Plattenbau im Erdgeschoss
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Eine ganze Stadt, die einer Bank gehört? Eine Bank, die kleine Hütten aus Wellpappe bewohnt? Das klingt nach zwei diametralen Zukunftsszenarien, allerdings sind beide bereits realisiert – und zwar in einem Projekt. In der niederländischen Stadt Utrecht residiert die Rabobank auf eindrucksvollen 56.000 Quadratmetern, die sich auf über zwei Dutzend Stockwerken verteilen. Zuständig für die Gestaltung von so viel Fläche war das Büro „Sander Architecten“, das das zeitgenössische Büro als moderne Stadt interpretiert hat. In der Umsetzung ihrer „Rabobank-City“ setzen die Architekten auf ungewöhnliche Materialien und ein abwechslungsreiches Raumkonzept. So kommt es, dass Bankangestellte sich hier unter anderem in Pavillons aus Wellpappe besprechen.
Der Arbeitsplatz ist mittlerweile überall: in der Hosentasche, in der Bahn, im Park und der eigenen Wohnung. Sein Umzug vollzog sich schleichend, aber konsequent: vom Rechenzentrum in den Laptop, von den Großraumbüros in den Alltag. Heute findet Arbeit ihr metaphysisches Zuhause eher im Virtuellen als in einem Gebäude oder an einem Schreibtisch. Diese Entwicklung hat auch das Amsterdamer Büro Sander Architecten, das mit der Umgestaltung der Rabobank im niederländischen Utrecht beauftragt wurde, sehr wohl verfolgt. Sie haben sich bei der Konzeption des neuen Bank-Interieurs die Frage gestellt, warum sich die Leute trotz der entwurzelten Arbeit überhaupt noch an einem zentralen Ort zusammenfinden und darauf folgende Antwort gefunden: Die Menschen sind dort wegen des sozialen Anschlusses, wegen der Gespräche, die nur in der persönlichen Begegnung entstehen und wegen des Flurfunks, der selbst inhaltlich entfernte Projekte in zwei Sätzen einander näherbringt. Das Büro ist ein Marktplatz für Informationen, eine Stadt spontaner Interaktion.
Go with the Flow
Die Vision von Sander: eine moderne Bürostadt auf 25 Stockwerken. Mit intelligenter Wegeführung, Leitsystemen, offenen, multifunktionalen Räumen – kurz ein Büro, das dynamischen Mitarbeitern dynamische Arbeit und dynamische Bewegung erlaubt. „Form follows flow“, also „Die Form folgt dem Strom“ haben die Architekten das getauft. In der Umsetzung fällt sofort die organische Wegeführung auf, die mehr an einen Stadtpark als an Downtown Manhattan erinnert. Allerdings heißt das nicht, dass hier Umwege in Kauf genommen werden müssen. Die Mitarbeiter werden auf der geschäftigsten Route um den Gebäudekern, in dem sich Treppen und Lifts befinden, geleitet. Weiter an der gläsernen Außenwand sind ruhigere Bereiche untergebracht, die die Mitarbeiter ohne weitere Hinweise visuell und intuitiv verstehen und erschließen sollen. Das geschieht über die offene und dabei gut strukturierte Atmosphäre, die durch die Vermeidung visueller Abtrennungen entsteht, sodass der Horizont immer sichtbar bleibt.
Herzstück Plattenbau
Das Herz des Gebäudes ist der sogenannte „Sockel“ im Erdgeschoss, wo sich der zentrale „Marktplatz“ der Rabobank befindet. Hier treffen Besucher und Mitarbeiter aufeinander, wird gelesen, finden Besprechungen statt und wird gegessen. Diese große Fläche monoton funktional zu gestalten war für die Architekten keine Lösung: „Diversität ist notwendig, um die Menschen zu stimulieren. Und trotz der Größe des Baus, sollen sie keinesfalls verloren in sterilen Arealen herumwandern.“ Exponiert sind die kreisrunden Besprechungsräume, die sich wie Zylinder in den Raum erheben und die Weite der Fläche durchbrechen. Vor allem durch ihr ungewöhnliches Baumaterial widersprechen sie typologischer Bürogestaltung: Alle Wände sind aus Wellpappe. Allerdings sind diese nicht vertikal verbaut, sondern horizontal geschichtet. Verschiedene Dicken und Varianten wechseln sich ab und ergeben durch ihre Anordnung geometrische Muster. Die eigentlich günstige Plattenware wird so zum dekorativen Element, das gleichzeitig ein hervorragender Schallschlucker ist. Auch aus Zellulose, nämlich durscheinendem japanischen Washi-Papier, sind ein weiterer Pavillon und großformatige Deckenleuchten entstanden. Und so wird die Rabobank ganz am Ende doch einem Klischee gerecht: Dass in Banken mit Papieren gehandelt wird, stimmt in Utrecht im direkten Sinne.
FOTOGRAFIE Alexander van Berge, Ray Edgar
Alexander van Berge, Ray Edgar
Links
Sander Architecten
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