Parabel vom Paraboloid
Illustre Architektenrunde in verkehrten Rollen: Das neue Londoner Design Museum ist die Geschichte verpasster Chancen.

Vom Walkman zum iPhone, vom Gucci-Tennisschuh zum Louboutin-Highheel, vom ersten U-Bahn-Waggon zum selbstfahrenden Tesla: Das gerade eröffnete Londoner Design Museum bietet eine Reise durch die Welt der Gestaltung und präsentiert seinen Besuchern über tausend Objekte, die unser Leben geprägt haben oder in Zukunft formen werden. Nur Rem Koolhaas und John Pawson hätten bei diesem Projekt vielleicht besser ihre Rollen tauschen sollen.
Die Geschichte des Ausstellungshauses beginnt weitaus früher und erzählt viel über die Zeit, in der wir leben. Das Haus, vormals der Sitz des Commonwealth Institute, stammt aus den frühen Sechzigerjahren. Sein markantes Kupferdach mit der Struktur eines hyperbolischen Paraboloids machte das Bauwerk zu einem Denkmal der Moderne. Und genau dieser Status rettete das Gebäude 2002 vor dem Abriss.
Illustre Runde
Ein privater Investor kaufte 2007 das Areal rund um den Institutsbau und sicherte den Erhalt des Hauses unter der Bedingung zu, den restlichen Bestand abreißen und durch Luxusapartments ersetzten zu dürfen. Als Planungsteam holte er sich OMA und als deren Londoner Partner das Architekturbüro Allies and Morrison ins Boot sowie John Pawson als Gestalter der Innenbereiche des Museums. Eine illustre Runde, die viele Architekturinteressierte aufatmen ließ. Das Büro um Rem Koolhaas wurde mit der Planung der drei Wohnbauten beauftragt: Diese gruppieren sich als würfelförmige Kuben um den Museumsbau herum, dessen enges Fassadenraster sie in einer Natursteinvariante übernehmen. Die Strenge wird an einigen Stellen durch vor- und zurückspringende Volumen durchbrochen, die den Häusern einen regalartiges Äußeres verleihen: Terrassen als überdimensionale Schubladen.
John Pawsons Kerneingriff in die Substanz des 50 Jahre alten Hauses war das Einfügen eines rechteckigen Atriums, das von Treppen und offenen Gängen gesäumt wird, die zu den unterschiedlichen Museumsbereichen führen. Unten finden sich die temporären Ausstellungen, oben die permanente. Dazwischen befinden sich Galerie- und Lehrräume, Restaurants, Bibliothek und Büros. Der Architekt wollte mit seiner Gestaltung „ein schönes Haus, in dem sich die Leute wohlfühlen“ schaffen, wie er erklärt. Dazu setzte er auf eine symmetrische Formensprache, edle Oberflächen wie Eiche und Glas sowie jede Menge indirektes Licht. Pawson schafft mit seiner Gestaltung zwar einen wirklich schönen und an manchen Stellen auch beeindruckenden Museumsraum – doch ob das ausreicht für ein zeitgenössisches Ausstellungshaus für Design? Die alte Substanz scheint den Architekten wenig interessiert zu haben: Aus Kurven und merkwürdigen Winkeln macht der britische Planer gerade Linien und nahezu alle Originaloberflächen wurde ersetzt oder verkleidet, mit Ausnahme der spektakulären Dachkonstruktion.
Mehr Projekte
Alte Scheune, neues Leben
Historisches Gebäude in Tübingen wird zu modernem Wohnraum

Ein Office für alle Fälle
Ippolito Fleitz Group und Brunner gestalten den Beiersdorf Campus in Hamburg

Gebaut für Wind und Wetter
Ferienhaus im schwedischen Hee von Studio Ellsinger

Ein Dorfhaus als Landsitz
Wohnumbau von Ricardo Azevedo in Portugal

Ein offenes Haus
Feministischer Wohnblock Illa Glòries von Cierto Estudio in Barcelona

Harte Schale, weicher Kern
Unkonventionelles Einfamilienhaus in Mexiko von Espacio 18 Arquitectura

Zwischen Bestand und Zukunft
Umbau einer Kölner Doppelhaushälfte durch das Architekturbüro Catalanoquiel

Transparenter Lückenfüller
OPA gestaltet das Restaurant Plumbago in Mexiko-Stadt

Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur

Baden unter Palmen
Studio Hatzenbichler gestaltet ein Wiener Loft mit Beton und Grünpflanzen

Charlottenburger Altbau(t)räume
Office Space von BBPA am Berliner Fasanenplatz

Maßgeschneidertes Refugium
Georg Kayser Studio verbindet in Barcelona Altbau-Charme mit modernem Design

Rückzugsort im Biosphärenreservat
MAFEU Architektur entwirft ein zukunftsfähiges Reetdachhaus im Spreewald

Im Dialog mit Le Corbusier
Umbau eines Apartments im Pariser Molitor-Gebäude von RREEL

Zwischen Ehrfurcht und Erneuerung
Neuer Clubraum im Spiegel-Verlag Hamburg von Besau Marguerre inspiriert von Verner Panton

Transparenz und Diskretion
Neue Arbeitswelt der Sparda-Bank in Dresden von Architekten Hoppe

Warschauer Retrofuturimus
Apartment mit markantem Raumteiler von Mistovia Studio

Gestalten im Dreieck
Multifunktionale Section80 Bar in Mailand von Studio Wok

Trennung ohne Verluste
Ferienhaus im Miniformat auf Usedom von Keßler Plescher Architekten

Vom Altar zum Arbeitsplatz
Büroumbau in ehemaliger Kirche mit Einrichtungslösungen von Kinnarps

Architektur auf der Höhe
Wohnhaus-Duo von Worrell Yeung im hügeligen New York

Kraftwerk als Kulturstätte
Live-Club Barbastelle von Arnold / Werner in München

Architektur im Freien
Pool und Pergola von Marcel Architecten und Max Luciano Geldof in Belgien

California Cool
Mork-Ulnes Architects restaurieren das Creston House von Roger Lee in Berkeley

Berliner Beauty
Nagelstudio von RHO im KaDeWe

Raum für Gemeinschaft
Kirchenneubau von Henning Larsen im dänischen Skanderborg

40 Quadratmeter Einsamkeit
Ländliches Ferienhaus von Extrarradio Estudio in Spanien

Sehnsuchtsort Uckermark
Ferienhaus-Ensemble in Gerswalde von Ulrike Flacke und Nina Otto

Von der Ruine zum Rückzugsort
Wertschätzender Umbau von Veinte Diezz Arquitectos in Mexiko

Zwischen Alt und Neu
Architect George erweitert Jahrhundertwendehaus in Sydney
