Nur die Gedanken sind in Farbe
Weiß, weißer, am weißesten … wenn es um die südkoreanische Designagentur Khanproject und ihren Gründer Han Kwang-Hyun geht, könnte es gar nicht weiß genug sein. Fußboden, Wände und Decke sind in die Farbe getunkt, die Möbel selbstverständlich auch und sogar die Mitarbeiter laufen in Ärztekitteln durch das kleine Büro in Seoul. Und schaut man genauer hin, sieht man auch keine Schuhe an den Füßen der Gestalter – was ist nur los an diesem Ort? Ist das Khanproject office ein Labor, in dem sich die Angestellten Selbstversuchen unterziehen müssen? Oder wird hier an Designmutationen geforscht? Am Ende ist es wohl von allem ein bisschen, normal sein sollen die anderen!
Eigentlich sagt der Büro-Name alles: „Khan“ heißt so viel wie „Raum“, also sieht man sich als „Raumprojekt“. Han Kwang-Hyun beschreibt die Idee hinter dem Titel als Sinnbild für einen Ort in unserer Vorstellung oder in einem Traum. Daher auch die Farbe Weiß – es sollte keine klar definierten Oberflächen geben, jeden Tag können die Mitarbeiter Neues in den Raum projizieren und dann die Farbigkeit über ihre Projekte in die Welt bringen. Das Büro als Ort, an dem Farbe (fast) nur in den Köpfen existiert.
Das Büro als Zuhause
Der Büroraum ist 36 Quadratmeter klein, aber durch eine perfekte Organisation und geschickt gestellte Wände hat man den Eindruck, durch eine wesentlich größere, loftartige Etage zu wandeln. Das ist auch notwendig, denn Khanproject office will mehr sein als nur ein Arbeitsplatz, es will den Angestellten auch ein zweites Zuhause bieten. Sie sollen den Ort nicht besuchen, sondern benutzen. Schließlich ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Büro höher als in den eigenen vier Wänden. Um den Komforteffekt psychologisch zu verstärken, müssen alle Mitarbeiter und Besucher ihre Schuhe ausziehen und entweder barfuss oder in weißen Schlappen umherlaufen. Die Idee dahinter ist ganz einfach: Was macht man als Erstes, wenn man nach Hause kommt – die Schuhe ausziehen. Der Körper vermittelt dann von ganz allein ein Gefühl von „angekommen sein“.
Kleidung und Psychologie
Ein weiterer Trick ist die Sache mit den weißen Kitteln. Wenn es nach Han Kwang-Hyun geht, haben sie einen ähnlich starken Effekt, wie das „Schuhe ausziehen“: Denn wer einen Arbeitskittel trägt, hat das Gefühl, etwas reparieren oder herstellen zu müssen. Außerdem fördert es den Zusammenhalt, denn wenn jeder das Gleiche trägt, fühlt man sich automatisch als Team. Und sollte sich doch wider Erwarten keine dieser Wirkungen einstellen, kann man immer noch darüber lachen, meint der Firmengründer.
Im Büro wurde ein weißer Epoxidharz-Anstrich für den Boden gewählt, die Wände und Decken sind weiß lackiert und als Beleuchtung dienen enge Reihen aus Leuchtstoffröhren, die dem Raum eine fast schattenlose Lichtstimmung verleihen. Die weißen Regale, Beistelltische und Ordner komplettieren den Eindruck, sich nicht in einem klassischen Büro, sondern viel mehr in einem Labor zu befinden – einem, in dem nicht mit Physischem, sondern allein mit Gedanken und Ideen experimentiert wird.
XXX
Jeder kennt das „X“ aus der Welt der Büroobjekte, als Aussteifung von Bücherregalen oder Tischgestellen. Im Khanproject office taucht es als überdimensioniertes Ornament an den Wänden der Raumtrenner wieder auf. Gemeinsam mit den vielen anderen "X"-en der Möbel wird es zum wesentlichen Gestaltungselement – natürlich ausgenommen der Farbe Weiß. Auch hier hat Han Kwang-Hyun wieder eine passende Assoziation parat: Für ihn steht das „X“ für einen Grundpfeiler des Designs, und damit für sein Mantra „Kommunikation und Experiment“. Und die kommen in seinen Räumlichkeiten wahrlich nicht zu kurz.
FOTOGRAFIE Lee Pyo-Joon
Lee Pyo-Joon