseits das architektonische Seziermesser an, um die verborgenen Qualitäten des Altbaus herauszuschälen, gleichzeitig schafften sie eine verbindende gestalterische Sprache und Hülle, welche die Zeitspuren des Baukörpers heilt, ohne sie zu negieren.
Zwischenräume
Wie ein locker ausgestreckter Arm leitet die neue Pergola die Schüler vom Hauptgebäude in sanftem Schwung zur Turnhalle hinüber. Diese Pergola ist viel mehr als nur ein überdachter Weg: Sie schafft neue Aufenthaltsbereiche für die Kinder und dient gleichzeitig der räumlichen Gliederung des Außenraums. Vom Schulhof teilt sie einen Schulgarten hinter den Gebäuden ab und gibt gleichzeitig dem vorderen Bereich eine schützende Rückseite, die ihn räumlich fasst. Der über eine große Stufe angehobene Weg kann sowohl als Übergang dienen, man kann sich darauf aber auch zurückziehen und das Treiben auf dem Schulhof wie von einem Theaterrang aus beobachten.
Ein wichtiger Aspekt des neuen Konzepts war die Berücksichtigung von so genannter „grauer Energie“, die beim Herstellen aller Baumaterialien anfällt und die absolute Energiebilanz einer Sanierung deutlich relativieren kann, auch wenn die danach benötigte Heizenergie geringer ist. Unter dieser Maßgabe stellte sich heraus, dass die Ertüchtigung und Ausbesserung der vorhandenen Wärmedämmung bei gleichzeitiger Nutzung weiterer nachhaltiger Wärmequellen wie einer Solarthermieanlage und Abwärme von Nebenflächen günstiger war als eine komplett neue. Eine auf den Putz aufgebrachte Schicht an – je nach Gebäudeseite bläulichen und grünlichen – Farbstreifen gibt der Halle gemeinsam mit einer Verkleidung aus tiefen, senkrecht stehenden Nadelholzlamellen eine leicht diffuse Kontur, die mit der Natürlichkeit des durch alten Baumbestand geprägten Schulareals korrespondiert. Und zwischen den Lamellen und der farbigen Fassade bleibt sogar noch Raum zum Versteckspielen.
Halle
In der Halle selbst wurden die gemauerten Stirnwände freigelegt, sie geben dem Raum eine lebendige Atmosphäre und stehen im farbigen und haptischen Kontrast zum glatten blauen Fußboden der Halle, der großen verglasten Längsseite sowie einem textilen Ballschutznetz an der Decke. Letzteres dient dem Schutz der leichten, im Zuge der Umbaumaßnahmen ebenfalls frei gelegten Deckenkonstruktion sowie der daran abgehängten Leuchten und Akustikelemente gegen die Wucht der Bälle. Das – ebenso wie die abgehängten Elemente gewichtsoptimierte – Glasfasernetz biegt sich zudem vor der großen Fensterfront um und wird dort zum Sonnenschutz. Ein Aufdruck auf den Glasscheiben unterstützt diese Funktion zusätzlich.
Das Motiv der abgerundeten Ecke findet sich auch in anderen Bereichen der Turnhalle: So wurden die Sanitärelemente zum Duschen und Waschen als leicht geknickte und abgerundete Körper in die Umkleideräume eingestellt. Dadurch wird nicht nur Platz gespart, es ergeben sich auch unterschiedlich geschützte Bereiche und Nischen, die den individuellen Bedürfnissen der Kinder beim Umkleiden Raum geben. So wurde hier sowohl im Innen- als auch im Außenbereich mit sparsamen, aber sehr bewusst eingesetzten Mitteln eine große Bandbreite an räumlichen Situationen geschaffen, die den Schülern neben der sportlichen Betätigung vielfältige Möglichkeiten der Aneignung bietet.
FOTOGRAFIE Jan Bitter
Jan Bitter